Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
ungewaschen und ungekämmt. Er grinste, und wir brachen beide in hysterisches Gelächter aus, von dem wir uns nur langsam erholten.
    Ich hielt mir keuchend den ohnehin schon schmerzenden Bauch und lehnte mich im Stuhl zurück.
    »Vielleicht sollten wir unseren Plan noch einmal durchdenken, Harper«, meinte Cameron nach einer Weile.
    »Wie bitte?« Ich hatte das Gefühl, mich nie mehr bewegen zu können. Der Stuhl umhüllte mich mit seiner vertrauten Form und der Geruch nach altem Leder und staubigen Akten hatte etwas Beruhigendes. Meine Augenlider waren so schwer, dass ich nicht anders konnte, als sie zu schließen.
    »Du scheinst ganz schön fertig zu sein. Vielleicht solltest du dich erst einmal ein bisschen ausruhen, ehe wir uns um das Harmonium kümmern.«
    »Geht nicht. Carlos und Edward schmieden bereits Pläne. Und je länger wir warten, desto besser stehen die Chancen für den Geist. Oder es passiert so etwas wie heute Abend. Viel mehr würde ich nicht ertragen. Wir müssen es jetzt ausschalten …«
    Cameron seufzte und ein langer blauer Nebel löste sich von seinem Mund. »Stimmt schon«, hörte ich ihn noch antworten, ehe sich ein sanfter Schleier über mich senkte und ich das Bewusstsein verlor.
    Ich wurde vom Surren des Piepers geweckt. Mein Büro war kalt und leer. Nur im Gang hörte ich ein Geräusch.
    Meine Brust schmerzte schlimmer denn je, sogar stärker als mein restlicher Körper.
    Etwas kratzte an der Tür und drückte dann dagegen. Ich hob mühsam den Kopf. Ein Flackern huschte durch mein Blickfeld. Ich konzentrierte mich und das Grau erstrahlte in hellen Sonnenfarben rund um die Tür. Dahinter bemerkte ich eine wilde, wütende Gestalt in Rot. Hastig schaute ich mich um und sah, dass das Grau überall um mich herum aufwallte und mein Büro mit dünnen, bebenden Fäden und einem kalten Nebel erfüllte.
    Alice kam durch die Tür auf mich zu geflogen. Reflexartig riss ich die Hände hoch und wehrte die roten Schwaden ihres bebenden Zorns ab. Nur wenige Zentimeter vor mir hielt sie inne, die Zähne gefletscht und ihre Hände wie Metzgerhaken auf meinen Hals gerichtet.
    Sie sah furchtbar aus. Ein langer Kratzer hatte ihre Wange zur Hälfte herausgerissen, sodass die Muskeln freilagen und der Mund schief in ihrem Gesicht zu hängen schien. Ihre Kleider waren zerfetzt und ihre Glieder entstellt. Eine schwarze Flüssigkeit sickerte hervor. Zorn, Schmerz und Aggression umgaben sie und sie stank nach Blut und ausgeweideten Körpern.
    Sie zischte mich durch ihren gebrochenen Mund an, während sie sich drohend über mich beugte. »Du falsche Schlange! Ich könnte dich in Stücke reißen, aber dein Blut wird mir besser bekommen.«
    Mein Herz raste und ich konnte kaum noch atmen. Ich schaffte es gerade noch, einige Wörter hervorzuwürgen. »Sie haben versprochen, mir nichts anzutun.«
    »Lügen, nichts als faule Lügen! Jetzt wirst du dafür sterben!«
    Ich erhob mich wankend und lehnte mich gegen den Schreibtisch. »Ich hatte mich bereiterklärt, Ihnen einen Weg zu Edward zu ebnen und dann zu verschwinden. Nur das und nicht mehr. Genau das habe ich getan. Ich habe Sie nicht an Ihrem Vorhaben gehindert. Ich habe Ihnen auch gesagt, dass Sie geduldig sein müssen. Sie haben es selbst vermasselt.« Mein Verstand wollte kaum noch funktionieren. Mir war schwindlig vor Erschöpfung und das Grau wand sich durch meinen Körper, um an meinen letzten Kräften zu zehren.
    Sie schrie vor Zorn auf, doch ihr Versprechen schien sie zu binden. Mein Gessa hatte mir das Leben gerettet.
    Sie starrte mich mit brennenden Augen an und versuchte, mir ihren Willen aufzuzwingen. »Ich werde einen Weg finden, und du wirst zusehen. Du wirst weder helfen noch dich dagegen stellen. Du wirst nichts tun, dann wird dir nichts geschehen. Brichst du aber dieses Versprechen, werde ich dich über Tage hinweg töten, mich an dir laben und deine Schreie wie einen köstlichen Wein in mich aufsaugen.«
    Ich konnte mich nicht von ihr losreißen und war zu erschöpft, um mich zu wehren. Aber es würde sowieso nichts mehr bedeuten, sobald das Harmonium beseitigt war. Ich nickte wie von selbst und keuchte: »Gut. Ich werde Ihnen nicht im Weg stehen.«
    Sie drehte sich um, stürmte aus dem Büro und warf die Tür hinter sich ins Schloss. Ich stürzte ohnmächtig zu Boden.
    Als ich wieder zu mir kam, war es bereits fünf Uhr morgens. Ich lag auf dem Boden, steif vor Kälte und völlig deprimiert. Mühsam schleppte ich mich nach Hause.
    Um zehn Uhr

Weitere Kostenlose Bücher