Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
lassen.“
Joannas Gesicht wurde noch blasser und Ian unterdrückte den Wunsch, zu ihr zu gehen. „Woher wisst ihr, dass sie Jake tatsächlich gefangen haben?“
Die Augen des alten Oberbefehlshabers blitzten auf. „Als Lord Greystone am Abend noch nicht von seinem Ausritt zurück war, haben wir einen Suchtrupp zusammengestellt. Gerade als wir aus dem Tor reiten wollten, kam uns ein fremder Mann auf dem Pferd des Earls entgegen. Kaltblütig schilderte er die Gefangennahme und gab uns Bedenkzeit bis heute Abend. Zum Beweis überreichte er mir den Siegelring des Earls.“
„Wie viele Entführer sind es?“, fragte Ian.
Der Oberbefehlshaber seufzte. „Das wissen wir nicht. Ein Soldat ist dem Unterhändler heimlich in den Wald gefolgt, doch bedauerlicherweise hat er seine Spur verloren.“
Zögernd sah Ian in die Runde. „Ich könnte versuchen, dem Unterhändler heute Abend nachzugehen und ihr Lager ausfindig zu machen. Ich bin gewohnt, mich im Wald zu bewegen und finde mich auch im Dunkeln dort gut zurecht – vielleicht sogar besser als die Soldaten der Burgwache.“
Joanna schüttelte den Kopf. „Ich will nicht, dass du gehst. Sir Perrin soll einen seiner Männer hinterherschicken.“
Bevor Ian etwas erwidern konnte, ertönte Adamos tiefe Stimme: „Ian hat recht, Joanna. Nach allem was er mir über sein früheres Leben erzählt hat, ist er mit dem Wald vertrauter als unsere Soldaten.“
„Ich teile Adamos Meinung“, erklärte Galad und auch Sir Perrin nickte zum Zeichen seines Einverständnisses.
Ian sah Joanna an und lächelte. „Ich werde sehr vorsichtig sein und kein unnötiges Risiko eingehen, das verspreche ich dir.“
„Finde vor allem heraus“, sagte Adamo, „ob Jake noch lebt. Das ist das Wichtigste. Wir werden aber mit dem Unterhändler trotzdem eine Vereinbarung für die Übergabe treffen, damit er keinen Verdacht schöpft.“
„Wie kommt Ian unauffällig in den Wald?“, wollte Galad wissen. „Die Entführer werden einen Mann in der Nähe des Haupttores postiert haben, der unser Vorgehen beobachtet. Und wir müssen davon ausgehen, dass sie die anderen Tore ebenfalls bewachen.“
„Das vermute ich auch“, erwiderte Sir Perrin. „Daher werde ich einige meiner Soldaten anweisen, als Knechte verkleidet die Burg zu verlassen. Lord Darkwood geht mit ihnen und verschwindet an einer günstigen Stelle im Wald.“ Der Oberbefehlshaber stand auf und verließ die Bibliothek, um seine Männer anzuweisen.
Joanna erhob sich ebenfalls. „Du musst dich auch vorbereiten, Ian. Es ist nicht mehr viel Zeit – ich begleite dich.“
Kurz darauf stand Ian, gekleidet wie ein Knecht, gemeinsam mit Joanna im Innenhof der Burg. Sie war die ganze Zeit über sehr schweigsam gewesen, jetzt sah sie ihn besorgt an. „Pass bitte auf dich auf, ja?“ Und zu seiner Überraschung trat sie zu ihm und umarmte ihn. Er hätte für alle Ewigkeit mit ihr hier stehen bleiben können, doch die Soldaten warteten bereits auf ihn. Mit Bedauern löste er sich von ihr und verließ in Begleitung der Männer die Burg. Als sie die Mauer ein Stück weit hinter sich gelassen hatten, verschwand Ian unauffällig im Wald und bewegte sich lautlos zurück in die Nähe des Haupttors. Hinter einer Brombeerhecke, von wo aus er eine gute Sicht auf die Straße hatte, ging er in die Hocke und wartete.
Nach einer Weile tauchte ein Mann mit einem Bart auf, der auf die Burg zuging. Nach der Beschreibung des Oberbefehlshabers musste das der Unterhändler sein. Da es noch etwas dauern würde, bis er wieder zurückkam, ließ Ian sich auf der Erde nieder. Dieser Abend gestaltete sich leider ganz anders, als er es sich erhofft hatte. In seiner Vorstellung waren ein heißes Bad, ein ausgiebiges Essen und vor allem Joanna vorgekommen. Stattdessen kauerte er alleine im kalten Wald, um einen Entführer abzupassen. Die Rückkehr des Mannes aus der Burg riss ihn aus seinen Gedanken. Während Ian sich langsam aufrichtete, spähte er durch das Gebüsch. Der Unterhändler blieb zunächst auf der Straße, doch dann verließ er sie. Verborgen hinter Bäumen folgte Ian ihm. Der Bärtige bahnte sich einen Pfad durch das dichte Unterholz und blieb plötzlich unvermittelt stehen. Ian vernahm Stimmen und er entdeckte neben dem Unterhändler einen zweiten Mann – den Beobachtungsposten. Die beiden Entführer sprachen einen Moment miteinander, und schließlich setzte der Bärtige seinen Weg durch den Wald fort. Ian blieb dicht hinter ihm. Sie waren eine
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