Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
gefährliche Situation den entsprechenden Leuten überbracht hat.« Die Augen des Hauptmanns glühten. »Was ich natürlich ebenfalls dem Lordkommandeur gemeldet habe.«
Ich betrachtete die Rune auf meiner Handfläche. »Warum, Sirs?«
»Warum sich Groskin so benimmt?«, fragte Suiden.
Ich nickte.
»Der Leutnant war nach Veldecke versetzt worden, bevor er nach Freston kam, und hat dort einige Dinge in Gang gesetzt, mit denen er sich nach wie vor nicht ausgesöhnt hat«, erwiderte Suiden.
Ich runzelte die Stirn. Irgendwie kam ich mir wie ein Bauer in einem Spiel vor, dessen Regeln ich nicht kannte. Zudem tröstete es mich nicht sonderlich, dass Slevoics Fraktion stark genug war, den König herauszufordern.
»Nein, sie fordern ihn nicht heraus, Hase«, sagte Suiden. »Jedenfalls nicht diese Gruppierung. Sie ringen nur um Positionen. Es ist ein Kampf um das Ohr des Königs, um seine Gunst, um an seiner rechten Seite zu stehen.«
Die Mächte hinter dem Throndrama.
»Ganz genau«, antwortete Suiden.
»Ich wünschte, Sie würden damit aufhören, beide.« Javes sah erst Suiden und dann mich an. »Ich komme mir vor wie ein Außenseiter.«
»Hase glaubte, dass Lord Gherat Dru ein Rivale um den Thron wäre«, erklärte Suiden.
»Lieber Himmel, nein.« Javes’ Augen wurden so gelb wie die eines Wolfs. »Das würde das Königreich auseinanderreißen, und das weiß Gherat. Außerdem steht er dem Haus von Iver nicht annähernd nahe genug.« Er seufzte. »Nein, er ist ein Jugendfreund, der Amok läuft … Jusson und er wurden gemeinsam großgezogen, und Gherat nutzt das nach Kräften aus.«
Ich blinzelte, als ich mir den mittelalten Lordkämmerer vorstellte und den König, der aussah, als wären er und ich Jugendfreunde. Niemand schien zu bemerken, dass der König nicht gealtert war. Jedenfalls sprach niemand darüber.
»Sie schreiben es einem asketischen Leben und seinem guten Blut zu«, erläuterte Suiden.
Javes schlug auf den Schreibtisch. »Hören Sie auf damit! Was hat er jetzt gedacht?«
Ich wollte ihm antworten, als die Tür aufging und Jeff hereinkam. Er hatte ein Silbertablett in der Hand, auf dem sich weiße Umschläge stapelten. Suiden setzte die Tasse ab. »Was ist das denn?«, erkundigte er sich finster.
»Leutnant Lord Hases Post, Sir. Sie kommt schon den ganzen Morgen über an.« Jeff stellte das Tablett vor dem Hauptmann ab und nahm Haltung an. Javes trat neben ihn und starrte auf den kleinen Berg von Post, während ich aufstand und mich ebenfalls Suidens Schreibtisch näherte.
Javes hatte recht gehabt. Das Wohlwollen des Königs wirkte Wunder in Hinsicht auf den gesellschaftlichen Status. Ich nahm einen Umschlag und zog eine Karte mit Goldrand heraus; es war eine Einladung zu einem Dinner für heute Abend. Ich legte sie weg und nahm eine andere; eine Einladung zu einem Lunch …
»Was bedeutet ›alfresco‹?«
»Draußen«, erklärte Javes, der über meine Schulter schaute.
»Oh, ein Picknick, also.« Ich legte sie weg. Die nächsten Karten waren Einladungen zu einem Ball, zwei Soirees, drei Abendgesellschaften, noch einem Ball, zwei Bootsausflügen, verschiedenen Nachmittagstees, Musikveranstaltungen, Maskenbällen, noch mehr Dinnern …
Ich stieß die Luft aus und ließ die letzte Einladung sinken, die ich gelesen hatte. Javes nahm sie in die Hand. »›Lord Kaspero und Lady Mael von Surask erbitten das Vergnügen Eurer Anwesenheit bei der Einführung ihrer Tochter, Nestae eso Surask.‹ Oh, Hase, also wirklich, Ihr erstes Auftreten bei einem Debütantinnenball. Wie aufregend.«
Das Gefühl, gejagt zu werden, machte sich zwischen meinen Schulterblättern breit.
Suiden starrte die Post immer noch stirnrunzelnd an. »Wie in der Welt sollen wir das aussortieren? Ich war zu lange weg und habe keine Ahnung, wen wir umarmen und wen wir meiden sollten, als hätte er die Pocken.«
Javes deutete auf die Einladungen zu dem Debütantinnenball. »All diese kuppelnden Mamas kreisen wie Haie durchs Wasser, die Blut gerochen haben.« Er lächelte wieder dümmlich. »Können Sie tanzen, Mylord?«
Mir sträubten sich die Nackenhaare, als ich mir vorstellte, wie ich mich durch irgendwelche komplizierten Schritte manövrierte, während ich mit einer gepuderten, juwelenbehangenen und frisierten Debütantin plauderte, deren Mutter zusah und bereits den Abschied von meinem Junggesellenleben plante. »Nein, Sir!« Meine Handfläche brannte, und ich setzte hinzu: »Nur die Festival-Tänze, Sir.«
»Hören Sie
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