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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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anderem wurde. Plötzlich sah er schimmernde Schuppen auf den blassen Armen der Königin, ihre Haut wurde durchscheinend. Noch immer schaute sie ihn an, doch ihr Gesicht veränderte sich, die Nase zog sich zurück, der Mund wurde breiter, auf einmal sah er sich einem Fisch gegenüber — oder einem Wesen, das lange im Meer gelebt hatte. Verwirrt fuhr er sich über die Augen und musste feststellen, dass die Königin sich schon wieder verwandelte. Grüne Fingernägel wuchsen aus ihren Händen, ihr Körper überzog sich mit seidigen Federn, winzige Ohren entstanden zu beiden Seiten des Kopfes, und statt des Fischmauls besaß sie nun einen roten Vogelschnabel.
    »Deine Augen können mich nicht sehen«, hörte er ihre Stimme, tief und dunkel wie der Klang einer sehr großen Glocke. Ihr Bild flackerte vor seinem Blick, es war, als durchliefe sie in rasender Geschwindigkeit tausend Erscheinungsformen. Dann saß ihm wieder der Mensch gegenüber — nein, sie war ein Gargoyle, feine Risse durchzogen den Stein ihrer Haut, und um ihre Finger hatte sich Moos gelegt. »Sie sehen, was sie sehen wollen.«
    Grim wusste nicht, was er erwidern sollte. Verwirrt sah er Hel an, die nun in der steinernen Gestalt verharrte.
    »Meine Königin«, brachte er hervor und stellte zu seiner Beschämung fest, dass seine Stimme zitterte. Schnell neigte er den Kopf.
    »Ich weiß, warum du gekommen bist — Kind des Feuers«, unterbrach sie ihn.
    Erstaunt hob er den Kopf, denn er hatte das Lächeln in ihrer Stimme gehört.
    »Ja, das bist du«, fuhr sie fort. »Ich weiß von der Karte und dem Siegel des Feuers, mit dem die Freien sie verschlossen haben. Immer birgt ein solches Siegel ein Geheimnis, das die Welt verändern könnte — das ist wahr. Weiter heißt es, das Siegel des Feuers sei das Zeichen für Veränderung. Aber das ist nicht richtig. Das Siegel allein bedeutet gar nichts. Es zeigt Möglichkeiten auf, weiter nichts. Der Wandel beginnt mit der Sehnsucht — und die liegt in den Herzen der Wesen, in einigen schwach, in anderen stärker — und in manchen so strahlend und hell, dass sie sich eines Tages ihren Weg brechen wird: so wie bei dir. Du bist ein Kind des Feuers — des Wandels — der Veränderung, und du kannst die Flamme weitergeben, wenn sie lichterloh in dir brennt. Es gibt nicht viele Wesen, die diese Gabe haben: die Welt aus den Angeln zu heben. Du hast sie. Du trägst den Samen in dir, und wenn er aufgeht, wird der Mond in anderen Farben strahlen und die Sonne in anderem Licht. Du wirst aus den Schatten treten — und die Welt wird sich wandeln. Du wirst brennen — Kind des Feuers.«
    Grim merkte, dass er fröstelte. »Ich muss zurückkehren«, sagte er mit fester Stimme. »Die Welt steht vor schweren Stunden und ...« Er stockte.
    Hel lachte leise. »Oh ja«, erwiderte sie. »Ich habe ihren Namen gehört ... Mia ... Mia ...«
    Grim fuhr zusammen, als die Worte tausendfach gebrochen in dem endlosen Raum widerhallten. Plötzlich war die Stimme der Königin kalt geworden — oder bildete er sich das nur ein? Sie saß noch genauso da wie vorher, selbst das Lächeln auf ihren Lippen war noch dasselbe. Da erhob sie sich mit einer Schnelligkeit, dass Grim der Atem stockte. Schon stand sie vor ihm, so nah, dass er die Linie ihres Halses sehen konnte. Ihre Augen waren zwei Winterseen, eisig und schön, und sie hielten seinen Blick fest. Sie schien etwas in ihm zu suchen, er fühlte, wie sie die Mauer seiner Gedanken zerschlug — noch nie zuvor hatte er so empfunden, nicht einmal, als das Feuer Bythorsuls seine Erinnerungen gefressen hatte. Niemandem war es gelungen, so mühelos in seinen Kopf zu sehen, nicht einmal Seraphin. So also fühlte es sich an, wenn jemand die eigenen Gedanken las. Grim spürte, dass er zitterte. Dann zog Hel sich zurück. Sie nickte leicht.
    »Viele sind vor dir gekommen.
Bring mich zurück,
riefen sie.
Ich bin noch nicht fertig.
Doch sie waren fertig. Meine Schwester Bythorsul hat sie in ihre Arme gezogen, und sie haben alles vergessen, was sie waren und wollten. Andere stürzten sich meinem Bruder Fenris in den Rachen, da sie seinen Gesang nicht ertrugen, und er verschlang sie in einem Stück. Du bist anders als alle, die vor dir kamen. Ich werde dich gehen lassen. Doch niemand, der sich selbst nicht kennt, darf aus meinem Reich zurückkehren in die Welt der Lebenden. Du beschreitest einen Weg, der erst mit dem Tod endet — und bisweilen noch nicht einmal dann: Werde, der du bist.« Ihre Worte klangen

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