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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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viel für mein Volk verändert. Und trotzdem ... Auf einmal hatte ich ein komisches Gefühl, wenn ich an seine Reden dachte, die er zu Beginn an uns gerichtet hat, oder an seinen Blick, wenn er über Gargoyles und Menschen sprach.« Er schüttelte den Kopf. »Auf einmal habe ich überall Anzeichen dafür gesehen, dass etwas nicht stimmt. Es war, als hätten deine Fragen in mir einen Schleier zerrissen, den ich nur zu bereitwillig über ein Stück Finsternis gebreitet hatte.« Er holte tief Luft. »Jedenfalls habe ich mich umgehört. Es gibt einen Raum in diesem Turm, der nicht jedem offen steht — nur Seraphin selbst und seine Schwarzmagier haben Zutritt. Dort befindet sich Seraphins Planbuch. Es ist kein gewöhnliches Buch, es ist ein Gerät mit einer Leinwand, auf der er ...«
    »Ich weiß«, unterbrach Mia ihn. Grim hatte ihr von diesem Gerät erzählt, auf dessen Leinwand er damals die willenlosen Gargoyles über Paris gesehen hatte.
    Morl fuhr sich über den Mund. Er sprach jetzt so leise, dass Mia sich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. »Seraphin sagt, dass er eine freie Welt schaffen will, eine Welt, in der Menschen und Gargoyles und Hybriden und alle übrigen Wesen friedlich zusammenleben können, nicht wahr? Das hat er dir erzählt?«
    Mia nickte.
    »Mir hat er dasselbe gesagt. Genauso wie all den anderen Rebellen, die aus dem Untergrund zu ihm gekommen sind.« Er schüttelte den Kopf. »Ich war in seinem Zimmer, Mia. Ich habe mich hineingeschlichen und in seinem Buch ... gelesen. Seine wahren Pläne sehen anders aus als alles, was er uns erzählt hat — ganz anders.« Er schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. »Ich will sie dir zeigen.«
    Mit klopfendem Herzen folgte Mia ihm über den Gang.
    Schwarzmagier gingen an ihnen vorüber und maßen Mia mit abschätzigen Blicken. Sie schienen alle ein Ziel zu haben, und als Mia Morl darauf ansprach, erwiderte er: »Sie treffen sich zu einer ihrer Sitzungen. Deswegen ist der Zeitpunkt günstig — weder sie noch Seraphin können uns stören ... wenn wir uns beeilen.«
    Vor einer Tür aus Ebenholz blieb er stehen. Flüchtig sah er sich um, zog einen Schlüssel aus seiner Tasche und öffnete sie. Schnell schlüpften sie ins Zimmer. Erleichtert atmete Mia aus. Sie waren allein.
    Sie befanden sich in einem prunkvollen Saal. Kostbare Vorhänge hingen vor den hohen Fenstern, überall standen vornehme Möbelstücke herum. Über einem schwebenden Würfel mit verschiedenen blinkenden Schaltern hing eine Leinwand. Zielstrebig ging Morl darauf zu und bediente einen der Schalter. Sofort stieß der Würfel einen leisen Pfeifton aus.
    Die Leinwand wurde hell. Sie zeigte ein steinernes Gesicht mit wächsernen Augen. Mia hielt den Atem an. Von diesem Gesicht hatte Grim ihr erzählt — und auch das, was darauf folgte, kam ihr bekannt vor. Sie sah, wie weißes Feuer in den Augen des Gargoyles aufflammte, hörte seinen Schrei, als er den Kopf in den Nacken riss, und fand sich im nächsten Moment Hunderten von Gargoyles gegenüber. Sie flogen und liefen durch die Nacht, alle mit diesem toten weißen Leuchten in den Augen, wie Grim es beschrieben hatte, und wie er schauderte auch Mia, als sie die Geräusche der Schwingen hörte und das mechanische Stampfen steinerner Füße. Morl bediente den Würfel, aber Mia beachtete ihn kaum. Die Körper der Gargoyles machten ein Geräusch wie sich aneinander reibende Schuppenleiber. Sie ertrug diese Töne kaum, und als die Gargoyles plötzlich aus ihren unzähligen Mündern einen einzigen Schrei ausstießen, fuhr sie zusammen. Noch nie hatte sie einen solchen Laut gehört — selbst die Gesänge der Toten mussten dagegen lebendig klingen. Sie sah, wie sich der Mond blutrot verfärbte und wie die Gargoyles wie eine Welle aus gewaltigen Ameisen über Paris herfielen. Die Schreie der Menschen, die dann folgten, ließen ihr das Blut in den Adern gefrieren.
    Aber Seraphin hatte ihr die Bilder erklärt. Vielleicht war alles ein Missverständnis, vielleicht interpretierte Morl das Gesehene falsch, vielleicht ... Wieder schrie einer der Menschen, und in diesem Moment wusste Mia, dass es kein Vielleicht mehr gab. Sie starrte auf die Leinwand, unfähig, sich abzuwenden, und folgte einem breitschultrigen Gargoyle vor ein Schlafzimmerfenster. Sie sah die schlafenden Menschen in ihren Betten — es war ein junges Ehepaar, ein kleines Kind schlief in seinem Gitterbettchen neben dem Bett der Eltern. Mia hörte, wie Morl neben ihr einen Schalter

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