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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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durchwehte den Raum, und es wurde kalt, als es verklungen war. Jakob hatte den Blick sinken lassen, sein Lächeln war verschwunden. Nun hob er den Kopf.
    Ich habe sie verlassen,
sagte er.
Du darfst ihr das nicht antun.
    Eine Weile sahen sie sich an, dann schüttelte Grim den Kopf. »Nie«, sagte er leise.
    Jakob ließ das Buch auf den Tisch sinken, es machte kaum ein Geräusch, und doch zuckte Grim zusammen. Er hob die Hand und winkte Grim zu sich. Lautlos beugte er sich neben Jakobs Mund und hörte die Worte, die er ihm zuflüsterte. Langsam nickte er. Eine Weile schwiegen sie. Dann spürte Grim, wie Licht in seinem Rücken aufflackerte, helles, gleißendes Licht. Noch einmal neigte er vor Jakob den Kopf, dann wandte er sich zum Gehen. Er hatte schon die Hand an die Tür gelegt, hinter der das Licht flammte wie die Sonne selbst, als er noch einmal über die Schulter zurückschaute.
    Jakob saß da, sein Blick war noch immer klar wie der eines Lebenden.
    Wir sehen uns wieder, Menschenkind,
sagte Grim auf Grhonisch.
Wir sehen uns wieder in der Zwischenwelt.
Ein Flackern wie Dankbarkeit ging über Jakobs Gesicht. Grim lächelte leise. Dann wandte er sich ab und schritt durch die Tür.
    Hel erwartete ihn, oder sie wartete auf nichts — regungslos saß sie auf ihrem Thron, bis Grim vor ihr stehen blieb und den Kopf neigte. Erstaunt stellte er fest, dass sie in Menschengestalt verharrte.
    »Nun«, hörte er ihre Stimme. »Du bist vor den Schatten nicht geflohen. Dann will ich mein Wort halten.«
    Sie erhob sich, hoheitsvoll dieses Mal, und trat zu ihm. Und ehe er etwas dagegen hätte tun können, beugte sie sich vor und küsste ihn. Für einen Augenblick glaubte er, in einem Meer aus Finsternis ertrinken zu müssen, er sah die Nacht, wie sie mit wehenden Tüchern um ihn toste und jeden seiner Sinne in Dunkelheit hüllte. Im nächsten Moment spürte er Hels Einsamkeit, war selbst nicht mehr da, war nur noch sie, und er war betroffen, als sie sich von ihm löste. Sie nickte leicht, als sie ihn ansah.
    »Ich danke dir«, sagte sie leise. »Ich habe gefühlt, was du fühlst.«
    Da ging ein Dröhnen durch den Raum. Erschrocken sah Grim, wie die Decke aufriss und strahlendes Licht hereinfiel. Gleichzeitig stiegen Nebel auf, sie drehten sich schnell und immer schneller, bis sie in einer gewaltigen Spirale durch den Riss in der Decke schossen.
    »Meine Königin«, begann er. »Woran erkennt Ihr, dass ich ...« Er verstummte, als er sie lächeln sah.
    »Dass du geworden bist, der du bist?«, fragte sie und lachte leise. »Aber sieh dich doch an!«
    Verwirrt hob Grim den Blick zu dem Spiegel, der sie geworden war — und fuhr zurück. Ein Junge stand da mit dunklem Haar und großen schwarzen Augen, der Junge aus dem Meer, er war vielleicht neun Jahre alt, und er lächelte, als er die Hand an den Spiegel legte — von innen. Grim streckte den Arm aus, das Glas war kühl an seinen Fingern. Da zog es sich zurück, für einen Moment spürte er wieder die Hand des Kindes, zart wie ein Blütenblatt. Dann kroch Raureif über den Spiegel, und als Grim den Blick hob, war Hel zurück. In ihren Augen erkannte er sich. Seine Haut war zart, die Narbe über seinem Auge kaum mehr als ein blasser Streifen.
    Als Gargoyle war er in die Hölle gegangen — als Mensch würde er aus ihr zurückkehren.

Kapitel 56

    ie Flamme der Kerze war schwarz. Mia hockte in ihrem Sessel, sie war in Gedanken versunken.
Ja, ich glaube dir.
Sie streckte die Hand nach dem Feuer aus und sah, wie sich Raureif auf ihre Finger legte.
    »Wärme wirst du da nicht finden.«
    Morls Stimme ließ sie sich umwenden. Sie erschrak, als sie ihn sah. Ein gehetzter, fiebriger Ausdruck lag in seinem Blick, und als er einen Stuhl zu ihr heranzog, zitterten seine Hände.
    »Was ist es denn mit dir los?«, fragte sie instinktiv leiser, doch Morl zuckte zusammen, als hätte sie gebrüllt. Er sah sich um, doch die Tür war fest verschlossen.
    »Weißt du noch, als wir darüber sprachen, ob du Seraphin glaubst?«, fragte er.
    Mia nickte.
    »Du hast mich gefragt:
Woher weißt du, dass du ihm trauen kannst? Woher weißt du, dass er wirklich tut, was er sagt?«
Er knetete seine Hände, als wüsste er nicht, wohin mit ihnen. »Diese Frage hat mich die ganze Nacht über wach gehalten, nachdem wir aus dem Hospital gekommen sind. Ich habe mich selbst gefragt: Woher weiß ich das eigentlich? Ich meine ...« Er lachte verkrampft auf. »Ich kenne Seraphin erst seit kurzer Zeit, und er hat schon so

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