Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
Schicht, die alles im Inneren der Leichenhalle überzog, Boden, Wände, Decke und die Seziertische. Die hellen Linien des Erdschutzzaubers, die das Haus der Toten bewacht hatten, waren verschwunden, ebenso wie mein flammendes Schwert.
Und Mencks Leichnam.
Mein fröstelndes Zittern verstärkte sich. Ich zog den Umhang fester um mich, ließ Jusson, Wyln und den Rest der Höflinge, die uns begleitet hatten, stehen und ging zu Laurel und Chadde zurück, die sich um die beiden Stadtwachen kümmerten. Jeff und einige Königstreue folgten mir. Ihre raschen Schritte verrieten, dass sie nur zu gern ein bisschen Distanz zwischen sich und das Totenhaus legten, das jetzt ein Eishaus geworden war.
»Hase.«
Als ich mich umdrehte, sah ich Dyfrig auf mich zukommen. Er hatte meinen Eschenholzstab in der Hand. Noch bevor der Doyen mich erreicht hatte, streckte ich die Hand danach aus. Ich wollte meinen Stab zurück, gewiss, aber noch dringender wollte ich Dyfrig den seinen zurückgeben. Vielleicht störte es Gott nicht, dass ich ihn hielt, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Wir brauchten sicherlich jede Hilfe, die der Himmel uns zu geben bereit war.
Dyfrig schüttelte jedoch den Kopf und lächelte grimmig. »Nein. Alle sollen sehen, dass Sie ihn tragen können, ohne zu einer vertrockneten Schote zu schrumpfen.«
Das war noch eins der angenehmeren Schicksale, die man jenen voraussagte, die mit der Hölle im Bunde standen und mit heiligen Objekten in Berührung kamen. Ich unterdrückte einen Seufzer, sackte aber in mich zusammen. Mochte ich jetzt ein frommer Sohn der Kirche sein oder auch nicht, es gab einige Dinge, die ich nur zu gern den Klerikern überlassen hätte. »Gewiss, Euer Eminenz«, antwortete ich gehorsam und ließ meine Hand sinken.
Dyfrigs Lächeln erlosch, und sein runzliges Gesicht legte sich noch mehr in Falten, als er sich sorgenvoll zu dem Totenhaus umdrehte. »Ich habe seltsame und manchmal furchteinflößende Dinge gesehen, Hase. Es gibt ein Haus in der Nähe der Nordmauer, das dreier Säuberungen und Segnungen bedurfte, bevor dort jemand schlafen konnte, ohne von Alpträumen geplagt schreiend aufzuwachen. Und auf einem Hof am Weg nach Cosdale gibt es eine Weide, über die Schatten huschen, obwohl nichts die Sonne verdeckt.«
Großartig. Genau das hatte ich hören wollen: Gespenstergeschichten. Ich zog den Kopf noch mehr ein, als mir ein eisiger Schauer über den Rücken lief, während Jeff und die Königstreuen näher rückten und sich hastig im Hof umsahen. Sie wollten sich davon überzeugen, dass alle Schatten ihren ordnungsgemäßen Ursprung hatten.
»Aber dies hier …« Die Stimme des Doyen klang sehr leise. »Das ist das Furchteinflößendste, was ich jemals gesehen habe. Ich konnte die Macht des Zaubers spüren, den der Elf und der Faena gewirkt haben. Ich konnte ihn spüren, Hase. Er summte in mir, vibrierte wie der Klang einer Glocke …,«
Das kam mir sehr bekannt vor. Ich sah Dyfrig an, der jedoch eindringlich das Totenhaus musterte.
»… aber es war umsonst. Alles umsonst! Was konnte all das aufheben, das wir gewirkt haben?«
Ich wollte gerade jegliches Wissen um die Dunkle Macht leugnen, als mir klar wurde, dass ich dann lügen würde. Und das nicht nur mit der Wahrheitsrune auf einer Hand, sondern auch noch mit dem Amtsstab der Kirche in der anderen. Das wäre sicherlich nicht klug, also überzeugte ich mich mit einem kurzen Blick davon, dass die Königstreuen in unserer Nähe alle auch in dem verlassenen Lagerhaus gewesen waren, und folglich nichts Neues hören würden. »Ich weiß nicht, was dahintersteckt, Euer Eminenz«, erwiderte ich so leise, dass die Ratsältesten und der Adel mich nicht hören konnten. »Aber Menck wurde bei einem Ritual getötet, mit dem jemand dauthiwaesp wirkte. Todeshexerei. Schwarze Magie.«
Dyfrigs Augen glühten, als der Wind uns umwehte und die Glocken an dem Amtsstab bimmelten. »Schwarze Magie!«, wiederholte er ebenso leise, während er unwillkürlich mit der Hand eine Schutzgeste machte. »Hier, in meiner Stadt?« Sein Blick glitt zu Laurel, der immer noch die Stadtwachen versorgte. »Hat Seine Majestät alle dazu befragt?«
Ich runzelte die Stirn über die kaum verhohlene Beschuldigung des Doyen. »Sowohl der ehrenwerte Laurel als auch Zauberer Wyln tolerieren Schwarze Magie ebenso wenig wie Sie, Euer Eminenz«, sagte ich.
»Wer könnte es dann gewesen sein?«, wollte Dyfrig wissen. »Wir haben Übeltäter, gewiss; wo gäbe es keine? Aber wir
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