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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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in einer geheimen Angelegenheit unterwegs.«
    Die beiden Gargoyles schauten auf den Ausweis, den er ihnen entgegenhielt, und wechselten einen Blick. »Sieht so aus, als hätten wir einen Landsmann vor uns«, sagte die Frau mit einem Lächeln.
    Grim neigte den Kopf zu einer Verbeugung. »Ich komme aus Italien, in der Tat«, erwiderte er. »Ich wurde in den Festen des Ätnas geschmiedet, viele Jahre lebte ich in diesem Land. Dann führten mich die Umstände nach Ghrogonia.«
    Der junge Mann verzog das Gesicht. »Die Hauptstadt, die Hauptstadt!«, rief er theatralisch und lachte. »Als Neugeborener war ich dort — einmal und nie wieder. Sie haben mir den Daumen zerstochen und mir mit ihrem Scanner fast das Auge ausgebrannt!«
    Grim musste lachen. In Ghrogonia hätte eine solche Bemerkung Konsequenzen nach sich gezogen — wie oft hatte er das am eigenen Leib erfahren! »Seitdem hat sich nichts geändert«, erwiderte er. »Allerdings wird das GBG von Tag zu Tag dicker.« Die Frau verdrehte die Augen. »In Rom haben wir noch immer eine andere Art, mit Dingen umzugehen«, sagte sie mit einem Lächeln. »Dennoch müssen wir uns in Acht nehmen. Seit Wochen gibt es Unruhen in den Provinzen, Gestaltwandler, Vampire ... Wir rechnen täglich mit neuen Übergriffen, daher die Vorsicht. Aber ihr dürft selbstverständlich passieren. Schließlich sind wir Kollegen.«
    Grim lächelte. Er hatte schon die Hand zum Gruß erhoben, als ihm etwas einfiel. »Ihr könnt uns nicht zufällig sagen, wie wir nach Thyros kommen?«, fragte er so beiläufig wie möglich. Aber kaum dass er den Namen der Stadt ausgesprochen hatte, wurde die Frau schneeweiß unter ihrer ohnehin schon hellen Steinhaut, und der junge Mann umklammerte seine Fanfare, als wollte er sie erwürgen.
    »Die Eingänge wurden verschlossen«, sagte er mit heiserer Stimme. »Dort unten ist es nicht geheuer. Dort gibt es Schrecken, die ...« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann euch nur dringend abraten, dorthin gelangen zu wollen. Niemand, der seit der Alten Zeit nach dieser Stadt suchte, kehrte jemals zurück. Außerdem ist es verboten, sich dorthin auf den Weg zu machen. Zu gefährlich. Nur die Herzogin kann eine Ausnahme gestatten.«
    Grim nickte nachdenklich »Und die Herzogin ... ich meine, ihr alle ... ihr wohnt noch immer ...«
    Die Frau lächelte, wenn auch nur schwach. »Natürlich«, erwiderte sie leise. »Wo denn sonst?«
    Grim verabschiedete sich und setzte seinen Weg fort.
    »Was hat das zu bedeuten?«, flüsterte Mia an seinem Ohr. »Wieso haben sie mich nicht verhaftet? Sie haben mich so merkwürdig angesehen. In Ghrogonia wäre ich wahrscheinlich schon tot und du auch.«
    Remis hustete. »Ja, übergeht mich ruhig, schon gut. Ist nicht so wichtig.«
    Grim sank tiefer. Jetzt sah er die Lichter der Stadt unter den dicken Regenwolken und die blutroten Adern des Verkehrs. »Die Gargoyles von Rom sind anders«, sagte er leise, als spräche er zu sich selbst. Es schien ihm, als hätte er das vergessen, als wäre die Erinnerung ein Traum, der nun langsam aus den Tiefen seines Inneren auftauchte. »Sie waren es immer schon. Deswegen werden sie von den Gargoyles von Paris belächelt. Thoron und seine Truppen waren es, die die neue Richtung vorgaben — damals, als die Menschen kapitulierten. Sie waren sehr streng in allem, was sie taten, und sind es bis heute. Die Gargoyles Italiens hingegen ... sie ...« Er hielt inne. »Sie verwahren sich vor den neuen Gesetzen der Steinernen Gesellschaft — bis heute. Hier sind Gefühle und Leidenschaften kein Makel, im Gegenteil, denn die Gargoyles Italiens sind sich bewusst, dass diese Regungen eine Brücke sind zu jener Welt, mit der sie einst verbunden waren und nach der sich viele von ihnen noch immer sehnen: der Welt der Menschen. Die Gargoyles Italiens kämpfen nicht gegen ihre Sehnsucht an und verleugnen sie nicht. Aber sie leiden unter ihr.«
    Die Worte lagen schwer auf seiner Zunge, und gleichzeitig ließen sie einen ehernen Ring um seinen Brustkorb zerspringen, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass er da gewesen war. Er spürte Mias Atem an seiner Wange, zart wie ein Schmetterlingsflügel.
    Er holte Luft, ehe er fortfuhr: »Für die Gargoyles Ghrogonias hingegen sind Empfindungen wie Sehnsucht oder Trauer höchstens Mittel zum Zweck — zumindest bemühen sie sich redlich darum, dass es so ist. Deshalb belächeln sie euch Menschen — und beneiden euch aus demselben Grund: weil ihr Leidenschaften habt, während sie

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