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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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mit gewöhnlichem Petroleum zu tun ... Es gab noch weitaus gefährlichere Sorten. Dieser Mensch hatte sich also geschützt, gar nicht dumm.
    Da bewegte sich etwas in den Schatten der Wohnung. Grim hielt den Atem an, doch statt des Mannes, den er mit Moira gesehen hatte, trat ein junges Mädchen in den Lichtkranz einer Lampe. Ihr dunkles Haar umrahmte ihr Gesicht wie Seide ein zerbrechliches Juwel. Unruhig ging sie im Zimmer auf und ab. Sie war allein.
    Gerade wollte Grim sich abwenden, als sie den Kopf hob und ihn mit einem wachsamen, durchdringenden Blick ansah. Natürlich konnte sie ihn nicht sehen, dafür war das Zimmer zu hell erleuchtet, und auf der Straße war es dunkel — und doch
sah sie ihn an.
Sie hatte grüne Augen wie das Meer bei einem Gewitter, und in ihrem Blick lag Sehnsucht nach etwas, das unerreichbar war, etwas, gegen das man sich wehrte und das man doch nicht verleugnen konnte, etwas, das er lange gesucht hatte, ohne überhaupt davon zu wissen, und als sie den Blick abwandte, schien es ihm, als hätte man ihm mit glühendem Eisen ein Mal auf die Stirn gebrannt. Nur einmal hatte er etwas Ähnliches gefühlt. Orgelmusik rauschte in seinen Ohren, so laut, dass es ihm wehtat, und er wandte sich ab.
    Remis musterte ihn fragend, aber zur Abwechslung war er klug genug, den Mund zu halten. Gerade sagte das Mädchen etwas, doch Grim wollte ihre Worte nicht hören. Er biss sich auf die Lippe, bis er Blut schmeckte, schwarzes, schweres Steinblut. Dann hob er den Blick und fixierte das Mädchen, doch als er zum zweiten Mal in ihre Augen sah, fühlte er nichts mehr.
    »Er ist nicht da«, flüsterte er Remis zu. »Das ist
die
Gelegenheit.« In knappen Worten berichtete er dem Kobold von dem Treffen Moiras mit dem Menschen und der Übergabe des rätselhaften Pakets. »Er wird es bestimmt nicht die ganze Zeit mit sich herumtragen«, stellte er fest. »Es ist sicher noch in der Wohnung, und jetzt, wo er nicht da ist ...«
    Remis stieß die Luft aus. »Ja, jetzt, wo er nicht da ist, willst du mal eben an der Haustür klopfen und dem netten Mädchen da drinnen ein bisschen Todesangst bereiten?«
    Grim verdrehte die Augen. »Ich bin nicht derjenige, der für seine Kletterkünste und Diebstähle bekannt ist. Ich dachte immer, das wärest du.«
    Remis riss die Augen auf. »Ich soll ...« Er fuchtelte mit der linken Hand so schnell durch die Luft, dass ihre Konturen verwischten, und nickte in Richtung Fenster. »Da rein?«
    Grim nickte. »Du suchst das Paket und bringst es her.«
    Ein geheimnisvoller Klang hatte sich in seine Stimme geschlichen, der Klang nach Abenteuern — jener Klang, der Remis regelmäßig das Herz in die Hose rutschen ließ. Aber Grim kannte seinen Freund, und er sah es genau: dieses dunkle, spitzbübische Funkeln in den Koboldaugen, wenn es darum ging, etwas auszufressen.
    »Oder hast du etwa Angst?«, raunte Grim ihm ins Ohr, und damit hatte er ihn.
    »Pah!«, machte Remis, sauste zum Fenster und spähte vorsichtig hindurch. Aufgeregt deutete er auf ein flirrendes Portal, aus dem gerade der junge Mann zum Vorschein kam. Grim zog die Brauen zusammen. Er spürte die Kraft eines nicht gerade unbedeutenden Zaubers. Aber das war jetzt unwichtig. Wichtig war das Paket. Er schob Remis mit dem kleinen Finger näher ans Fenster und machte eine eindeutige Kopfbewegung.
Egal. Da rein!
    Remis deutete auf den jungen Mann, Grim zuckte die Achseln, Remis riss die Augen auf, Grim nickte noch einmal, Remis seufzte und gab sich geschlagen.
    Grim sah zu, wie sich das Leuchten um den Koboldkörper reduzierte, bis nur noch ein schwaches Glimmen zu sehen war. Er nickte Remis aufmunternd zu.
Los.
    Gerade hörte der junge Mann fasziniert zu, wie das Mädchen irgendetwas erzählte, und bemerkte nicht, wie Remis das Fenster ein winziges Stück weit anhob, um sich hindurchzuschieben. Gespannt sah Grim zu, wie der Kopf des Kobolds sich durch den Spalt drückte, und atmete erleichtert aus. Wenn der Kopf erst einmal durch war, kam der Rest von allein hinterher, das war wie bei den Ratten.
    In der Tat schloss Remis das Fenster nach wenigen Augenblicken von innen und sprang in einigen gewagten Sätzen von Lampenschein zu Lampenschein. Mit vollendet detektivischer Miene durchsuchte er den Boden und einige Bücherhaufen, die ungeordnet überall im Zimmer herumlagen. Bei den Zeitungen blieb er stehen, und erst als er sich eine ganze Weile nicht mehr bewegt hatte, stellte Grim fest, dass er las. Entschlossen pfiff er auf

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