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Grieche sucht Griechin - Grotesken

Grieche sucht Griechin - Grotesken

Titel: Grieche sucht Griechin - Grotesken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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Hinfallen, sein Aufschlagen auf dem harten Boden, der sich mit Blut rötete, die Steine, die Fäuste, die ihn trafen, wie Hämmer, und sein zitterndes Ducken unter die Treppe des fremden Hausgangs, mit den polternden Schritten über ihm. »Ich will es tun«, sagte er.

    22

    Archilochos, entschlossen, sich an der Welt zu rächen, wurde von Fahrcks und seinen Begleitern mit einem amerikanischen Wagen an den Quai Tassigni gebracht, dem entlang er bis zum Quai de l’Etat (wo sich der Präsidentenpalais befand) zehn Minuten zu gehen hatte. Es war Viertel nach zwei. Der Quai war menschenleer und ein Viertelsmond war hinter der St.
    Lukas-Kathedrale aufgegangen, in dessen Licht die Eisflächen, die sich im Strom gebildet hatten, und die bizarren Zacken und Barte am zugefrorenen Cäcilienbrunnen schimmerten. Er bewegte sich in den Schatten der Palais und der Hotels, kam am ›Ritz‹ vorüber mit dem frierenden Türhüter davor, der auf und ab ging; doch begegnete er sonst niemandem, nur Fahrcks Wagen fuhr einige Male wie zufällig vorbei, prüfend, ob Archilochos den Befehl ausführe, hielt auch beim Polizisten vor dem Wirtschaftsministerium, um irgend eine fingierte Frage zu stellen, so daß Archilochos unbemerkt in den Hof gelangen konnte. Dort fand er die Leiter an der Mauer. Er fühlte in der Tasche seines alten, geflickten Mantels, den er 107

    von der Mansarde mitgenommen hatte, die Bombe, kletterte die Leiter hoch, zog sie, oben auf der schmalen Mauer sitzend, nach und ließ sie auf der anderen Seite hinab, stieg hinunter. Er stand auf einem hartgefrorenen Rasen und befand sich im Schatten einer Tanne, wie der Sekretär gesagt hatte. Von der Quaiseite her fielen grelle Lichter, und ein Auto tutete irgendwo, vielleicht Fahrcks, auch kam der Viertelsmond nun hinter dem Präsidentenpalais hervor, einem plumpen überladenen Barockgebäude (in allen Kunstbüchern abgebildet und von allen Kunsterklärern gepriesen). In der Nähe des Monds funkelte ein großer Stern, und die Bordlichter eines Flugzeugs zogen weit oben vorbei. Dann hallten Schritte über den gepflasterten Weg, der sich am Palais vorbeiwand. Er preßte sich gegen den Stamm, verborgen im Geäst der Tanne, das bis zum Boden reichte, ihn harzig umfing und mit den Nadeln sein Gesicht ritzte. Es waren zwei der Leibwache, die im Gleichschritt herankamen, zuerst nur als dunkle Silhouetten sichtbar, mit geschulterten Gewehren und aufgepflanzten Bajonetten, die weißen Federbüsche wippend im Mond. Vor der Tanne blieben sie stehen. Einer schob mit dem Gewehr die Äste zur Seite, doch gingen sie wieder weiter, da sie den Griechen nicht bemerkten, der den Atem anhielt, sich schon entdeckt geglaubt und die Handgranate bereit gemacht hatte. Sie waren nun hell beschienen vom Mond, so daß ihre goldenen Helme und Brustpanzer auf der historischen Uniform blitzten. Sie bogen um die Ecke des Palais. Er löste sich von der Tanne und eilte gegen die Hinterfront. Hier lag alles grell im Mondlicht, große Tannen und kahle Trauerweiden, ein vereister Teich und das Palais des Nuntius. Die Türe fand er sogleich. Der Schlüssel paßte. Er drehte ihn um, aber die Türe öffnete sich nicht. Sie mußte von innen verriegelt sein. Archilochos stutzte, jeden Augenblick konnte die Wache wiederkommen. Er trat in den Hinterhof und schaute die Fassade des Palais hoch. Die Hintertüre befand sich zwischen zwei nackte Marmorriesen gebettet, 108

    Kastor und Pollux offenbar, die auf ihren Schultern einen geschwungenen Balkon trugen (der sich nach seiner Berechnung vor dem Schlafzimmer des Präsidenten befand). Er begann entschlossen zu klettern, in einer Art Raserei, das Attentat dennoch auszuführen, einen Schenkel, einen Bauch, eine Brust hinan, krallte sich in einen Marmorbart, hielt sich an einem Marmorohr, stemmte sich an einem riesigen Haupte hoch und gelangte auf den Balkon. Vergeblich. Die Türe war nicht zu öffnen, und die Scheiben einzuschlagen wagte er nicht, hörte er doch nun die Schritte der Wache. Er legte sich auf den kalten Boden des Balkons nieder, die Wache kam im Gleichschritt wie das erste Mal, zog unter ihm vorbei. Die Balkontüre war von verschiedenen nackten Männern und Weibern umgeben, von überlebensgroßen Gestalten, mit Pferdeköpfen dazwischen, alle vom Mond hell beschienen, die miteinander in den fürchterlichsten und kompliziertesten Stellungen kämpften und sich zerfleischten, wie er, noch auf dem Balkon liegend, feststellte, eine Amazonenschlacht offenbar, und

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