Grim - Das Siegel des Feuers
seit einer Weile hatte er immer wieder an der Wand einer Gasse gelauscht, regungslos und hingegeben, als würde er etwas hören, das seinen Begleitern verborgen bleiben musste. Jetzt schien er gefunden zu haben, was er suchte. Lautlos landete Grim neben Walli und Kronk. Sie beobachteten, wie Karphyr mit angespanntem Ausdruck auf dem Gesicht in die Pranken spuckte und seinen Speichel, der übrigens so leuchtend lila war, dass es Grim in den Augen wehtat, auf einem goldenen Mauerstück verteilte. Dann murmelte er etwas, schlug noch einmal in die Pranken — und im nächsten Moment flogen Grim Goldstückchen ins Gesicht, dass es nur so klirrte.
»Was, zur Hölle ...«, begann er, doch schon hatte Karphyr ihm seine schuppige Pranke auf den Mund gepresst und sah ihn mit seinen brillenvergrößerten Augen an. Langsam legte er einen Finger auf seine Lippen und deutete in das Loch, das er soeben ohne Vorwarnung in die Wand gezaubert hatte. Dahinter erstreckte sich ein schmaler Tunnel.
Grim wischte sich den Goldstaub vom Gesicht und folgte dem Drachen. Sofort schlug ihm der Gestank der Kanalisation entgegen, und er schob sich die Klaue unter die Nase, während die anderen durch die Öffnung sprangen und Karphyr den Spalt mit raschen Bewegungen seiner Pranken wieder schloss. Grim konnte sich nicht davon abhalten, einen Finger auf die neu geschaffenen Steine zu legen, die aussahen, als wären sie seit Jahrhunderten an diesem Platz gewesen. Mit leisem Knistern glitt sein Finger hindurch. Ein Illusionszauber! Anerkennend nickte er Karphyr zu, der das Team zu einem nahe gelegenen Kanaldeckel winkte Der Drache kletterte voran, wieder lauschte er eine halbe Ewigkeit, bis er den Deckel vom Schacht schob und die anderen hinter ihm ins Freie klettern konnten.
Mit angehaltenem Atem sah Grim sich um. Sie befanden sich in einer Gasse — und dort, noch immer in einiger Entfernung, aber nun nicht mehr durch die Schleier aus Licht von ihnen getrennt, erhob sich der Turm. Wachtposten standen davor, doch sie schienen keine Störung zu erwarten.
»In der Tat«, murmelte Grim. »Wir sind drin.«
Sein Blick glitt über die Fassade des Turms. Es gab mehrere Fenster, alle waren verschlossen. Nur im dritten Stockwerk stand ein Flügel ein wenig vor. Grim wandte sich Mourier zu und deutete darauf. Der Löwe nickte. Im nächsten Moment stürzte Grim sich vor. Pfeilschnell schoss er aus seinem Versteck den Turm hinauf, löste den Haken vom Fenster, schob es auf — und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass es sich, wie auf dem Grundriss des Turms verzeichnet, um einen riesigen Abstellraum handelte. Schnell gab er Mourier ein Zeichen, glitt lautlos ins Innere des Turms und lauschte. Vereinzelt hörte er Schritte und Stimmen, aber die Hybriden waren weit genug entfernt, um die Ankunft des Teams nicht zu bemerken. Karphyr war nicht dabei. Er würde im Schutz der Kanalisation auf ihre Rückkehr warten.
Grim schlich voran. Sie verließen das Zimmer und huschten lautlos durch die marmornen Gänge des Turms. Es war nicht weit bis zu ihrem Ziel. Nur einmal begegnete ihnen ein Hybrid, den Walli so schnell ausschaltete, dass er kaum vorher die Luft ausstoßen konnte. Dann erreichten sie den Raum des Rattenfängerzaubers. Grim spürte die Magie sofort, die von ihm ausging, und er sah an Mouriers Blick, dass er damit nicht allein war. Drei Hybriden waren vor der Tür in ein Gespräch vertieft. Grim gab Kronk und Walli ein Zeichen. Ohne den Überraschungseffekt auf ihrer Seite hätten sie keine Chance gehabt, so viel war klar. Aber so bündelte Grim seine Kräfte mit Kronk, ließ zwei der Hybriden im Ewigen Sturmwind erstarren und belegte sie mit einem Kältezauber. Walli warf den Dritten mit dem Eisigen Hauch zu Boden, und noch ehe einer von ihnen etwas hätte tun können, legte Mourier ihnen Bannnebel um die Kehlen, die jeden Laut erstickten. Eilig schleppten sie die Hybriden in ein verlassenes Zimmer, umwickelten sie mit brennenden Schnüren und ließen sie zurück. Normalerweise würden sie Tage brauchen, um sich von diesen Fesseln zu lösen, aber Grim wusste, dass er es mit Schwarzmagiern zu tun hatte. Es würde nicht lange dauern, dann hatten sie sich befreit.
Schnell stürzten sie in den Raum des Rattenfängerzaubers. Er war groß und düster und verlor sich an den Seiten in undurchdringlichen Schatten. Niemand war anwesend. Dafür standen zahlreiche Zauberutensilien herum, gläserne Kanülen, gurgelnde Flüssigkeiten in durchsichtigen Töpfen,
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