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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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Zufall wollte, war Carlos’ Adresse ganz in der Nähe von hier. Wenn ich in dieser Nacht noch mit jemandem sprechen wollte, dann kam nur er in Frage.
    Ich ging gerade durch die Hotellobby in Richtung Ausgang, als mein Pieper zu vibrieren begann. Ich suchte mir an einem der Tische ein Telefon und rief Cameron an, der sofort abhob.
    »Wo steckst du?«, wollte ich wissen. In meinem Kopf hämmerte es und meine Eingeweide schmerzten.
    »Ich bin gerade bei Sarah. Sie lässt dich grüßen und meint, sie hätte jetzt zwei Frettchen und nicht nur eins.«
    »Das freut mich. Ich habe gerade mit Alice gesprochen und die Lage ist … hm … sagen wir komplizierter, als ich ursprünglich angenommen hatte. Könnten wir uns heute noch treffen?«
    »Heute geht es leider nicht mehr, aber morgen. Wie wäre es mit einer Stunde nach Sonnenuntergang? Der ist um zwanzig Uhr siebenundzwanzig, sagen wir also um halb zehn?«
    »Gut. Morgen Abend um halb zehn also. Ich mache mich jetzt auf den Weg zu Carlos.«
    »Oh, verdammt … sei vorsichtig, Harper. Wenn du morgen nicht auftauchen solltest, weiß ich zumindest, wo ich zuerst nachfragen muss.«
    »Vielen Dank, genau das wollte ich hören, Cameron.«
    Ich warf einen Blick auf die Uhr, ehe ich das Gebäude verließ. Es war zwanzig Minuten vor eins und mein Magen verkrampfte sich vor Furcht. Ich hatte zwar nicht vor, einen Monarchen vom Thron zu stoßen, aber Alices Hinweise über das Verhalten von Vampiren brachten mich auf eine Idee. Ich wusste nicht, ob ich es schaffen würde, aber alle anderen Möglichkeiten schienen noch schlechter zu sein. Ich musste darauf vertrauen, dass Alice meine Spuren verwischen würde. Wenn ihr Hass auf Edward groß genug war, würde sie es tun. Und ich baute auf diesen Hass.
    Der Liste nach würde ich Carlos bei Adult Fantasies finden, einem Sex-Shop direkt hinter einer Reihe von Motels für Geschäftsleute, woher der Laden vermutlich auch den größten Teil seiner Kundschaft bezog.
    In weniger als zehn Minuten hatte ich die teuren Boutiquen und Wohnungen der Innenstadt von Seattle hinter mir gelassen und befand mich in einer Gegend mit heruntergekommenen Häusern, in denen man massenhaft Striptease-Lokale, rund um die Uhr geöffnete Imbissbuden und Sex-Shops fand. Es war ein aus dem Nichts entstandenes, kleines Gewerbegebiet, das sowohl für öffentliche Entrüstung sorgte als auch private Gier bediente. Die Stadt hatte bereits mehrmals versucht, die Geschäfte zu schließen oder umzusiedeln, aber bislang ohne Erfolg. Sogar der Plan, die Gegend in einen Park zu verwandeln, war gescheitert. Achtzig Jahre Industriemüll hatten das Gebiet viel zu sehr verseucht. So blieb das Viertel weiterhin bestimmten Nachtgestalten vorbehalten und Seattles glorreiche Geschichte des Geschäfts mit der Sünde wurde weitergeschrieben.
    Das Gebäude, in dem sich Adult Fantasies befand, hatte die Form eines spitzen Dreiecks. Großflächige Fenster gaben den Blickfrei auf Fetischkleidung aller Couleur und ausgefallenste Dessous. Ich öffnete die Glastür und ging an der Treppe vorbei, die zu einer Videothek und zur Live-Peepshow hinaufführte, direkt in den Laden. Zu meiner Linken hingen verschiedene Klamotten und zu meiner Rechten befanden sich die Dinge, die sogar ein Sex-Shop nicht in die Auslage legt. Vor mir stand eine Glastheke voll gefährlich aussehender Instrumente, die von einer jungen Kassiererin bewacht wurden, die in voller Gothic-Montur war.
    Ihr Haar war dunkellila und in ihrem weiß gepuderten Gesicht leuchteten schwarze Lippen und seltsam kleine Waschbärenaugen. Zwei schwarze Ringe aus Niob waren durch ihre rechte Augenbraue gepierct, während eine silberne Kette den Ring in ihrem linken Nasenflügel mit einem in ihrem linken Ohr verband. Wohl um der Symmetrie willen trug sie im rechten Ohr einen Stecker in Form eines großen, schwarzen Spinnennetzes, das in der Mitte mit einem Rubin besetzt war. Ein schwarzes, mit Nieten besetztes Lederhalsband, das mit Kettchen übersät war, lag um ihren Hals. Sie sah von einem Notizbuch auf, das aufgeschlagen vor ihr auf der Glastheke lag. Hastig schloss sie es und legte einen Stift darauf.
    Sie sah aus wie Mitte zwanzig, klang aber wie ein Teenager. »Hi, kann ich Ihnen helfen?«
    »Ist Carlos da?«
    »Ja, irgendwo schon. Wahrscheinlich oben. Einen Moment, bitte.« Sie schaute sich im Laden um, bis sie in einer dunklen Ecke einen jungen Mann entdeckte. Er befand sich zwischen den grünen Türen der Umkleidekabinen und einer

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