Grieche sucht Griechin - Grotesken
eingeschlä-
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ferten Emilio den Brief aus der Tasche und öffnet ihn sorgfältig. Der Inhalt wird vorgelesen. Bébé la Rose, der Rivale, betritt die Schenke ›Zum Frommen Wunsche‹. Er liest den Brief ebenfalls. Homerische Reden des Gangsterkönigs und Bébé la Rose’s, jeder hat den Ehrgeiz, schlechter, verworfener, lasterhafter als der andere zu sein. Zweikampf, der unentschieden endet. Beide schießen gleich gut mit ihren Maschinenpistolen, so daß sich die Kugeln in der Luft treffen. Gangsterfrieden.
Feierlicher Schwur Pipi le Lis’ und Bébé la Rose’s, einander ihre Abstammung von Huren und Verbrechern zu glauben (Pipi ist in Wirklichkeit ein Lehrersund Bébé ein Pfarrerssohn). Sie beschließen, das Zäzilienstiftchen zu überfallen. Der Gutsherr Soederbloem soll gefangengenommen werden, wenn er das Stiftchen besucht. Dann legen sie den wieder sorgfältig ver-schlossenen Brief in Emilios Brieftasche zurück.
Emilio erwacht. Die Schenke ist leer, May verschwunden, aber der Brief ans Zäzilienstiftchen ist noch vorhanden. Hinter dem Schanktisch der blinde Celio, auf dem Boden der alte Schäferhund. Draußen in der Metzgergasse lehnen immer noch die Gangster an den Türpfosten und pfeifen ›Üb immer Treu und Redlichkeit‹. Der Briefträger gelangt mit seinem Rad zum Zäzilienstiftchen, vorsichtig durch das Getümmel der spielenden Kinder und der flatternden Tauben fahrend. Nachdem er den Brief der Pförtnerin abgegeben hat, wird er mit Kamillentee bewirtet.
Im Stiftchen herrscht Freude. Die Domina verkündigt, daß Gutsherr Soederbloem für drei Wochen eintreffen werde. Das Gästezimmer wird bereit gemacht. Schwester Röschen von den zehntausend Martern sieht Bébé la Rose, der sie um ein Stück Brot bittet, als Bettler verkleidet und in der Absicht gekommen, das Stiftchen auszuspionieren. Er erhält ein Butterbrot, das er mit großem Behagen verspeist, in den Anblick des errötenden Röschens versunken. In der Küche beginnen die Schwestern, zum großen Empfang Kuchen und Torten zu 142
bereiten.
Mister X fährt als Gutsherr Soederbloem zur Erde herauf.
Zuerst erscheint er einigen Bankiers, denen er Betrügereien nachweist. Zitternd sinken die Bankiers, einer nach dem andern, in ihre Schreibtischsessel zurück und füllen Mister X
Schecks aus. Im Besitz eines unermeßlichen Vermögens geht Mister X nun für das Stiftchen einkaufen: zu Dior, zu Fath, in die Parfümerien, in die Bijouterien, in die Warenhäuser. Er kauft die elegantesten Büstenhalter, fantastische Abendkleider, den teuersten Schmuck, die besten Weine, den ältesten Kognak, usw.
Einzug Mister X ins Zäzilienstiftchen mit einer Karawane von Dienstmännern, die seine Geschenke tragen. Überall in den Haustüren und hinter den Mauern warten die Gangster mit Maschinenpistolen und Messern.
Mister X wird im Zäzilienstiftchen empfangen. Frommer Gesang der Schwesterchen, Rede des gerührten Mister X über das Thema ›Tut nur Gutes‹. Dann läßt er seine Geschenke auspacken. Die Schwesterchen flüchten bestürzt, als sie die Büstenhalter, die Abendkleider, den Schmuck sehen, kommen dann aber wieder langsam, eins nach dem andern, hervor.
Probieren in ihren Zellen verschämt die Kleider, das Parfüm.
Nur die Domina bleibt standhaft.
Droben beobachtet Mister U in seinem Fernsehapparat die Verwandlung im Zäzilienstiftchen. Der Oberangestellte Y ist nachdenklich geworden. Schmuck und Abendkleider sind etwas Schlechtes, wie er glaubt. Er kann es nicht verstehen, daß sich die Schwesterchen damit kleiden, umso mehr, als Mister X ja nun Ferien genommen hat und das Schlechte nicht mehr vorhanden ist. Und gar das Parfüm. Der Oberangestellte ringt die Hände. Mister U dagegen schmunzelt. Ihm gefallen die Schwesterchen in ihren schönen Kleidern fast mehr denn zuvor.
Das Fest im Zäzilienstiftchen. Die Schwesterchen haben sich 143
nun in ihren Abendkleidern und in ihrem Schmuck hervorge-wagt. Nur die Domina ist standhaft geblieben. Durch die Fenster starren die Kinder und die Bewohner des Quartiers. Die Domina tanzt mit Mister X zu den Klängen eines Harmoniums einen Walzer, wenn auch gezwungenermaßen und mit schlechtem Gewissen. Sie möchte Mister X hinausweisen, aber da sie sein Geld nötig hat, beschließt sie, ihn zu dulden.
Die Gangster bereiten am anderen Morgen ihren Sturmangriff vor. Der Gangsterkönig geht bedächtig über den Platz.
Sobald er die andere Seite erreicht habe, solle der Sturmangriff beginnen, ist
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