Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
gegen die Schulter. »Unser Polizeipräsident wird sich der Sache gewissenhaft annehmen, nicht wahr?«
    Grim erwiderte nichts. Er betrachtete die Menschen, die sich gerade um Tomkin versammelt hatten und einem der Lieder des Barden lauschten, die manche von ihnen noch vor Kurzem vielleicht für verworren und verrückt gehalten hatten. Er sah Mia an, die seinen Blick fragend erwiderte. Er musste kein Wort sagen, damit sie verstand. Mit einem Lächeln nickte sie, und er ging an Mourier vorbei auf den Platz der Schlacht, dessen Steine langsam vom Gras der Felder durchbrochen wurden.
    Er spürte die Stille wie Wind auf seinem Gesicht, als Menschen wie Anderwesen die Köpfe wandten und ihn anschauten. Nach und nach verstummten die Gespräche, und für einen Moment sog er die Erwartung in sich auf, die er nun in zahlreichen Gesichtern lesen konnte.
    »Mein Name ist Grim«, sagte er und hörte, wie seine Stimme auf die Menschen zurollte und ihnen die Haare aus den Gesichtern strich, ohne dass sie vor ihr zurückwichen. »Ich bin eines der Anderwesen, das dafür zuständig ist, den hier anwesenden Menschen die Erinnerungen an die Geschehnisse der vergangenen Wochen und besonders der letzten Nacht zu nehmen.«
    Erschrockene Rufe hallten über den Platz. Die Menschen warfen den Schattenflüglern ängstliche Blicke zu, die wie Statuen am Rand des Platzes standen und zu ihnen hinüberschauten. Grim richtete seinen Blick auf die Menschen und ertrug regungslos die Furcht in ihren Augen, als sie ihn ansahen.
    »Auf meinen Befehl hin werden die befugten Gargoyles eure Gedanken lesen«, fuhr er fort. »Sie werden die relevanten Erinnerungen finden und sie löschen. Ihr werdet keinerlei Schmerzen dabei empfinden, und nach einem kurzen Schlaf werdet ihr erwachen und euch an nichts mehr erinnern, das eure bislang so heile Welt gefährden könnte. Seit Langem vollzieht sich dieser Vorgang immer wieder in der Menschenwelt, ohne dass ihr auch nur etwas davon ahnen würdet. Vor langer Zeit hat die Anderwelt, aus der ich stamme, sich dazu entschlossen, vor euch verborgen zu bleiben, um sich vor euch zu schützen — vor eurem Hass, vor eurer Ignoranz, vor eurem Neid. Es gibt tausend Gründe, aus denen ich sofort den Befehl geben müsste, euch die Erinnerungen zu nehmen.« Er hielt inne, auf einmal schlug sein Herz rasend schnell. »Doch ich werde es nicht tun.«
    Die Menschen sogen wie ein gewaltiges Wesen die Luft ein, doch auch die Anderwesen wandten überrascht die Köpfe, und Grim sah deutlich den flammenden Blick Mouriers, als er weitersprach.
    »Die Feen haben uns verlassen«, fuhr er fort. »Und auch wenn wir wissen, dass es keinen anderen Weg gab, sollten wir eines niemals vergessen: Diese Welt, die sich nun langsam wieder von dem befreit, was eigentlich ein Teil von ihr ist, gehört nicht Menschen oder Anderwesen, nicht Sterblichen oder Untoten, nicht Gut oder Böse. Diese Welt gehört uns allen. Heute Nacht haben wir ein Stück von ihr in die Verbannung geschickt, weil wir es verlernt haben, miteinander zu leben — weil wir die Welt auseinandergerissen haben in
unsere
Welt und die der
anderen.
Wir haben die Feen verloren, und vielleicht kehren sie niemals mehr in diese Welt zurück.«
    Er holte tief Atem und begegnete dem Blick Carvens, der inmitten der Menschen stand und regungslos zu ihm aufsah.
    »Aber das will ich nicht glauben«, rief Grim mit voller Stimme.
    »Ich will nicht glauben, dass sie uns für immer verlassen haben — und ich
werde
es nicht glauben! Heute Nacht haben Menschen und Anderwesen Seite an Seite gestanden gegen Hass und Zorn. Heute Nacht sind einige Menschen den ersten Schritt in Richtung einer friedvollen, geeinten Welt gegangen, ohne Furcht, ohne Eigennutz oder wie all die negativen Eigenschaften sonst heißen mögen, die dem Volk der Menschen von Anderweltseite so gern unterstellt werden. Heute Nacht waren die Menschen ein Teil unserer Welt. Gemeinsam haben wir gezeigt, dass die Welt im Ganzen mehr sein kann als das, was wir aus ihr gemacht haben, dass sie es verdient, dass wir um sie kämpfen — gemeinsam, nicht unwissend und blind füreinander und uns selbst!« Er hielt kurz inne. »Die Zeiten werden sich ändern. Bereits morgen werden die Anderwesen die Menschen wieder fürchten, und die Menschen werden nichts von ihnen ahnen, weil sie sich selbst verloren haben. Aber nicht alle! Denn als Polizeipräsident liegt die oberste Befehlsgewalt über die Gargoyles an dieser Stelle bei mir — und ich

Weitere Kostenlose Bücher