Greywalker
verkaufen.«
Er schien überrascht zu sein. »Warum sollte er das nicht wollen?«
»Genaues weiß ich noch nicht. Ich muss erst noch etwas mehr herausfinden, dann können wir weitersehen. Natürlich werde ich mein Bestes tun. Sie können sich da ganz auf mich verlassen. Ich werde Sie anrufen, sobald ich etwas Neues für Sie habe.«
»Aha. Nun gut.« Wieder klang seine Stimme drängend, wobei ich diesmal auch Ärger und Verstimmung in ihr wahrzunehmen glaubte. »Ich erwarte, spätestens Dienstagabend von Ihnen zu hören.« Er schoss wie eine Metallfeder vom Stuhl hoch.
Ich erhob mich ebenfalls und eilte zur Tür, um sie für ihn zu öffnen. Er verabschiedete sich mit einem kalten Nicken und verschwand im dämmrigen Licht des Treppenhauses. Von hinten kam er mir größer vor. Ich blickte ihm nach, bis ihn die Dunkelheit verschluckte. Der Stoß gegen meinen Kopf schien irgendetwas ausgelöst zu haben, denn ich kam mir irgendwie langsamer vor als sonst. Ich schloss die Tür hinter mir, setzte mich wieder an meinen Schreibtisch und starrte auf den Computer.
Auf dem Bildschirm erschien ein Fenster, das mich fragte, ob ich mir eine Aufnahme des Büros ansehen möchte. Ich klickte auf JA. Nun sah ich den Raum mit meinem Schreibtisch, an dem ich saß, mir gegenüber ein leerer Stuhl. War die letzte Viertelstunde vielleicht nicht gespeichert worden? Ich stutzte. Ich musste wohl wieder Quinton anrufen, auch wenn ich eine leise Ahnung hatte, dass seine Deutung der Sachlage mich nicht aufheitern würde.
Mein Kopf schmerzte zwar noch immer, dafür nahmen aber Übelkeit und Schwindelgefühl ab. Ob ich vielleicht einfach nur Hunger hatte? Ich verließ das Büro, um einen Happen zu essen. Draußen war es kühl und der abendliche Wind nahm zu, aber ich entschied mich trotzdem, im Freien zu sitzen, während ich zu Abend aß. Vielleicht würde mir die Brise ganz gut tun. Doch mir wurde nur kalt, und ich schlang mein Essen hinunter. Hätte ich mich doch statt des Rocks für Jeans entschieden!
Cameron tauchte um kurz nach halb zehn in meinem Büro auf. Mir fiel auf, dass er nicht die gleiche aussaugende Aura hatte, die Carlos und Alice umgab. Eigenartig.
»Wie geht’s?«, fragte ich, nachdem er sich hingesetzt hatte.
»Ganz gut. Ich schlafe jetzt bei Sarah, aber das ist nur vorübergehend. Ich muss mir etwas Eigenes suchen, bevor ihr Freund aus Italien wiederkommt.«
»Und weißt du schon, wann das sein wird?«
Er zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Könnte schon im Juni sein.«
Ich lächelte ihn freudlos an. »Dann müssen wir uns beeilen. Ich habe dir ja schon erzählt, dass ich mich gestern Nacht mit Alice getroffen habe.«
»Ja, und? Wie lief es?«
»Es war unheimlich. Sie hielte es für das Beste, wenn ich Edward umbringen würde. Entweder das, oder ich soll zumindest Seattles Vampire dazu anstiften.«
»Wie bitte? Aber das hast du doch nicht wirklich vor, oder?«
»Nein. Aber dieser Vorschlag hat mich auf eine Idee gebracht. Alice erwähnte, dass Vampire ein Rudelverhalten hätten und dass sie ihren Anführer zerfleischen würden, wenn er Schwäche zeigt oder krank wird. Genau das ist es, was Alice will, damit sie in Edwards Fußstapfen treten kann, sobald er beseitigt ist.«
»Oh, Mann … und ich dachte, sie wäre eine Freundin! Diese ausgekochte –«
Ich unterbrach ihn. »Jetzt reg dich wieder ab. Für Alice wäre ein Coup gegen Edward das Beste. Aber für dich gilt das nicht. Edward muss weiterhin an der Macht bleiben. Wir können Alice nicht trauen. Sie mag zwar versprechen, dass sie sich dir gegenüber dankbar zeigen wird, aber es ist Edward, der mehr zu verlieren hat. Mein Plan sieht also folgendermaßen aus: Ich werde etwas Unruhe unter den Vampiren stiften, aber nur so viel, dass die Wogen durch die richtige Geste Edwards problemlos geglättet werden können – zum Beispiel, indem er Großmut beweist und dich wieder aufnimmt. Ich nutze alles, was ich so auftun kann, zu diesem Zweck, aber ich werde Alice keinerlei Munition liefern.«
»Hast du schon mit dem Unruhestiften begonnen?«
»Nein, eigentlich noch nicht. Aber ich habe Carlos aufgesucht. Alice hat mich zu ihm geschickt. Ehrlich gesagt finde ich ihn noch wesentlich furchteinflößender als Alice.«
»Das glaube ich gern. Sogar einige der Vampire haben Angst vor ihm.«
»Nach der Geschichte zu urteilen, die er mir erzählt hat, kann man das verstehen. Auch Edward sollte sich vor ihm in Acht nehmen. Carlos schreckt nicht einmal davor
Weitere Kostenlose Bücher