Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
Vom Netzwerk:
Augen loderte. Gerade, als die Geräusche um ihn leiser wurden und er überdeutlich das Rauschen der Nacht hörte, die hinter dem Eis und dem Blau lag, tief verborgen in der Ewigkeit des Vampirs, senkte Samhur den Blick.
    Grim fühlte sich wie aus einer dunklen Umarmung entlassen, doch der Zorn in ihm schwieg. Erst jetzt nahm er die grünen Lichter wahr, die über den verkrusteten Stein zuckten, und er spürte die Kälte des Zaubers, den der Jäger auf das Gebäude gelegt hatte. Er schaute zu Kronk hinauf und ertrug den Blick in das Gesicht seines Gefährten, das von dem Dämon fratzenhaft verzerrt wurde. Selbst auf die Entfernung spürte er die Qual, die Kronk erleiden musste, und er schaute ihm in die Augen, die noch immer in kalter weißer Glut standen.
    Ich bin hier , raunte er in Gedanken, und er sah seine Worte in die Dunkelheit fallen, in die Kronk geschleudert worden war, und als winzige Funken erlöschen. Ich bin hier und ich werde euch befreien – und dann werden wir dem Bösen begegnen und es vernichten wie eine Laus im Pelz eines Bären. Wie in alten Zeiten!
    Er wusste nicht, ob das Flackern in Kronks Blick mehr war als eine Täuschung, aber für einen Moment zog er etwas wie Wärme und Hoffnung daraus.
    Schneidend drang das Lachen zu ihm, das plötzlich über die Dächer flog. Die Dämonen waren unter den Hieben der Schattenflügler zur Ruhe gekommen und hatten sich auf den Kuppeln, Türmen und Häuserdächern niedergelassen. Gleich darauf brandete ein mächtiges Dröhnen vom Hradschin herab. Grim hob den Blick – und vergaß zu atmen.
    Die Prager Burg hatte sich in einen Sitz dämonischer Kraft verwandelt. Fast alle Gebäude ringsum waren zu organischen Steinformationen geworden. Sie trugen nadelspitze Dächer, Schindeln wie die glänzenden Panzer schwarzer Käfer zogen sich darüber hin, und überall wucherten Pflanzen über die Häuser und Straßen. Der Burgwall sah aus wie ein gewaltiger Schlangenleib mit seinen schillernden Schuppen, und dort, die Schwingen angelegt und die Klauen drohend um die Türme des Veitsdoms geschlungen, erhob sich ein steinerner Drache aus dem Gebäude. Sein Leib war teilweise mit dem Dom verwachsen, so dass Grim nicht sagen konnte, ob er aus dem Dom gewachsen war oder der Dom aus ihm. Doch obwohl er in schwarzer Lava erstarrt war und sich nicht mehr an ihm rührte als sein gewaltiger Schatten, der flackernd über die sich noch immer verwandelnde Stadt strich, spürte Grim den Blick aus den eiskalten Augen auf sich ruhen, und er erschrak, als er den goldenen Schein bemerkte, der nun durch die Iris des Drachen ging.
    KronkunddieanderenSchattenflüglerlandetenaufdermächtigenKlaue.Grimhörte,wiederDrachedieLufteinsog – dasgewaltigeAtemholeneineruraltenMacht.Undalsersieausstieß,sahGrimdieGlutherdeüberallinderStadtaufglimmen,undesschienihm,alswürdederAtemdesUntiersjedenPflastersteindurchdringen,jedeStraße,jedenKiesel–alswäreganzPragzueinemDrachengeworden.
    Ein mächtiges Rauschen zerriss die Luft. Grim zog Mia an sich, als die Glutherde der Stadt sich in grünem Feuer entfachten. Und dann brach Verus aus dem Schlund des Drachen hervor, umtost von lodernden Flammen. Ein gewaltiger Blitz zerbrach den Himmel über dem Dom, und als der Dämon vor den Schattenflüglern auf der Klaue landete, erschuf er ein riesiges Abbild seines Selbst, das aus der Himmelskluft auf die Stadt niederstarrte.
    »Car’lay Ythem!«, rief er, und seine Stimme grollte nicht allein von der Burg über die Gassen hinab, sie brach auch aus den Flammen des Feuers, das er entfacht hatte. Die Rufe der Dämonen, die mit wildem Schlachtgebrüll auf diese Anrede reagierten, hallten durch die Nacht. Dieser Name war für Grim nie mehr gewesen als ein unheilvoller Schatten. Doch nun, da er die Dämonen auf den Dächern Prags sah, wie sie beinahe andächtig zu Verus aufschauten, nun, da ihr Zorn die Luft zum Erzittern brachte und ihre Magie dunkel und unheilschwanger in ihren noch halb zerrütteten Körper aufwallte, da begriff er zum ersten Mal mit aller Macht, wie alt ihr Volk tatsächlich war. Er spürte die Kälte ihrer Körper auf seiner Haut, die Glut ihrer Augen, und er fühlte das Brennen in ihnen mit solcher Macht, dass er für einen Moment nicht mehr wusste, ob nicht er es war, der ihre Unruhe trug, ihre Zerrissenheit, ihre Gier – und die Sehnsucht nach der Freiheit, die sie nie

Weitere Kostenlose Bücher