Grim - Das Siegel des Feuers
vor.
»Verfluchter!«, rief der Löwe und bäumte sich auf. Noch nie hatte Grim ihn so gesehen. Seine Augen brannten in ihren Höhlen, schwarze Flammen loderten auf seinem Fell, und als er den Kopf zurückriss und brüllte, gefror Grim das Blut in den Adern. Dieser Löwe hatte den Lindwurm bezwungen, daran gab es keinen Zweifel. Für einen Moment sah Mourier ihn an.
»Flieht«, zischte er. Dann sprang er auf Seraphin zu und riss ihn zu Boden. Sofort stürzten sich die Magier vor. Kronk und die anderen befolgten Mouriers Befehl und rannten aus dem Raum, doch Grim rührte sich nicht. Wie betäubt sah er, wie Seraphin das Zepter emporriss und es Mourier vor die Brust schlug. Mit einem Brüllen flog der Löwe durch die Luft — und landete mitten im Feuer des Rattenfängerzaubers. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Seraphin starrte auf die Flammen, die sich auf Mourier stürzten, sein Gesicht entgleiste. Dann richtete Mourier sich im Feuer auf. Er sah Grim direkt an.
»Du sollst fliehen!«, brüllte er, und Flammen schlugen Grim ins Gesicht. »Das ist ein Befehl an einen Schattenflügler!«
Mit diesen Worten sprang Mourier aus dem Feuer. Im Flug schlug er die Pranken zusammen. Eine gewaltige Explosion ließ Teile der Decke einstürzen, polternd landeten die Bruchstücke auf den Hybriden. Grim sah noch, wie Mourier sich ein zweites Mal auf Seraphin stürzte. Dann warf er sich vor. Er sprang an Mourier vorbei zu Vraternius, der mit verbranntem Arm noch immer regungslos am Boden lag, warf sich den Gnom über die Schulter und folgte den anderen, fort aus dem Turm, hinab in die Kanalisation. Die Dunkelheit der Tunnel nahm ihn auf, doch sie kühlte nicht die Hitze in seinem Gesicht. Mouriers Augen standen vor ihm, wieder und wieder hörte er seine Stimme.
Das ist ein Befehl an einen Schattenflügler!
Verflucht noch mal, er hatte noch nie einen seiner Leute irgendwo zurückgelassen. Was fiel Mourier ein, ihm einen solchen Befehl zu erteilen! Abrupt blieb er stehen. Ohne ein Wort zu verlieren, machte er kehrt. Karphyr bemerkte es als Erster und eilte ihm hinterher.
»Was soll das?«, wisperte der Drache und hielt sich an Grims Arm fest, der ihn einfach mitschleifte.
»Unter den Turm«, raunte Grim und legte dem Drachen den bewusstlosen Vraternius in die Arme. »Zeig mir den Weg, oder ich finde ihn selbst.«
Karphyr starrte erst ihn und dann Vraternius an. Dann setzte er sich wortlos in Bewegung. Jetzt hatten auch die anderen Schattenflügler mitbekommen, dass Grim umgekehrt war. Eilig liefen sie ihm nach, doch keiner stellte eine Frage. Auf einmal schien es Grim, als würden sie alle dasselbe denken und als wäre er nur der Erste gewesen, der gehandelt hatte. Schweigend führte Karphyr sie durch die Dunkelheit. Grim kam es vor wie eine Ewigkeit. Mehrfach mussten sie Hybriden ausweichen, die ihnen aus dem Dorn gefolgt waren und nun wie die Verrückten die Tunnel absuchten. Doch sie rechneten offensichtlich nicht damit, dass die Gargoyles zum Turm zurückkehren würden. Bald klangen ihre Schritte nur noch von ferne an Grims Ohr.
Endlich blieb Karphyr stehen. Mit schmalen Augen deutete er nach oben. Grim legte die Hand an die Decke und lauschte. Es war nichts zu hören. Kurz entschlossen jagte er einen Donnerzauber durch seine Finger. Sofort pulverisierte der Stein, und Grim konnte durch ein Loch nach oben klettern. Er bedeutete den anderen, im Tunnel zu warten. Wenn hier Köpfe rollen sollten, dann war sein eigener genug. Für einen Moment stand er regungslos. Er befand sich in den ehemaligen Kerkern des Dorns. Hier hatten sämtliche Hybriden auf ihre Hinrichtung gewartet. Es war verteufelt dunkel, selbst er musste sich anstrengen, um in der Finsternis etwas sehen zu können. Er schlich sich vor, vorüber an den Zellen, die verlassen dalagen wie ausgeweidete Gerippe. Dennoch war das Tor, das hinaus auf einen dämmrigen Gang führte, verschlossen.
Grim stöhnte. Der Schlüssel — wie konnte es anders sein — hing vermutlich am Gürtel irgendeines Hybriden in diesem verdammten Turm. Ein Flackern ging durch seinen Blick. Was dachte er für einen Unsinn! Wofür brauchte er einen Schlüssel? Er packte das Tor an den Streben und riss es mit einem einzigen heftigen Ruck heraus. Dann verließ er das Gewölbe und schlich den Gang hinauf, der sich in langen Spiralen aufwärtswand. Schatten kauerten in den Nischen an den Wänden. Angestrengt lauschte Grim, er witterte, doch er roch nichts als modrigen Stein. Da
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