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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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starrte sie ebenso fassungslos an wie sie ihn.
    Jakob!«, sagte sie und ließ die Hand sinken.
    Eindeutig, es war ihr Bruder, der da mit teilweise zerrissenen Kleidern und merkwürdigen Kratzspuren im Gesicht vor ihr stand. Das Portal — denn offensichtlich war es genau das — löste sich langsam hinter ihm auf.
    »Was tust du hier?«, fragte er kaum hörbar. »Vergiss, was du gerade gesehen hast.«
    Mia kam auf die Füße. Sie stieß die Luft aus. »Soll das ein Witz sein? Ich weiß nicht, was hier los ist, aber ich werde gar nichts vergessen. Gerade hat mich eine Horde Zombies mit Eiskanonen verfolgt, und jetzt beamst du dich durch die Gegend wie Captain Kirk!«
    In kurzen Sätzen berichtete sie ihm von ihren Erlebnissen auf dem Polizeirevier und dem Friedhof Als sie fertig war, schien Jakob keineswegs beunruhigt zu sein. Vielmehr wirkte er nachdenklich und — erleichtert. Er ging an ihr vorbei und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Erst jetzt bemerkte Mia, wie sich die Kratzer auf seiner Haut schlossen, wie sie verblassten und schließlich verschwanden. Sie deutete auf sein Gesicht, brachte aber keinen Ton über die Lippen. Jakob sah sie ernst an. Gerade öffnete er den Mund, als ein gewaltiger Knall ihn zusammenfahren ließ. Mia schrie auf und riss das CS-Gas in die Höhe, aber Jakob winkte ab. Vollkommen ruhig ging er zu seinem Regal und hob den Atlas auf, der zu Boden gefallen war.
    »Vielleicht ein Poltergeist«, meinte er, als gäbe es nichts Normaleres auf der Welt. Er kehrte zu seinem Stuhl zurück und sah sie eine Weile an, ohne etwas zu sagen. Dann lächelte er. Kaum merklich deutete er auf die Bilder ihres Vaters an den Wänden.
    »Weißt du noch, was er uns sagte, als wir klein waren?
Alles ist möglich — eines Tages.
Und er hatte recht. Er ... du ... ich ... Wir haben besondere ... Fähigkeiten. Wir ... Warte!«
    Er sprang auf, lief zu einem Bücherstapel und zog einen alten Schuhkarton dahinter hervor. Schnell schob er den Deckel beiseite, entnahm einen silbernen Kreisel und stellte ihn vor Mia auf den Tisch. »Sieh hin«, sagte er leise, aber seine Stimme verbarg nicht die Aufregung, mit der er sprach.
    Widerwillig schaute Mia auf den Kreisel, dessen wirbelnde Spirale sie seltsam müde machte. Sie fühlte, wie ihr die Augen zufielen und dachte noch:
Was für ein billiger Trick.
Sie hörte Jakobs Worte wie aus weiter Ferne, es war, als würde er ihr eine Geschichte in einer fremden Sprache erzählen. Lange hörte sie ihm zu, so schien es ihr, halb schlafend, halb wachend. Dann fühlte sie die Kälte. Erschrocken riss sie die Augen auf, aber sie war nicht mehr in Jakobs Wohnung. Sie war wieder auf dem Friedhof, und alles passierte noch einmal: das Eis, die Geisterwesen über den Gräbern, der Fremde ...
    »Halt!«
    Jakobs Stimme klang in ihren Ohren wider, und sie stellte fest, dass alles um sie herum stillstand. Es war, als hätte er die Zeit angehalten.
    »Achte nicht auf ihn. Achte auf dich.«
    Mia spürte wieder den eisigen Hauch an ihrem Gesicht. Panik erfasste sie, sie warf sich herum und schrie. Im selben Moment durchzog sie rasender Schmerz. Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Als sie wieder zu sich kam, saß sie auf dem Klappstuhl in Jakobs Wohnung. Er sah sie an, ein triumphierendes Lächeln lag in seinem Blick. Eisiger Wind fuhr ihr unbarmherzig in den Nacken. Sie wandte sich um und sah ein riesiges Loch im Fenster, als hätte jemand einen Stein hindurchgeworfen.
    »Was ...«, begann sie, doch im nächsten Moment sah sie die Eisblumen, die sich langsam von den Wänden zurückzogen. Sie fuhr sich mit der Hand über den Mund. Ihre Finger waren kalt — und blaue Fünkchen sprangen über ihre Handfläche. Sie trafen den Boden, wo sie zu Eisblumen wurden, und erloschen.
    »Du warst das«, hörte sie Jakob sagen. »Du hast alles in Eis verwandelt.«
    Mia sah ihn an. »Ich?«, flüsterte sie.
    Jakob nickte. Er zog etwas aus seiner Tasche, es war ein silbernes Amulett mit einem matten tiefschwarzen Stein darin. Mit feierlicher Miene legte er ihr das Schmuckstück um den Hals. »Du hast eine besondere Begabung. Du spürst, dass mehr in der Welt steckt, als dein menschliches Auge sieht. Die Sehnsucht nach diesem Unbekannten hat dich zu der gemacht, die du bist: ein schwarz gewandetes Dämmerkind, das lieber Bilder auf Friedhöfen malt, statt ... Dinge zu tun, die Mädchen in deinem Alter eben tun.«
    Mia musste lächeln, doch Jakob sah sie ernst an.
    »Du bist ausgeschlossen, Mia. Und

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