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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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ihre Lippen kamen. Es waren gurgelnde Brocken einer Sprache, die Grim noch nie gehört hatte. Langsam trat er näher.
    »Wer sind sie?«, fragte er und sah zu, wie Samhur die Finger dicht über der Haut des Wesens bewegte. Borstige Insektenbeine drückten von innen gegen das Fleisch.
    »Flüsterer«, erwiderte der Jäger dunkel. »Kreaturen, die fremde Macht durch ihre Leiber fließen lassen und so als Mittler fungieren zwischen Wesen, Gedanken und Welten. Häufig erlernen Hexer und Nekromanten diese Fähigkeit, bisweilen auch Alchemisten und Seher, doch hier … « Er schüttelte den Kopf, und Grim sah zu seinem Erstaunen, dass etwas wie Abscheu über sein Gesicht glitt. »Diese Wesen wurden dazu gezwungen. Sie sind mit dem Ritual verbunden, und das auf eine Weise, als … als wären sie dafür geschaffen worden.«
    Remis keuchte, aber Samhur achtete nicht auf ihn. Er beugte sich vor, und als der Flüsterer in einer weiteren schmatzenden Geste den Mund öffnete, fing er das Blut zwischen den Fingern auf. Er bannte es mit einem Zauber, ehe es ihn verwunden konnte, hob es dicht an seine Nase – und riss die Hand herab, kaum, dass er den Duft wahrgenommen hatte. Seine Augen waren pechschwarz, als er in die Runde blickte.
    Menschenblut , raunte er.
    Grim starrte auf den Flüsterer, diese entstellte Kreatur mit den halb zerrissenen Lidern. Sollte das wirklich einmal ein Mensch gewesen sein? Er kam nicht dazu, diesem Gedanken weiter nachzugehen, denn in diesem Moment streckte Samhur die Hand aus, um die Schulter des Flüsterers zu berühren. Instinktiv griff Grim nach seinem Arm und hielt ihn zurück. Ihm war klar, dass der Jäger auf diese Weise dahinterkommen wollte, was es mit dem Ritual auf sich hatte, doch ein Zauber wie dieser ließ sich nicht stören. Grim hatte nie viel von alchemistischem Schnickschnack verstanden, hatte sich allzu oft über Vraternius und seinen plüschigen Sitzkreis lustig gemacht – aber so viel wusste er: dass es lebensgefährlich war, ein magisches Ritual zu durchbrechen, das bereits atmete und brannte, noch dazu, wenn man es nicht verstand.
    Wir haben die Wahl, sagte Samhur. Entweder fürchten wir uns vor dem Abgrund und riskieren, von ihm verschlungen zu werden, oder wir stürzen uns hinein mit dem Wissen, fliegen zu können. Ich habe mich entschieden, Grim, Kind des Feuers. Was ist mit dir?
    Mit diesen Worten löste er Grims Klaue von seinem Arm, und ohne den Blick von ihm abzuwenden, legte er beide Hände auf die Schultern des Flüsterers. Sofort drangen schwarze Spinnenbeine aus dessen Fleisch und bohrten sich durch Samhurs Haut. Er keuchte, als die Widerhaken sich in seinem Fleisch verfingen und das Blut des Flüsterers wie Gift in seinen Körper schoss. Seine Haut verfärbte sich erst blau und dann schwarz, dunkle Adern zogen sich über sein Fleisch, sie wuchsen aus ihm heraus, verbanden sich mit jenen des Flüsterers und verkrusteten wie das Wurzelgeflecht eines uralten Baumes. Schatten krochen unter seiner Haut den Hals hinauf, seine Augen verfärbten sich dunkelrot, als würde Blut frisch gefallenen Schnee tränken, und als er die Lider schloss, gruben sich Dornen durch sein Fleisch, die ihm den Blick nahmen. Grim musste sich zwingen hinzusehen, und er hörte die Worte in Th’ynguel, die nun über Samhurs Lippen kamen, während die Adern des Rituals sich um seine Kehle wanden und seine Beine hinaufkrochen. Verschlungen klangen sie, seltsam lockend und grausam zugleich, und Grim hielt den Atem an, als die Flüsterer antworteten.
    Sie sprachen durcheinander, einige leise, andere lauter, doch ihre Stimmen vermengten sich zu einem Kanon, der wie im Rausch immer schneller und schneller wurde. Grim hörte Samhur deutlich heraus, er sah den Schmerz, der über das Gesicht des Jägers flammte, und als sich dessen Hände tiefer in das Fleisch des Flüsterers krallten und verkrustete Aderstücke von seinen Knöcheln sprangen, da hörte er ihn in seinen Gedanken, deutlich und klar, während seine andere Stimme, die Stimme der Schatten, mit den Flüsterern sprach.
    Ich stehe im Feuer , raunte er und Grim wusste, dass auch die anderen ihn hören konnten. Er zwang sich, Samhur anzusehen, die zerrissenen Lider, die heftig flatterten, und den Mund, hinter dessen Lippen schwarzes Blut seine Zunge bedeckte. Ich sehe den Sinn des Ritus noch nicht, aber ich höre die Flüsterer rufen, laut und durchdringend. Sie sprechen in Th’ynguel und Maa’na, die alte Sprache der Vergessenen, erinnert euch,

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