Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
Oder Slevoic, der sowohl mit dem Kommandeur der Königlichen Garnison als auch mit Lord Gherat verwandt ist.« Javes zog die Mundwinkel herunter. »Weshalb er mit so vielen Verfehlungen durchkommt. Es wurde bereits als ein Wunder betrachtet, dass er überhaupt nach Freston versetzt wurde.«
»Politik«, erwiderte ich. »Sir.«
»Genau das«, bestätigte Suiden. »Denn in Freston stellt die Armee auch all die Leute kalt, derer sie sich nicht sicher ist, die sie aber im Auge behalten will. Wie zum Beispiel mich, den Neffen des Amir von Tural.«
»Oder mich, den Sohn eines sehr wohlhabenden Kaufmannes, der ausgezeichnete Beziehungen zum Qarant unterhält«, warf Javes ein.
Ich erinnerte mich an die erkennenden Blicke, die Javes gestern Abend geerntet hatte, und fragte mich, wie wohlhabend sein Pa wohl war und wie ausgezeichnet seine Beziehungen zum Qarant sein mochten.
»Oder Sie, Hase.« Suiden sah mich an. »Sie sind direkt mit zwei der mächtigsten Häuser von Iversterre verwandt. Und in den Grenzlanden aufgewachsen.«
»Es spielte keine Rolle, was über Sie in Freston gesagt wurde, da wir so weit von jedem Schalthebel entfernt waren, dass es niemanden kümmerte«, fuhr Javes fort. »Aber jetzt sind wir in der Königlichen Stadt, und angesichts Groskins Hysterie und Slevoics Rankünen …« Der Hauptmann brach ab und zuckte mit den Schultern.
»Aber da Slevoic sich einem Disziplinarverfahren gegenübersieht, sollte es niemanden interessieren, was er sagt«, meinte ich.
Suiden stellte die Teetasse ab und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. »Kommandeur Loel hat entschieden, dass der Leutnant in Notwehr gehandelt hat.«
»Was?« Ich starrte die Hauptleute an, während sich mir der Magen zusammenkrampfte. »Es hat doch kein Ausschuss getagt, Sirs.«
»Ein Kommandeur hat die Befugnis, über alle zu urteilen, die ihm gemeldet werden«, erwiderte Javes. »Und wir wurden Loels Kommando unterstellt, als wir in Iversly eingetroffen sind.«
»Er hat sogar die Befugnis, über seine Verwandten zu urteilen?«, fragte ich. Der Krampf wanderte mein Rückgrat hinauf.
»Ja«, antwortete Javes. »Willkommen in der Armee, Hase.«
»Ich habe bereits eine Protestnote an den Lordkommandeur geschickt.« Suiden ließ die Hände von seinem Gesicht sinken. »Aber bis er eine Entscheidung trifft, wird Slevoic in unsere Einheit überstellt.«
Ich saß da wie betäubt.
»Und jetzt fordern diejenigen, die schon immer Zweifel hatten, jemanden aus den Grenzlanden in die Armee aufzunehmen, nicht nur Ihre Entlassung, sondern fragen sich auch laut, ob Sie aus Iversterre verbannt werden sollten«, fuhr Suiden fort. »Es war nicht gerade hilfreich, dass weder Chause noch Flavan Sie bis gestern Abend offiziell anerkannt haben.« Sein Blick verdüsterte sich. »Oder dass Sie diesen Major in der Messe der Königlichen Garnison unter Druck gesetzt haben, wie nervig er auch gewesen sein mag.«
»Genau«, mischte sich Javes ein. »Doch nachdem der König Sie erneut an Ihre Eide gebunden und in Ihrem Rang bestätigt hat, dürften diese Mäuler gestopft und ihnen die Zähne gezogen sein.« Er stand lächelnd auf. »Ich würde alles darum geben, jetzt Mäuschen im Büro dieses Schwachkopfs zu spielen …« Er unterbrach sich, als ihm klar wurde, wie er den Garnisonskommandeur vor mir genannt hatte, und warf Suiden einen kurzen Seitenblick zu.
»Ich auch«, erwiderte der Hauptmann nachsichtig. »Holen Sie doch Reiter Jeffen herein.« Er sah mich an. »Bis das alles geregelt ist, wird Jeffen Ihnen zugeteilt, um weitere unerwünschte Vorfälle zu vermeiden.«
Javes ging zur Tür, öffnete sie und brüllte nach Jeff.
Suiden verzog kurz das Gesicht, während er sich Tee eingoss.
»Groskin hat nichts zu befürchten, weil er es ausgeplaudert hat, Sir?«, fragte ich ihn.
Suiden setzte die Teekanne ab. »Nein. Jedenfalls noch nicht.« Er sah Javes an, als der Hauptmann wieder hereinkam. »Hase wollte wissen, ob Groskin bestraft wird.«
Javes seufzte, während er sich hinter seinen Schreibtisch setzte. »Beziehungen, Hase. Groskin steht unter dem besonderen Schutz der Kirche. Erzdoyen Obruesk hat bereits allen möglichen Leuten Briefe geschrieben, in denen er seinem ›großen Unbehagen darüber‹ Ausdruck verleiht, dass ›Soldaten magischen Einflüssen ausgesetzt werden‹.«
Suiden nickte. »Und Kommandeur Loel hat mich informiert, dass seiner Meinung nach Groskin keineswegs einen direkten Befehl missachtet, sondern den Bericht über eine
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