Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
Sie suchten ebenfalls die Lichtung nach mir ab.
Der warme Regen verstärkte sich zu einem heftigen Prasseln, kleine Rinnsale liefen unter dem Eis auf den von Nadeln übersäten Boden und spülten den letzten Frost hinweg. Ein glockenhelles Klirren ertönte, als der Eiskäfig zusammenbrach. Der Geist des Eisdrachen begann zu verblassen, während die Flammen um den Tückischen zischend flackerten und schließlich erloschen.
»Ich glaube, das ist Slevoic.« Javes spähte mit seinem gesunden Auge durch den Regen.
»Der jetzt ein Festmahl für den Magus geworden ist«, bemerkte Wyln.
»Die Pocken sollen Slevoic holen!« Jeff versuchte, Laurel die Zügel seines Pferdes zu entreißen. »Wo ist Hase geblieben?«
Ryson trat zu Groskin, als der schwarze Panther witternd den Kopf hob und dann die Nase rümpfte.
Kareste machte erneut eine Geste, und der Schneesturm um ihn herum dehnte sich abermals aus, der Drache verfestigte sich wieder. Aber der Wind wehte, der warme Regen prasselte auf die Lichtung, und der Schneesturm verlor immer mehr an Kraft, als die Flocken schmolzen. Ein Regentropfen fiel auf Kareste, färbte sein Haar dunkel, und er zuckte zusammen.
»Nein!«
Noch mehr Tropfen landeten auf ihm.
»Ich bin der Meister Magus!«
Karestes Blick zuckte über die Lichtung, bis sein Blick an Moraina hängen blieb. Er fletschte die Zähne und fuchtelte mit der Leiche von Prudence Eiche herum; der Drachengeist wandte sich zu der Dragoness um. »Zeig dich, Schüler, sonst lasse ich diesen Geist auf seine Mutter los!«
»Können wir denn nichts tun?«, erkundigte sich Falkin und rutschte unruhig in seinem Sattel hin und her.
Es krachte, als wäre ein Knochen gebrochen; die Drachenklaue flog durch die Luft und landete vor Morainas Tatzen. Sie hob sie auf, schloss zärtlich ihre Klaue darüber. Der Drachengeist hielt inne und drehte sich dann zu Kareste um. In seinen leeren Augenhöhlen glühte plötzlich ein rotes Licht auf.
Kareste trat einen Schritt zurück, während sich seine Augen weiteten. Er hob den Stab von Prudence Eiches Leichnam hoch, um ihn in die Erde zu rammen, doch bevor ihm das gelang, wurde er ihm aus der Hand geschlagen; er landete im Wald. Es krachte erneut, das Geräusch eines brechenden Zweiges, und der Geist eines Baumelf, der noch Eichenblätter im Haar hatte, tauchte am Rand der Lichtung auf. Die Bäume raschelten mit ihren Blättern, ächzten und schienen sich zu bewegen.
»Haltet ein«, befahl der Fyrst ihnen. »Zweibaums’sohn beweist seinen Mut.«
Durchnässt bis auf die Haut suchte Kareste die Lichtung ab; sein Blick glitt über Slevoic, zuckte jedoch sofort zu mir, als ich mich neben dem Tückischen aus dem Regen materialisierte.
»Du!« Kareste hob die Hand, seine Finger zu Klauen gekrümmt.
Ich ließ den Stab fallen, packte Slevoics Schwert, das neben ihm lag, hob es mit zwei Händen hoch über meinen Kopf und durchtrennte mit einem Hieb den Tentakel, der den Tückischen mit dem Magus verband. Kareste zuckte heftig zusammen und heulte seine Wut und seine Verblüffung heraus, als sein Bann knisternd in seiner Hand erstarb. Er griff nach mir, aber ich verschwand, tauchte an der gegenüberliegenden Seite wieder auf, schlug erneut zu und durchtrennte auch die Tentakel zu den Rebellen. Der Magus fuhr zusammen und heulte noch lauter.
»All dies bewerkstelligt er ganz allein, Kareste«, grollte Moraina. »Ohne Faena, Zauberer, Drachen oder Kristallkugeln.«
Ich warf das Schwert zu Boden und trat vor Kareste, hob meine Hand.
»Weiß Hase schon, dass er nicht mit seiner Gabe töten darf?«, erkundigte sich Wyln beiläufig.
»Sollte er. Eigentlich«, erwiderte Laurel ebenso gelassen.
Meine Faust traf Karestes Kinn, und ich hörte, wie die Zähne in seinem Mund aufeinanderschlugen. Er segelte zurück und verdrehte seine Augen, als er landete. Ich ging zu ihm, riss ihn an der Robe hoch und hämmerte ihm noch einmal meine Faust unter das Kinn; doppelt genäht hält eben besser. Und weil er gerade da war, verpasste ich ihm bei der Gelegenheit gleich noch einen dritten Kinnhaken.
»Gut. Das dürfte genügen, Zweibaums’sohn«, meinte der Fyrst. »Seid so nett und lasst dem Faena noch etwas übrig.«
Ich ließ Kareste los, der mit einem lauten Platschen in eine Pfütze fiel. Der Eisdrache und Prudence Eiche schwebten zu mir und starrten auf den Magus hinunter, der in dem Schlamm lag, der zwischen den Nadeln aus dem Boden quoll. Das Einhorn, der Leopard und andere Geister schwebten zu uns
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