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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Monsieur Pite, früherer Pfarrer der Kirche Saint-Jacques-la-Boucherie, und sein — Grim hielt inne. Ja, was eigentlich? Er senkte den Blick und dachte an damals zurück, als er auf der Suche nach einer neuen Unterkunft durch Paris gestreift war. Er war nicht wie andere Gargoyles, da hatte Moira ganz recht. Er brauchte einen Platz für sich, einen Ort, wo er in Ruhe versteinern und wieder erwachen konnte, eine vertraute Umgebung, in der er sich sicher fühlte, ein Zuhause. Zuerst hatte er in den Katakomben gewohnt, eine Weile sogar unter der Oper. Doch dann war alles komplizierter geworden, auf einmal waren überall Menschen gewesen, er hatte sich einen neuen Platz suchen müssen und den Turm Saint Jacques gefunden. Dieser war im Flamboyantstil errichtet worden, das filigrane Maßwerk der Fassade erinnerte in seiner Kunstfertigkeit an Flammen und entsprach damit genau Grims Geschmack. Darüber hinaus bot der Turm genügend Platz für einen angemessenen An- und Abflug und war problemlos mit einem magischen Fahrstuhl zu versehen gewesen, der Grim in sein eigenes unterirdisches Reich brachte. Dort hatte er sich nach und nach ein Heim geschaffen, und manchmal war er nachts, wenn die Kirche verlassen gewesen war, um ihre hohen Säulen gegangen und hatte durch die Fenster das Mondlicht auf sich gefühlt. Eine Weile hatte er dort ganz passabel gelebt, bis eines Tages der alte Pfarrer — ein mürrischer Kerl, der nur zu seinen Predigten vom Jüngsten Tag überhaupt in der Kirche erschienen war — verstorben und ein neuer gekommen war. Und dieser neue war anders gewesen. Er stromerte wie ein streunender Kater durch die ganze Kirche, fand sogar die Kellergewölbe, in denen Grim zur Bauzeit seines unterirdischen Domizils einige Steinquader abgestellt hatte. Und er spielte zu jeder Tages- und Nachtzeit auf der Orgel.
    Ein Schauer lief Grim über den Rücken, als er daran dachte, wie er zum ersten Mal diese Musik gehört hatte. Er war gerade aus der Stadt gekommen, es hatte bereits gedämmert, und schon von ferne waren ihm die Klänge der Orgel entgegengeschwappt wie Wellen aus schweren, seidenen Tüchern. Bezaubert hatte er sich ins Kirchenschiff geschlichen und den dünnen, kleinen Pfarrer mit dem zerzausten Haar spielen sehen, der viel mehr ausgesehen hatte, als hätte er bei den Elfen im Wald gelebt als in einer großen Menschenstadt. Niemals, daran erinnerte Grim sich genau, war er von etwas so ergriffen worden, und er fand bis zum heutigen Tag keine Worte dafür. Vor lauter Zauber hatte er das Morgenlicht vergessen, nie war ihm das bis dahin passiert. Noch immer schüttelte er den Kopf, als er darüber nachdachte, und er sah ihn noch immer vor sich, den staunenden Pfarrer, als er am nächsten Abend erwacht war. Wie ein Kind hatte er vor ihm gehockt, auf dem Boden, und zu ihm aufgesehen. Er war nicht erstaunt gewesen, der kleine Monsieur Pite, nur verzaubert, ebenso wie Grim von seiner Musik. Eine Weile hatten sie sich angeschaut, regungslos, wie träumend. Dann war Monsieur Pite aufgestanden, hatte Grim die Hand hingehalten und mit einem zaghaften Lächeln gesagt: »Es freut mich, endlich Ihre Bekanntschaft zu machen. Ich habe mir schon gedacht, dass jemand wie Sie hier sein muss. Irgendetwas war in der Luft, verstehen Sie?« Noch immer klang sein jungenhaftes Lachen in Grims Ohren wider. Von diesem Tag an waren sie — ja, sie waren Freunde gewesen, Moira hatte recht gehabt, und sie waren es geblieben, bis zu dem Tag, an dem Monsieur Pite ihn verlassen hatte.
    Mit einem Stöhnen streckte Grim seine Glieder. Er würde Moira nicht verraten, das wusste sie ebenso gut wie er. Und er würde auch den Jungen nicht an die OGP ausliefern, dafür wusste er zu gut, was sie mit Hartiden anstellten. Aber er konnte die Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen lassen. Moira würde ihm nicht helfen, das hatte sie unmissverständlich klargemacht. Sie ließ ihm keine Wahl. Er musste diese Sache selbst in die Hand nehmen, und es gab nur eine Möglichkeit dazu. Entschlossen erhob er sich in die Nacht. Er musste den Jungen finden.

Kapitel 6

    ie Tür zu Jakobs Wohnung klemmte. Zweimal musste man in Kniehöhe gegen das Holz treten und gleichzeitig den Türknauf gegen den Uhrzeigersinn drehen, ehe sie sich öffnen ließ. Mia hatte diese Tür und ihren Eigensinn von Anfang an gemocht, aber in dieser Nacht ging sie ihr unwahrscheinlich auf die Nerven. Warum war ihr Bruder nicht da? Wo trieb er sich mitten in der Nacht herum?
    Sie fand den

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