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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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mit neuer Kraft in unsere Reihen aufgenommen wurdet — wir sind die Hoffnung dieser Stadt, die Hoffnung der Anderwelt! Jetzt ist nicht die Zeit für Zweifel! Es ist eine Zeit für Helden! Wir sind eherne Engel, Helden auf Flügeln aus Stein. Und wir sind bereit, zu alter Stärke zurückzukehren. Was auch immer Seraphin vorhat — wir werden uns nicht als Werkzeuge missbrauchen lassen! Wir werden uns ihm widersetzen! Vertreiben wir diesen Hybriden aus unserem Turm! Es ist unsere Stadt — holen wir sie uns zurück!«
    Ein Raunen ging durch die Reihe der Schattenflügler wie ein Aufatmen unter einem Panzer aus Stein, der langsam anfing zu bröckeln. Grim sah die Ehrfurcht in den Augen der jungen Rekruten und den widererwachenden Kampfgeist im Blick seiner alten Gefährten. Nur Kronk schaute nicht auf. Schweigend starrte er vor sich auf den Tisch, als wäre er nichts als eine leblose Statue aus Stein. Gerade wollte Grim sich abwenden, als Kronk den Kopf hob, langsam, als würde er aus tiefem Schlaf erwachen.
    »Ja«, sagte Kronk mit tiefer, steinschwerer Stimme und erhob sich. »Wir werden dem Bösen begegnen und es vernichten wie eine Laus im Pelz eines Bären. Wie in alten Zeiten!«
    Und während er Grim in die Augen sah, erhoben sich auch die anderen Schattenflügler, und in ihrem Blick glühte das Feuer vergangener Heldenzeiten. Lautlos legten sie die rechte Faust auf die linke Brust — das Zeichen der Kameradschaft unter den Schattenflüglern. Grim spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken flog, als er diese Geste erwiderte. Kronk stand regungslos. Dann zog ein Lächeln über das Gesicht seines alten Gefährten, kaum mehr als eine Ahnung war es, doch es wärmte Grim wie ein Umhang aus Feuer.
    »Nun«, sagte Mourier und ließ Grim den Blick wenden. Der Löwe stand auf, langsam, als wollte er zum Sprung ansetzen. Für einen Augenblick sah er Grim an. Dann lächelte er und schaute mit einem Glitzern in den Augen in die Runde. »Darauf habe ich lange gewartet«, sagte er leise. »Auf die Rückkehr der Besten in unsere Reihen.«
    Und mit lautloser Geste zog er sich die Mütze vom Kopf.
    Grim wusste, dass die Zeiten sich ändern würden — dass er vermutlich schon bald wieder mit einem anstrengenden Vorgesetzten zu kämpfen hatte, der Tüll und Kostüme liebte und merkwürdige Vorstellungen von Uniformen hatte. Doch in diesem Moment erkannte er den Krieger in Mourier, und er wusste, dass er diesen Anblick niemals mehr vergessen würde.

Kapitel 38

    ia erwachte von einem markerschütternden Schrei.
    Schlaftrunken setzte sie sich auf und brauchte einen Moment, um zu wissen, wo sie war. Sie befand sich in ihrer Kammer. Neben ihr auf der Pritsche lagen die Reste ihres Abendbrots. Sie hatte kaum etwas zu sich nehmen können, so erschöpft war sie gewesen — und so enttäuscht. Noch immer konnte sie das Pergament nicht lesen, und über die weiteren Schritte hatte Theryon sich in Schweigen gehüllt. Überhaupt war er nach ihrem Versuch, die Zeichen zu entziffern, seltsam wortkarg gewesen. Die dunklen Adern unter seiner Haut waren noch stärker hervorgetreten, und um seine Augen hatten sich schwarze Schatten gebildet.
    »Diese Welt«, hatte er gesagt, als sie ihn darauf angesprochen hatte, »sie setzt mir zu.«
    Dann hatte er sie auf ihr Zimmer geführt und ihr eine gute Nacht gewünscht. Sie hatte geschlafen wie ein Stein — bis jetzt.
    Da war er wieder, dieser Schrei. Wie das Heulen eines Wolfs hallte er durch die Gänge und ließ sie erschaudern. Schnell sprang sie aus dem Bett, schlüpfte in ihre Schuhe und warf sich den Mantel um die Schultern. Es war kalt in diesem Gemäuer, verflucht kalt sogar. Vorsichtig öffnete sie die Tür und schlich über einen dunklen Gang. Da sah sie einen Schatten. Es war Theryon. Er war an dem Korridor vorbeigegangen, seltsam geduckt und mit schwankenden Schritten. Er hatte sie nicht gesehen.
    Schnell eilte sie ihm nach, über Treppen und durch dunkle Räume, bis er einen Kuppelsaal betrat, in dessen Mitte ein goldenes Pentagramm gezeichnet worden war. Direkt darüber klaffte ein Loch in der Decke, durch das silbriges Licht fiel. Theryon trat in das Pentagramm und ließ das Licht über sein Gesicht fließen. Die Strahlen verfärbten sich golden, und er stand regungslos, beide Arme weit von sich gestreckt.
    Mia verbarg sich hinter der Tür, die in den Raum führte, und wäre fast zusammengefahren, als zum dritten Mal der Schrei erklang. Er schien von überall her zu kommen.

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