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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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näherten sie sich ihm, leicht und schwer zugleich. Er wollte die Augen öffnen, doch er konnte es nicht. Das Letzte, das er wahrnahm, ehe die Ohnmacht ihn mit sich riss, war eine kalte Hand auf seiner Stirn – eine Hand wie aus Eis geschlagen.

Kapitel 36
    Die Gänge Asdurs lagen in den Schatten. Teerschwarzer Mar- mor umkleidete die Tunnel, die sich als weitverzweigtes Netzwerk unterhalb Prags erstreckten, und die Decke hing so niedrig, als würden die Tonnenlasten, die auf ihr ruhten, sie dem Boden entgegendrücken. Blaue Fackeln entfachten sich an den Wänden, wenn Lyskian sich ihnen näherte, und erloschen wieder, sobald er ihren Schein verließ.
    Mia ging dicht bei ihm, doch sie nahm die Kälte seines Körpers kaum wahr. Stattdessen fühlte sie noch immer die Flammen des Fluchfeuers, denen sie in den Gängen unter der Prager Burg nur knapp entkommen waren. Nach ihrer Flucht vor dem Feuer hatten sie die Hartide zum Friedhof gebracht, und Mia erinnerte sich an die unangenehme Stille, die über ihren Köpfen gelegen hatte. Sie wusste, dass ihre Entscheidung richtig war, ganz gleich, wie wütend Jaro darüber sein mochte. Der Weg war zu gefährlich für Menschen ohne magische Ausbildung, das hatte Edwins Verwundung gezeigt, und doch … Sein Gesicht stand ihr vor Augen, die Furcht in seinem Blick, die jede Neugier, jede Faszination mit einem Schlag vernichtet und nichts zurückgelassen hatte als Hilflosigkeit, und sie fragte sich, ob jemals ein solcher Ausdruck auf ihren eigenen Zügen gelegen hatte, seit sie in die Anderwelt geraten war. Sie dachte an all die Situationen, vor denen Grim sie hatte bewahren wollen, an Gefahren, denen sie sich häufig mit einer gehörigen Portion Leichtsinnigkeit gestellt hatte, und an ihre Begeisterung für die Unterwelt – die stets die Oberhand über alle anderen Gefühle behalten hatte. Jederzeit würde sie sich wieder in ihre Rätsel stürzen, kopfüber und ohne Netz und doppelten Boden, und abgesehen von kurzzeitigen Panikattacken war sie nie vor ihr geflohen. Ihr war nie ernsthaft in den Sinn gekommen, sich nach dem dumpfen und unwissenden Zustand vor ihrer Erweckung zurückzusehnen. Edwin und Radvina jedoch taten es, sie hatte es in ihren Augen gelesen. Sie wollten zurückkehren in ihre alte Welt, jene Welt, die es nicht mehr gab, und dieser Drang legte sich ebenso kühl um Mias Schultern wie die Ignoranz, mit der Jaro den Wundern der Schatten begegnete. Kein Wort hatte er zum Abschied gesagt, doch in seinem Blick war nichts gewesen als Zorn – und ein seltsamer Funken, der Mia an das gierige Starren einer Hyäne kurz vor dem Angriff denken ließ. Sie seufzte. Jaro würde lernen, seine Wut auf die Welt in andere Bahnen zu lenken, davon war sie überzeugt. Theryon würde ihm beistehen, ebenso wie Jakob, sie selbst – und Grim, der den jungen Hartid ohne jeden Zweifel schneller an seine Grenzen bringen konnte, als dieser es sich träumen ließ.
    Sie lächelte ein wenig, als sie an Grim dachte. Samhur hatte ihnen die Nachricht zukommen lassen, dass er den Schwarzen Diamanten an sich gebracht hatte, der Gegenzauber befand sich in ihrem Besitz, und die Armee Ghrogonias hatte den Prager Fuchsbau erreicht und wartete auf ihren Einsatz. Ein Kribbeln stieg in Mia auf und sie wünschte sich, diesen Augenblick mit Grim teilen zu können – diesen Moment so kurz vor dem Ziel. Sie dachte daran, wie sie am Feuer des Jägers gesessen hatten, an das Lächeln auf seinen Lippen und die schwelende Glut in seinen Augen, die ihr noch immer einen eisigen Hauch über den Rücken schickte. Er war in das Herz des Zorns hinabgestiegen und er hatte einen Schwarzen Diamanten mit hinaufgebracht – doch was hatte er noch gesehen in der Finsternis? Sie drängte diese Gedanken beiseite. Bald schon würde sie ihn wiedersehen, dann würde sie wissen, wie es ihm ergangen war – und gemeinsam würden sie den Fluchzauber brechen, der ihnen den Weg zu Verus mit seinem Feuer versperrte. Doch es gab noch einen anderen Weg hinauf zur Prager Burg – einen Weg, der tief hinabführte ins einstige Reich der Vampire.
    Sie spürte die abgestandene Luft, die diese Gänge erfüllte, eine Luft, die wie der letzte Atemzug war, der in der Kehle des Sterbenden verharrte. Lange Zeit, so hatte Lyskian es ihr erzählt, waren die Vampire ein reines Volk der Schatten gewesen, ein Volk der Unterwelt wie die Dämonen, ehe sie sich ins Licht begeben hatten. Und wie immer, wenn man einmal in dessen Glanz geriet , hatte er mit

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