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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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Blick durch den Raum schweifen. »Wer wohnt hier?«
    Archie zuckte die Achseln.
    »Ich habe Sie gerufen«, sagte Susan.
    »Ich habe mein Handy nicht einstecken«, sagte er. Seine Hand ging zu der Tasche, wo das Handy von Gretchen war, dann begriff er, dass sie gemeint hatte, sie habe seinen Namen gerufen. Er senkte den Blick. »Schließen Sie die Tür«, sagte er.
    Susan stieß die Tür mit dem Ellbogen zu. »Diese Pflanzen auf der Treppe, ja?«, sagte sie. »Das sind Venusfliegenfallen. Venus war die römische Göttin der Liebe. Bekannt für ihre Schönheit.« Sie fuchtelte in Richtung Collage. »Fällt Ihnen dazu jemand ein?«
    »Da muss ich passen.«
    »Sind Sie verrückt?«, fragte Susan. »Ich meine, sind Sie jetzt tatsächlich verrückt?«
    Sie begann auf Archie zuzugehen.
    »Nicht bewegen«, sagte er. »Und rühren Sie nichts an.«
    »Riechen Sie das?«, sagte Susan und verzog die Nase. Sie schnupperte und grinste dann. »Dr. Bronner’s.«
    »Ich rieche Pfefferminz«, sagte Archie.
    Susan schüttelte den Kopf. »Es ist Dr. Bronner’s Pfefferminz-Flüssigseife«, sagte sie. »In meiner Kindheit haben wir das für alles genommen. Shampoo, Toilettenreiniger … Der Kerl hier muss ein Sauberkeitsfanatiker gewesen sein.« Sie begann, auf den Fernsehkasten zuzugehen.
    »Sie bewegen sich«, sagte Archie. »Ich sagte, nicht bewegen.«
    Susan verlangsamte nicht einmal.
    »Schauen Sie«, sagte sie und fuhr mit dem Finger über eine der hölzernen Duftschalen, die auf dem Brett über dem Fernseher aufgereiht waren.
    »Und jetzt fassen Sie auch noch Sachen an«, sagte Archie.
    Susan hielt den Finger in die Höhe. Er war sauber. »Wer wischt seine Duftschalen aus?«
    Auf dem Brett stand außerdem ein Foto. Archie konnte das Bild von seinem Platz aus nicht erkennen, er sah nur den Bambusrahmen. Aber als Susan es erblickte, sog sie scharf die Luft ein.
    Archie war in vier Schritten neben ihr.
    »Das ist er«, sagte Susan und deutete auf das Bild. »Das ist der Kerl, den ich in dem Haus gefunden habe.« Sie fuhr sich über die Gänsehaut, die sich auf ihren Armen gebildet hatte. »Er hat wirklich hier gewohnt.«
    Das Foto zeigte drei junge Männer in einem Wald, die in die Sonne blinzeln. Es waren Teenager von siebzehn, achtzehn Jahren, mit noch nicht ganz ausgeformten Körpern. T-Shirts und Cargohosen ließen dürre Beine und weiche, sonnenverbrannte Arme sehen. Sie hatten für die Aufnahme posiert, aber sie lächelten nicht. Auf dem T-Shirt des Jungen in der Mitte war ein Outward-Bound-Logo. Der Bursche links hatte den Schirm seiner Baseballmütze so tief in die Stirn gezogen, dass Archie sein Gesicht nicht erkennen konnte. Aber den Jungen rechts, Zottelhaar und schlank, mit Tätowierungen auf einem Arm, kannte Archie. Er warf einen Blick zu Susan, um zu sehen, ob sie seine Überraschung bemerkt hatte. Sie hatte nicht. Ihre Aufmerksamkeit galt immer noch dem Foto.
    »Welcher ist es?«, sagte Archie.
    »Der in der Mitte.«
    »Das ist gut.«
    »Gut?«, fragte Susan.
    »Gut, dass wir ihn identifiziert haben.«
    Susan drehte den Kopf zu ihm. »Kein: ›Sind Sie sicher, dass er es ist?‹«, fragte sie.
    Archie tat ihr den Gefallen. »Sind Sie sich sicher, dass er es ist?«, fragte er.
    »Er war älter«, sagte Susan. »Anfang zwanzig vielleicht.
    Aber es ist dasselbe Gesicht.« Sie kniff die Augen zusammen. »Sie wirken nicht allzu überrascht.«
    »Es ergibt Sinn«, sagte Archie. »Wir sollen herausfinden, wer er war. Das war die Idee dabei.«
    »Warum hat man dann nicht einfach einen Ausweis in seiner Tasche gelassen?«, murmelte Susan.
    »Da ist eine Geschichte dahinter.« Archie sah sich noch einmal in der Wohnung um. Der Pfefferminzgeruch war stark und frisch.
    Auf diese Weise sauber zu machen erforderte eine größere Anstrengung. Es war zwanghaft. Aber die Zeit, sein Bett zu machen, hatte er nicht gefunden? Wozu dann all die Mühe hier? Selbst die Jalousien waren abgestaubt worden. Die elektrischen Heizkörper funkelten. Keine Ringe von Kaffeetassen auf den Küchenflächen, keine Krümel auf dem Couchtisch. Der Fernsehschirm andererseits sah aus, als wäre er seit Jahren nicht abgewischt worden.
    Archie trat zur Seite, um den richtigen Winkel zu erwischen, und dann sah er es – Buchstaben, die mit dem Finger in den Staub gezeichnet worden waren. PLAY.
    »Die Leute müssen Geschichten erzählen«, sagte er. Er spähte hinter den Fernseher und sah die winzige Digitalkamera in einer Ecke des Gehäuses; ein schwarzes

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