Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
nickte anerkennend. „Eine gute Idee, Ian den Bauernprügel quasi vor die Füße zu legen.“ Zu Joanna gewandt fügte er hinzu: „Die typische Waffe eines Bauern ist ein langer Holzstab. Er kann ihn für die tägliche Arbeit benutzen, zum Beispiel zum Treiben von Kühen und Schweinen, aber eben auch zur Verteidigung. So mancher Adlige hat es schon bitter bereut, diese Waffe zu unterschätzen. Ian hat in einem Bauerndorf gelebt, er sollte damit umgehen können. Und da ein Holzstab auf den ersten Blick nicht als Waffe zu erkennen ist, konnte er ihn auch ins Tagelöhnerhaus mitnehmen.“
„Ich bin mir sicher, Ian beherrscht den Bauernprügel“, sagte Jake. „Er wird sich den Besen schnappen und wir werden sehen, was er wirklich kann.“
Joanna runzelte die Stirn. „Und wenn er deinen Trick durchschaut und den Besen nicht nimmt?“
„Glaub mir, er wird ihn nehmen.“ Ihr Bruder lächelte. „Ich werde ihm gar keine andere Wahl lassen.“
7
Erwartungsvoll ließ sich Ian zwei Abende später mit Joanna auf der Tribüne in der Waffenhalle nieder. Jake wollte mit Galad trainieren und durch Adamos Bemerkungen war er sehr gespannt auf die Kampfkünste beider Männer. Außerdem hatte Jake angeboten, anschließend auch mit ihm zu üben – ein Vorschlag, dem Ian bereitwillig zugestimmt hatte. Er sah zu Joanna. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum und war ungewöhnlich wortkarg. Was war los mit ihr? Er wollte sie danach fragen, doch in diesem Moment zogen Galad und Jake ihre Waffen. Augenblicklich richtete sich seine Aufmerksamkeit auf den beginnenden Kampf. Es dauerte nicht lange, und er fand die Aussagen des Fechtmeisters über Galads Fähigkeiten bestätigt. Der junge Lehrer wirkte mit dem Schwert in der Hand unbeholfen und verkrampft, obwohl das Tempo langsam und Jakes Angriffe einfach und voraussehbar waren. Der Earl hingegen besaß eine brillante Technik. Mehr konnte Ian nicht erkennen, da Jake sich Galads wegen sehr zurückhielt. Wie gut mochte Jake wirklich sein? Vermutlich würde sich der Earl nachher bei ihrem Kampf ebenfalls zurücknehmen, da er ihn für einen unerfahrenen Anfänger hielt. Nun ja, irgendwann würde er Jake bestimmt einmal richtig fechten sehen.
Nach einer Weile beendete der Earl den Übungskampf. Er klopfte Galad auf die Schulter, dem die Freude über das Ende des Trainings deutlich anzusehen war. Dann trat Jake auf ihn zu. „Bereit, Ian?“
Ian nickte und zu seiner Überraschung begann Jake den Kampf in einer Geschwindigkeit, die wesentlich höher war als die des vorausgegangenen Kampfes oder die des alten Fechtmeisters. Trotzdem bemühte er sich, die Bewegungen so tadellos auszuführen, wie Adamo es ihm gezeigt hatte. Leider ging dies zu Lasten seiner Schnelligkeit, sodass Jake die Auseinandersetzung dominierte, und ihn bereits nach kurzer Zeit in eine Ecke der Halle gedrängt hatte. Ian ärgerte sich. Weiter konnte er nicht mehr zurück. Außerdem wäre er beinahe über einen Besen gestolpert, der an der Wand lehnte. In diesem Moment schlug Jake mit einer solchen Wucht zu, dass es Ian sein Schwert aus den Fingern riss. Klirrend schlingerte die Waffe über den Boden und er starrte fassungslos auf seine leeren Hände. Doch Jake holte bereits zum nächsten Schlag aus. Ian duckte sich und ergriff den Besen neben sich. Er riss ihn hoch und parierte Jakes Schlag. Sofort setzte der Earl zum nächsten Hieb an. Es blieb Ian nichts übrig, als sich weiterhin mit dem Besen zu verteidigen, so peinlich es auch war. Denn dieser Trainingskampf entwickelte sich immer mehr zu einem echten Duell. Jeder Angriff, den Jake durchführte, war gewaltiger als der vorangegangene, und der Earl schien keinesfalls geneigt, das Ganze bald zu beenden. Wenn Jake so weitermachte, würde er ihn bald wieder entwaffnet haben.
Halbherzig wagte Ian einen ersten Angriffsschlag und Jake erwiderte ihn dermaßen heftig, dass er ihm nun fast auch noch den Besen aus den Händen geschlagen hätte. Was sollte das? Zögerlich führte Ian einen zweiten Angriff durch. Jake konterte auch diese Attacke unnachgiebig und hob dabei belustigt die Augenbrauen. Ian erkannte, dass er nur zwei Möglichkeiten hatte, den Zweikampf zu beenden: entweder gab er sich geschlagen oder er schob seinen Stolz beiseite und begann richtig zu kämpfen – Besen hin oder her. Ein Ausfallschritt von Jake unterbrach seine Überlegungen. Ian sprang zur Seite und ärgerte sich über seine Unaufmerksamkeit. Jake hatte seine Gedankenlosigkeit bemerkt
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