Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
Porzellan, bei dem Silberschmied, im Wäscheladen und in anderen Geschäften. Hauptmann Javes fragte alle, ob sie Schmuggelware aus den Grenzlanden hätten, stellte mich als Lord vor, ließ mich die Ware inspizieren und feilschte dann mit den Eigentümern um die Ausstattung der Botschaft. Er zeigte seinen Kreditbrief herum, wobei er darauf achtete, dass die Geschäftsinhaber ihn nicht besabberten, und forderte sie dann auf, in die Botschaft zu kommen, damit sie sich ein Bild von der »Größe des Auftrags« machen konnten. Er erwähnte niemals, dass der Botschafter ein sprechender Berglöwe war, der auf seinen Hinterbeinen herumlief. Ich ging davon aus, dass es heute Abend bei uns eine Menge Geschrei geben würde.
Als wir den letzten Laden verließen, stand die Sonne hoch am Himmel, und ich war froh, dass wir neue, breitkrempige Hüte hatten. Ich sah zu Jeff hinüber, aber er starrte geradeaus, immer noch sauer über »Leutnant Lord Hase«. Wir stiegen auf, und er ließ sich hinter Javes und mir zurückhängen.
»Ich glaube, wir sollten zuerst unsere Pferde tränken und dann eine Taverne für uns suchen. Ich verspüre leichten Appetit«, meinte Javes.
Ich warf dem Hauptmann einen Seitenblick zu. Er bemerkte ihn und hob eine Braue. »Spucken Sie es aus oder haken Sie es ab. Aber schmollen Sie nicht, Leutnant.«
Meine Ma hatte mich auch immer beschuldigt zu schmollen, und zwar gewöhnlich dann, wenn sie mich zu etwas gezwungen hatte, was ich nicht wollte. Ich legte keinen sonderlichen Wert darauf, das Gleiche jetzt auch vom Hauptmann zu hören. »Was soll ich sagen, Sir?«
»Sie könnten fragen, was zum Teufel hier vorgeht, statt das Opferlamm zu spielen!«
»Es wäre nett gewesen, vorher informiert worden zu sein, bevor das, was hier vorgeht, vorgeht, Sir.«
»Man hätte Sie auch informiert, wenn Sie gestern Morgen nicht krank geworden wären.«
»Bevor ich zur Bank gehen sollte, Sir?«
Javes musterte mich von der Seite. »Suiden hatte recht. Sie sind doch nicht so naiv, wie Sie manchmal tun, Leutnant.«
Das beantwortete meine Frage nicht, aber ich sagte nichts weiter. Wir bogen in eine Straße ein, an deren Ende wir einen Platz sahen, in dessen Mitte ein Springbrunnen sein Wasser in einen großen Trog ergoss. Wir ritten dorthin, und einige Bürger traten zur Seite, damit wir unsere Pferde tränken konnten. Ich runzelte die Stirn. In Freston mussten die Militärs warten wie alle anderen auch, bis sie an der Reihe waren. »Kommt die Armee hier immer sofort an die Reihe?«, erkundigte ich mich bei Javes.
»Aber nein, Leutnant Lord Hase«, antwortete der, während er abstieg. Er wollte sein Pferd zum Trog führen, aber das brauchte keine Aufmunterung. Es schubste den Hauptmann zur Seite, senkte den Kopf in den Trog und soff geräuschvoll. Jeff und ich mussten uns mit dem Absteigen beeilen, sonst wären wir ins Wasser geworfen worden, als unsere Pferde hastig dem Beispiel von Javes’ Gaul folgten. Javes sah sich um. »Nein«, wiederholte er. »Sie tun das nicht unsretwegen.« Er lächelte. »Sondern Ihretwegen.«
Ich blickte mich verwirrt um und begegnete dem Blick eines Mannes, der sein Pferd zurückhielt, während unsere sich satt soffen. Er zuckte zusammen und verbeugte sich leicht.
»Durch unsere klerikalen Reisegefährten, Gherats Amtsdienerinnen, die Briefe, die aus Gresh, Dornel und Freston kamen, und nach unserem Einkaufsbummel dürfte wohl jeder in der Stadt mittlerweile wissen, dass ein Enkel von Lord Flavan und Neffe des derzeitigen Lord Chause als Leutnant in der Königlichen Armee dient. Und Sie haben Guarez ja selbst gehört: Sie sind dem alten Lord wie aus dem Gesicht geschnitten.« Er hob sein Lorgnon und musterte meine Hose. »Bis auf die Bügelfalten. Sagen Sie, alter Junge, wie bekommen Sie die so scharf?«
»Wissen Sie, Sir, Slevoic hat mich das auch schon gefragt.«
Der Blödmann verschwand, und der Wolf starrte mich an. »Vorsicht, Leutnant.«
»Jawohl, Sir.«
Unsere Pferde waren, nachdem sie sich bemüht hatten, den Trog leer zu saufen, fertig, und wir stiegen auf. Javes führte uns in die nächste Straße, und da ich mich jetzt nicht mehr darauf konzentrierte, einen Schneider zu finden, oder mich wunderte, was der Hauptmann vorhatte, bemerkte ich, dass ich tatsächlich eine Menge Aufmerksamkeit erregte. Einige deuteten sogar auf mich und stießen ihre Begleiter an. Es war fast so, als hätte jemand eine Zielscheibe auf meinen Rücken geheftet, und ich musste mich zusammenreißen,
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