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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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hatte vor langer Zeit.
    Mit leisem Flüstern entfachte Lyskian das Portal, das sie in ihrer Vision gesehen hatten. In silbernen Linien bildete es sich aus dem halb verkohlten Mauerrest heraus. »Dort könnten wir Antworten finden«, murmelte er, doch Radvina verschränkte entschlossen die Arme.
    »Unter keinen Umständen gehe ich da durch«, sagte sie und riss die Augen so weit auf, dass Grim kurz fürchtete, sie könnten ihr aus dem Schädel springen. »Ich habe das schon einmal gemacht, und so bin ich in dieses … dieses Höllenlabyrinth gekommen! Einmal und nie wieder, das sage ich euch! Das ist eine Falle, garantiert, und … «
    Jaro schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das eine Falle ist. Ohne Lyskian hätten wir die Vision gerade wahrscheinlich nie gesehen und wären nicht darauf gekommen, dass sich dort ein Portal verbirgt. Eine Falle so gut zu verstecken, wäre sinnlos.«
    Grim verschränkte die Arme vor der Brust. Sosehr ihm Jaros gleichgültige Art und dieser Glanz in seinen Augen, der sich jeden Moment in Tücke und Verschlagenheit verwandeln konnte, missfiel – dumm war er nicht.
    »Und seht euch das Grab an«, warf Mia ein. »Der Tod dieses Jägers scheint den Bund zerschlagen zu haben, aber sein Grab wird noch immer gepflegt. Der Stein ist frei von Asche und Staub. Bei dem Wind, der durch die Ruinen streift, müsste der Schmutz sich mit der Zeit auch auf dem Grab ablegen.« Sie nickte langsam. »Jemand kommt hierher, um sich um das Grab zu kümmern, und ich vermute, dass er dafür das Portal benutzt, um sich den Weg durch das Labyrinth zu ersparen.«
    »Das kann ich verstehen«, murmelte Edwin kaum hörbar.
    »Irgendjemand pflegt das Andenken der Akademie«, sagte Mia und strich vorsichtig über die Wange des Vampirs. »Fharrl hatte recht: Ihr Herz schlägt noch immer. Wir … «
    Ihre Worte wurden von einem plötzlichen Grollen übertönt, dicht gefolgt von einem heftigen Beben. Grim konnte gerade noch das Gleichgewicht halten und Remis krallte sich an seinem Mantel fest, als direkt vor ihnen eine Fontäne aus schwarzem Feuer aus dem Boden brach. Mit mächtigem Dröhnen ging ein Riss durch den Stein und setzte sich in rasender Geschwindigkeit quer über den Hof fort.
    »Schnell!«, brüllte Grim und packte Edwin, der ihm am nächsten stand, am Kragen. »Zum Portal! Beeilt euch!«
    Entgegen Grims Erwartungen setzte der Hartid sich sofort in Bewegung, doch noch ehe er den Säulengang erreichte, schossen meterhohe purpurfarbene Flammen aus den Rissen im Boden und schnitten ihm den Weg ab. Fauchend schlug das Feuer nach ihm aus, er sprang zu Grim zurück und griff nach Radvinas Arm, die schreckensstarr auf die um sich greifenden Flammen starrte. Im letzten Moment konnte Jaro mit schnellem Sprung über einen Riss zu ihnen übersetzen, und Grim zog Mia an sich.
    Die Flammen hatten sie eingeschlossen, Schlangenköpfe tauchten darin auf, die zischend die Mäuler aufrissen und Gesänge durch die Luft schickten. Mit einem Donnerhieb schlug Grim sie zurück, doch sie krochen über die Steine auf die Gruppe zu und zerrissen die Luft in flirrender Glut. Schon griff Edwin sich an die Kehle, Radvina begann in der Hitze zu taumeln, und selbst Grim spürte, wie ihm das Feuer den Atem nahm. Gerade wollte er es mit einem Sturmzauber durchbrechen, als Lyskian durch die Flammenwand sprang. Sein Mantel stand in weißem Feuer, eilig zog er Radvina und Edwin an sich, und bevor sie wussten, wie ihnen geschah, raste er mit ihnen dahin. Grim ballte die Fäuste, sein Sturmwind teilte die Flammen, er fühlte die Bisse der Schlangen an seinen Klauen, als er den Riss aufrecht hielt. So schnell er konnte, eilte er mit den anderen hindurch. Kühl legten sich die silbernen Lichter des Portals auf seine Haut. Das Letzte, was er sah, war die Gestalt des toten Rhak’ Hontay auf seinem Grab. Dann hüllte das Licht ihn ein.
    Er rechnete damit, in einer Höhle zu landen, in einem anderen Bereich der Akademie vielleicht oder irgendwo an einem ihm völlig unbekannten Ort. Doch er irrte sich. Er nahm den Duft von Petroleum wahr, hörte das Klackern hölzerner Füße, und noch ehe er sich umschaute, wusste er, wo er sich befand.
    »Verflucht noch eins«, grollte er finster. »Was zur Hölle wird hier gespielt?«

Kapitel 20
    Die Marionetten hingen in langen Reihen von der Decke,hockten auf den ausrangierten Lesesesseln und bevölkerten die Regale, auf denen sich hölzerne Arme, Köpfe und Beine ebenso stapelten wie

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