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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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Vampirhölle zu laufen, dann … Ja, und was, wenn ich gerade keine Lust habe? Wenn ich lieber in diesem Wald herumfliege und bei lebendigem Leib verbrenne wie eine dämliche Motte, die zufällig eine Kerze mit der Sonne verwechselt hat? Wenn ihr mir folgen wollt! Als wenn wir eine andere Wahl hätten!« Er schnaubte verächtlich und hockte sich mit missmutigem Gesichtsausdruck auf Grims Schulter.
    Mia hätte über seinen Ausbruch gelacht, wenn ihr nicht plötzlich die Kälte der Wände in die Glieder gefahren wäre. Grim ließ den Blick in die Nischen des Ganges gleiten, in seinen Augen lag nichts als kalte Konzentration, und Mia wusste, dass der Flammenzauber in seiner Faust nur darauf wartete, ein sich näherndes Unheil in der Luft zu zerreißen. Sie selbst fühlte ihre Magie in den Fingerspitzen prickeln, und sie sah die flammende Peitsche Samhurs vor ihnen durch die Dunkelheit brechen. Lyskian folgte ihnen in einigem Abstand. Nach wenigen Schritten erloschen die Fackeln hinter ihm und stürzten den Gang außerhalb des Lichtkegels in undurchdringliche Finsternis.
    Unter Samhurs Händen entfachten sich flammende Zeichen an der Wand, Blutmale, die sich wie lebendige Wesen kurzzeitig über den Fels zogen und ihm den Weg wiesen. Durch schimmernde Portale führte er die Gruppe immer weiter in die Höhlen hinein. Mia nahm den Geruch von Salz und Blumen wahr und stellte fest, dass der flammende Wald jenseits der Katakomben sein Gegenstück im Inneren des einstigen Jagdreviers hatte. Sie passierten Höhlen, in denen Seen mit schwarzem Wasser lagen, Bäume mit blauglimmenden Blättern und Wurzeln, die den gesamten Boden bedeckten, und immer wieder hörte sie das ledrige Flügelschlagen von Fledermäusen, die mitunter so dicht an ihrem Kopf vorüberflogen, dass sie den Luftstrom fühlte. In großen Schwärmen hingen sie an den Decken, unterhielten sich keckernd und versetzten die Dunkelheit in flirrende Anspannung. Dschungelgleich schoben sich mächtige Pflanzen aus dem Fels des Berges, und Mia spürte dieselbe Faszination, die sie bereits im Ha’nak Nuy empfunden hatte – und dieselbe Ahnung von Gefahr.
    Immer wieder hörte sie das Rascheln im Unterholz, das Scharren scharfer Krallen und das Keckern aus hungrigen Kehlen, und als Samhur plötzlich innehielt und warnend die Faust hob, stockte ihr der Atem. Grim erreichte den Jäger als Erster. Mia sah das Entsetzen in seinen Augen, als er dessen Blick folgte, und hörte überdeutlich, wie Remis scharf die Luft einsog. Sie spürte Lyskians Kälte hinter sich und zwang sich, ihren Weg fortzusetzen, bis sie neben Samhur stehen blieb. Sie schaute auf den Pfad vor seinen Füßen und fühlte, wie ihr das Blut aus dem Kopf wich.
    Vor ihnen lag der vereiste Leib eines Menschen. Seine Glieder waren unnatürlich verdreht, Arme und Beine waren gebrochen, und aus seiner zerrissenen Brust stemmte ein erstarrter Dämon seinen blutigen Leib. Dessen Gesicht war schmerzverzerrt, eine Klaue hatte sich in das Antlitz des Menschen gegraben und es wie den übrigen Körper fürchterlich entstellt. Offensichtlich hatte er unter Höllenqualen versucht, seinen Leib aus dem Wirt zu befreien, und war dabei zugrunde gegangen.
    »Verfluchter Narr.« Samhur ging vor ihm in die Knie, hielt eine Hand über die Augen des Dämons, deren schwarze Iris mehrfach gesprungen war, und nickte düster.
    »W-w-was«, begann Remis und räusperte sich ungeduldig. »Was war das?«
    Samhur ließ die Hand sinken. »Ein Schrecken aus lang vergangener Zeit, fast vergessen von der Welt, und aus den Gedanken meines Volkes in seine Albträume verdrängt.« Er sah Lyskian an, wachsbleich hob sich dessen Antlitz vor der Dunkelheit der Umgebung ab, und Mia fühlte den Namen mehr, als dass sie ihn hörte – der Name, der nun als eisiger Hauch über seine Lippen kam.
    »Khranados«, raunte er, und im selben Moment, da die Kälte Mias Gesicht traf, erhoben sich die Schatten um sie herum zu Schreckgestalten, lautlos und schemenhaft, als wären auch sie nichts als Gedanken und Träume. Sie hörte ein Hecheln im Unterholz, das Rascheln von Fell und meinte, einen kühlen, grausamen Blick auf ihrer Haut zu spüren, ohne dass sie wusste, woher er kam.
    »Die ersten Werwölfe dieser Welt«, fuhr Samhur fort. »Manche behaupten, sie wären dem Schoß der Wölfin Roms entsprungen, andere sehen in ihnen ein Abbild von Fenris, dem Götterwolf des Nordens, und wieder andere sagen, dass sie den Drachen ihr Feuer gestohlen hätten. Niemand

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