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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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sollte gleichzeitig sicherstellen, dass sie sich nicht nach dem Furnier bückte. »Ich glaube, du musst nicht einmal genäht werden«, sagte er.
    Drei uniformierte Sicherheitskräfte des Krankenhauses eilten in den Raum, mit dem Pfleger im Schlepptau. Die Männer nahmen Courtenay an den Armen und führten sie schweigend fort, und dann brach ein großer Tumult im Raum los.
    Archie ging zu dem Telefon, das immer noch läutete, und nahm ab.
    »Hallo?«, sagte er.
    Aber am anderen Ende war nur Stille.
    Archie legte auf.
    »Ich gehe in mein Zimmer«, sagte er zu Rosenberg. »Ich brauche einen Pullover.« Es stimmte. Ihm war plötzlich sehr kalt. Wahrscheinlich der Adrenalinabfall. Krankenhäuser wurden fünf Grad kühler gehalten, als man als angenehm empfand. Archie wusste nicht, warum. Vielleicht, damit Patienten wie er nicht länger blieben, als sie erwünscht waren.
    Er hatte zwei Pullover: Eine grüne Strickjacke und einen blauen Rollkragenpulli. Sie waren in der untersten Schublade seiner Kommode an der Wand gegenüber dem Fußende seines Betts. Er öffnete gerade die Schublade, als er die Vibration spürte. Er dachte zuerst, es würde von den Medikamenten kommen. Sie stellten sein Antidepressivum gerade neu ein, und er fühlte manchmal solche Dinge, eine elektrische Empfindung, die in seinen Armen entlanglief oder sein Gehirn nachts erhellte. Hirnknaller nannten es die Schwestern, als wären es völlig normale Nebenerscheinungen wie Schwellungen.
    Aber die Vibration kam nicht von den Medikamenten.
    Es war ein Handy.
    Archie erstarrte. Es war zwei Monate her, seit er zuletzt ein vibrierendes Handy gehört hatte, dieses merkwürdige tiefe Brummen, das zugleich ein Klang und ein Gefühl war. Fünfzehn Jahre lang hatte er ein Handy bei sich getragen. Und in zwei Monaten hatte er es nahezu vergessen.
    Es war in seiner Kommode.
    Er fuhr mit den Fingern an den Schubladen entlang und tastete nach dem verräterischen Vibrieren. Das Summen hörte auf.
    Er öffnete die zweite Schublade von unten.
    Das Handy wurde halb von einer Hose verdeckt, aber es war da, nicht zu übersehen. Archie warf einen Blick zu der Kamera in der Ecke des Zimmers. Die Kamera konnte es aus ihrem Winkel nicht erfassen.
    Er langte in die Schublade und tat, als würde er sich für einen imaginären Fleck auf einer Cordhose interessieren, während er mit der anderen Hand an dem Gerät fummelte. Er nahm es nicht aus der Schublade. Fünfhundertachtunddreißig Anrufe in Abwesenheit. Eine SMS. Archie klickte sie an.
    »Liebling«, stand da. »Geht es Dir besser?«
    Jeder Muskel in Archies Körper spannte sich. Gretchen.
    Sie hatte jemanden dazu gebracht, es hier zu deponieren, einen Krankenhausangestellten, der wahrscheinlich dachte, es diente dazu, dass Archie mit einer geliebten Person in Kontakt bleiben konnte.
    Es war das zweite Mal, dass sie einen Weg gefunden hatte, ihm ein Telefon zukommen zu lassen. Das erste hatte er in der zweiten Woche seines Aufenthalts hier gefunden. Es war mit Klebeband unter dem Waschbecken im Bad befestigt gewesen. Er hatte es in den Müll geworfen und mit einer halben Rolle Klopapier bedeckt, damit es das Reinigungspersonal nicht sah.
    Diesmal fischte er es aus der Schublade und ließ es heimlich in seine Tasche gleiten.
    Er war Stufe vier. Rosenberg hatte gesagt, er solle spazieren gehen.

_ 11 _
    North Fargo 397 war das unheimlichste Haus weit und breit. Der alte Bungalow stand verlassen in einem leeren Block, der sich vor langer Zeit in eine städtische Wiese verwandelt hatte. Die Asbestverkleidung war in einem Braunton gestrichen, der den Nachbarn selbst in seiner besten Zeit peinlich gewesen sein musste, und das Teerdach war mehr Moos als Schindeln. Sperrholzplatten bedeckten die Fenster. Die Worte ZUTRITT VERBOTEN waren auf das Sperrholz vor der Eingangstür gesprüht. Hätte Susan Schauplätze für einen Horrorfilm ausgekundschaftet, sie hätte nicht weiterzusuchen brauchen.
    Es musste ein Scherz sein. Es passte zu gut.
    Susan saß in ihrem Wagen am Randstein und spähte die Straße hinauf und hinunter. Es war später Vormittag, und niemand war zu sehen. Es gab keine anderen Häuser in diesem Block, und der Kirchenparkplatz auf der anderen Straßenseite war leer. Sie ging die Möglichkeiten durch. Angenommen, da drin war tatsächlich eine Leiche. Es war vorstellbar. Ein paar von Alkohol angeheizte College-Kids hatten sich in das Haus geschlichen, um zu feiern oder Longfellow zu lesen oder irgendwas, und einen toten

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