Grim
weiteren Schaden erleiden konnte, stieß er die Faust vor und schleuderte seinen Peiniger in die Flammen. Mit heiserem Schrei verbrannte der letzte Dämon, woraufhin die Flammen sich zu dem Kreis zusammenfügten, den Samhur zu Beginn des Rituals entfacht hatte. Das Geflecht gab ihn frei, keuchend fiel er zu Boden, und das Feuer erlosch.
Mia zögerte nicht. Eilig lief sie auf Samhur zu und ließ sich neben Grim fallen, der einen Heilungszauber durch den Körper des Jägers schickte. Blut lief aus zahlreichen Wunden an Armen und Händen, doch als Lyskian die Hand über Samhurs Brust bewegte, regte dieser sich. Mia fuhr zusammen, so plötzlich war diese Bewegung gekommen, und sie musste sich vorbeugen, um die Worte zu verstehen, die der Jäger nun mit blutverkrusteten Lippen flüsterte.
Er ist hier.
Erschrocken wich sie zurück. Die Worte waren in ihre Gedanken geflogen, aber nicht Samhurs Stimme hatte sie getragen, sondern die Stimme von … Ehe sie den Namen auch nur denken konnte, riss der Jäger die Augen auf. Sie waren golden – wie der Schatten der Verkommenheit, der sie verfärbt hatte.
Verus , schoss es Mia durch den Kopf, und im selben Moment sprang Samhur mit überraschender Geschwindigkeit auf die Beine. Er schlug Grim und Lyskian mit einem so heftigen Bann zurück, dass sie benommen zusammenbrachen. Ein Lachen drang aus seiner Kehle, und als er auf Mia zutrat war es, als ob eine eisige Klaue ihr die Luftröhre zudrückte.
Tochter des Sturms ,rauntederDämon,undsiewusstenicht,obseineStimmeausSamhursMunddrangoderoberseineWortedirektinihreGedankenschickte,grausamundtödlich,wiesieimmergewesenwaren. Komm zu mir und werde eine Tochter … der Verkommenheit!
Mia taumelte vor ihm zurück. Sie versuchte, Samhur in dem Körper zu erkennen, der sich ihr näherte, doch es schien, als hätte Verus jede Spur seines Wesens ganz und gar ausgelöscht, und er bewegte sich starr wie … Mia hielt inne. Wie eine Marionette. Kaum hatte sie das gedacht, hörte sie Samhurs Stimme in ihrem Kopf, ruhig und deutlich. Man könnte meinen, dass mehr in ihnen steckt als Tod und Ewigkeit, nicht wahr? Und manchmal glaube ich, dass dem auch so ist. Für einen Moment sah Mia etwas wie Erstaunen über das Gesicht ihres Gegenübers gleiten. Dann sprang sie vor. Blitzschnell griff sie nach dem Diamanten, der an Samhurs Gürtel hing, und presste ihn gegen dessen Stirn. Verus schrie auf, die Haut unter dem Kristall verkohlte, und Mia spürte, wie er sie zornig anstarrte. Einen Moment später kehrte das Blau Samhurs in die Augen zurück, und der Jäger brach zusammen. Das Lachen des Dämons aber war voller Hohn, und es klang in dem Raum wider, bis Samhur hustete.
Die Stille, die darauf folgte, war nicht mehr als ein flatterndes Tuch über einem Abgrund. Mühsam kam der Jäger auf die Beine, seine Wunden heilten rasch, doch in seinen Augen stand ein Ernst, der Mia schaudern ließ.
»Was zur Hölle«, begann Grim und rappelte sich auf, aber noch ehe Lyskian warnend die Hand heben konnte, fixierte Samhur ihn mit seinem Blick und ließ ihn verstummen.
»Sprich nicht von Dingen, von denen du nichts verstehst«, sagte der Jäger düster. »Du hast die wahre Hölle noch nicht gesehen, törichter Hybrid.« Er fuhr sich übers Gesicht, feine Aschespuren blieben an seiner Stirn haften.
»Verus wurde gewarnt«, sagte Lyskian. »Oder irre ich mich?«
Samhur schüttelte den Kopf. »Nein. Hätte ich keine Vorkehrungen getroffen, wären wir jetzt alle Sklaven seines Willens.«
Remis zog die Brauen zusammen. »Gewarnt? Aber … «
»Ihr habt die Dämonen gesehen, die überall durch die Stadt streifen«, erwiderte Samhur ruhig. »Ihr habt die Beleidigungen gehört, die uns die Mutigen unter ihnen zuwarfen, und mit Dämonen ist es wie mit Ratten: Dort, wo man einen von ihnen sieht, verbergen sich Hunderte in den Schatten. Glaubt ihr etwa, dass nicht die Mehrzahl von ihnen auf Verus’ Seite steht?«
Mia schwieg für einen Moment. »Ihr sagtet, er wäre hier«, flüsterte sie dann. »Soll das bedeuten … «
Samhurs Augen lagen im Dunkeln, als er sie ansah. »Verus lauert in den Schatten«, murmelte er. »Weit, weit unter dieser Stadt. Er hat sich in die Ödnis der Zeit zurückzogen, in die Finsternis jenseits allen Sagens, dorthin, wo früher die Scharlachblüten wuchsen in ewiger Verdorbenheit. Einst war es der Hauptsitz der Dämonen in dieser Welt, doch dies ist lang, viel zu lang her, als dass selbst ich mich noch daran erinnern könnte. Es ist
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