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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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ich ihr auf keinen Fall hatte zeigen wollen.
    Eine Stunde später hatte ich Mrs Fabrette bereits mehr oder weniger vergessen. Stattdessen konzentrierte ich mich auf Kleinkram, den ich noch zu erledigen hatte. Ich suchte gerade in einer der unteren Schreibtischschubladen nach neuem Papier für den Drucker, als ich die Tür knarzen hörte. »Einen Augenblick«, rief ich, schnappte mir das Papier und richtete mich auf, wobei ich mit dem Kopf gegen die Schreibtischkante stieß. Ich schüttelte ihn, um mich zu fangen, und entdeckte einen Mann, der mein Büro betreten hatte.
    Er bewegte sich nicht und wirkte wie eine Puppe aus einem Wachsfigurenkabinett. Er trug einen unauffälligen, dunklen Anzug und ein weißes Hemd mit einem merkwürdigen Kragen, der bis zum Hals zugeknöpft war. Keine Krawatte. Der Mann war dünn, hatte aber ein rundes Gesicht mit breiten, hohen Wangenknochen und etwas schräg stehenden Augen. Seine Haut wirkte fahl, ja beinahe durchsichtig und bildete einen starken Kontrast zu seinem dunkelbraunen Haar. Auf einmal blinzelte er und hob die linke Hand, um sie auf seine Brust zu pressen.
    »Ich habe Sie wohl erschreckt«, sagte er. Sein eigentümlicher Akzent verriet mir, mit wem ich es hier zu tun haben musste.
    »Mr Sergeyev, ich wusste gar nicht, dass Sie derzeit in Seattle sind.«
    »Nur für kurze Zeit. Und Sie kommen gut voran? Mit meinem Anliegen?«
    Ich setzte mich und deutete auf den Stuhl mir gegenüber. »Ja, das tue ich«, fing ich an. Ein unausgegorener Gedanke schoss mir durch den Kopf, war aber verschwunden, ehe ich ihn fassen konnte. »Ich habe gerade mit der Frau gesprochen, die über jene Informationen verfügte, für die Sie zu zahlen bereit waren«, fuhr ich fort und versuchte, klar zu denken.
    »Aha. Sehr gut.« Sergeyev saß kerzengerade auf seinem Stuhl. Er wirkte unnatürlich steif. Ich fragte mich, ob vielleicht der Sitz im Flugzeug seinem Rücken nicht gut getan hatte.
    »Ich …« Ich brach ab, da Gedanken durch meinen Kopf schossen, über die ich keine Kontrolle zu haben schien. Der gestrige Tag und vor allem die lange Nacht holten mich wieder ein; mein Magen verkrampfte sich erneut und mein Kopf fing an zu dröhnen. Etwas flimmerte in meinen Augenwinkeln. Ich drehte ein wenig den Kopf, um es genauer sehen zu können, und Sergeyev verschwand. »Hä?«, ächzte ich überrascht und wandte mich ihm wieder zu.
    Er sah mich stirnrunzelnd an. »Gibt es ein Problem? Fühlen Sie sich nicht wohl?«
    »Ach, es ist nichts.« Ich drehte mich zu meinem Computer und bearbeitete die Tastatur, um etwas Zeit zu gewinnen. Mir war schwindlig.
    Die seltsame Welt des Grau stieg in Form von kalten Nebeln auf, als ich seitwärts den Blick auf Sergeyev richtete.
    Er war noch da, schien nun aber aus zahlreichen Schichten zu bestehen, umgeben von Dunstschwaden. Ich riss mich von dieser Nebelflut los und sie verebbte, wurde zu einem flüchtigen Flimmern. Nach der vergangenen Nacht musste das Grau, das mich umgab, noch dichter geworden sein. Ich wollte nicht, dass sich noch mehr um mich herum aufbaute. Außerdem musste ich diesen höchst eigenartigen Klienten so schnell wie möglich los werden. »Ich verfolge noch eine Spur, die auch gleichzeitig unsere letzte sein könnte, weil sie möglicherweise direkt zu Ihrem Harmonium führt.«
    »Dann wissen Sie also, wo sich das gute Stück befindet?«, fragte er aufgeregt.
    »Vielleicht.«
    »Sagen Sie es mir.« Seine Stimme drang in mich ein, sie hallte in meiner Brust und in meinem Kopf wider. Ich wehrte mich, so gut ich konnte. In letzter Zeit war ich ziemlich häufig so bedrängt worden, und ich hatte einfach keine Lust mehr, mir das noch länger gefallen zu lassen. Ich wappnete mich so gut ich konnte.
    »Ich möchte auf Nummer Sicher gehen. Letztendlich weiß ich noch nicht, ob es sich nicht nur wieder um eine weitere Sackgasse handelt. Ich möchte Ihnen schließlich nicht unnötig Hoffnung machen.«
    Er starrte mich finster an und ich begann zu zittern. »Wann werden Sie es wissen?«
    Erneut tippte ich etwas Sinnloses in meinen Computer, um nachdenken zu können.
    »Ich möchte offen mit Ihnen sein, Mr Sergeyev. Vor Dienstag kann ich mich leider nicht weiter um Ihren Fall kümmern, da die Kontaktperson, um die es geht, vorher nicht erreichbar ist. Außerdem muss ich noch herausfinden, ob es sich wirklich um das Harmonium handelt, das Sie suchen, und ob der jetzige Besitzer bereit ist, es Ihnen zu überlassen. Vielleicht will er ja gar nicht

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