Grim - Das Siegel des Feuers
flackernde Flammen hinter Glas. Doch das alles sah Grim kaum. Er schaute auf die leuchtende Kugel, die in der Mitte des Zimmers in der Luft schwebte — gleißend wie ein Ball aus Feuer, aber so hell, dass Grim meinte, erblindet zu sein, als er sich abwandte. Der Zauber des Rattenfängers. Zu seiner Bestürzung musste Grim feststellen, dass der Zauber sich bereits verfärbt hatte. Sein Licht war nicht mehr weiß und hell, wie es bei einem frisch gesprochenen Zauber üblich war, sondern rot, ein blutiges, schmutziges Rot, das an den Wänden des Raumes flackerte wie tausend Flammen. Bald würde er sich mit seiner Vollendung schwarz gefärbt haben. Dann wären alle Gargoyles Ghrogonias in Seraphins Gewalt.
Vraternius eilte auf den Zauber zu. Was dann geschah, erlebte Grim wie in Zeitlupe. Denn gerade als der Gnom die flammende Kugel erreicht hatte, sprang Krallas vor. Er packte Vraternius an der Gurgel, hob ihn weit über seinen Kopf und schleuderte ihn mit einem Hitzeblitz so heftig gegen die nächste Wand, dass der Gnom augenblicklich das Bewusstsein verlor. Grim stand da wie erstarrt. Das durfte nicht wahr sein. Vor ihnen stand Krallas, den Kopf tief geneigt. Er grinste voller Hohn. Und langsam zog sich der Stein von der linken Hälfte seines Gesichts zurück.
»Verräter«, schrie Mourier in einer Lautstärke, die Grim auf der Stelle aus seiner Starre riss. Eine Falle. Sie waren in eine verfluchte Falle geraten. Blitzschnell stürzte er zur Tür, die sich in diesem Moment mit lautem Poltern schloss. Gleichzeitig traten mindestens zwanzig Schwarzmagier aus den Schatten und auf die Gruppe zu.
Grim wich zurück, er spürte Kronks Rücken an seinem. »Marn phrata!«, brüllte er, dass die Wände bebten, und ließ tanzende Flammen in der Luft entstehen. Mit einer Drehung seines Handgelenks rasten sie auf zwei der Hybriden zu. Augenblicke später begann das Geschrei. Grim roch verbrannte Haut, doch er achtete nicht darauf. Wütend ballte er die Klaue, überzog sie mit Winden aus Eis und schmetterte sie gegen die Magier, die sich wie die Bienen auf die Feinde stürzten, die es gewagt hatten, in ihr Reich einzudringen. Doch plötzlich ebbten ihre Angriffe ab und versiegten schließlich. Die Hybriden hatten einen Schutzschild um sich gezogen und standen regungslos dahinter. Grim zog die Brauen zusammen. Noch war keiner seines Teams verwundet worden — mit Ausnahme von Vraternius —, aber er wusste, dass sie keine Chance gegen die Magier hatten. Rücklings zogen sie sich in der Mitte des Raumes zusammen, wie flüssiges Blei, das sich in einer Senke verbindet. Die Magier starrten sie aus kalten Augen an. Da hörte Grim Schritte, die Tür öffnete sich, und im nächsten Moment betrat Seraphin den Raum. Er schien förmlich entzückt zu sein, ihn wiederzusehen.
»Wie schön«, rief er und breitete beide Arme aus, während er auf Grim zutrat, »dass du es einrichten konntest, mir zu meiner Krönung zu gratulieren.« An seinem Arm funkelte das Zepter der Gargoyles. Grim hörte, wie Mourier neben ihm die Luft einsog. »Ich dachte schon, du hättest dich auf ewig aus meinem Leben zurückgezogen, nachdem du so großzügig mit mir verfahren bist.«
Grim spuckte Seraphin vor die Füße und zwang ihn so zum Anhalten. »Ich fange an, mein Handeln zu bereuen«, grollte er. »Niederträchtiger Auswurf von einem Hybriden, was fällt dir ein, den Thron des Königs zu besteigen?«
Seraphin büßte nichts von seinem Lächeln ein. »Nicht doch«, sagte er abwinkend. »Ich habe meinen eigenen Thron. Und ich werde mein eigenes Volk haben, nicht wahr?«
Heiseres Lachen erklang aus den Mündern der Hybriden.
»Es hat lange gedauert, bis ihr euch hierher gewagt habt«, sagte er bedauernd. »Doch dank meines treuen Informanten ist ja alles doch noch so gekommen, wie ich es mir gedacht habe.«
Krallas stand dicht hinter Seraphin. Am liebsten hätte Grim ihm das höhnische Grinsen aus dem Gesicht gerissen. Er hatte sie getäuscht. Seit Wochen, nein, seit Monaten hatte er sich in den Gedärmen der OGP festgesetzt und jede noch so kleine Information sofort seinem Herren erzählt. Jede Information ... Grim ballte die Klauen. Von ihm hatte Seraphin von Jakob erfahren — der Junge war verfolgt worden, nachdem er Bericht erstattet hatte, und noch immer erinnerte er sich daran, wie Krallas ihn durch den Spalt der Tür beobachtet hatte. Er spürte, wie die Wut in ihm überhandnahm. Schon trat er einen Schritt auf Krallas zu, doch da sprang Mourier
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