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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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Stellen auf. Vor der Tür zum alten Königspalast hielt er inne, zögerte kurz – und stopfte sich dann wie ein pelziger Korken in das Schlüsselloch. Seine Füße wedelten durch die Luft, dann folgte die untere Hälfte seinem Kopf, und er flutschte ins Innere.
    Samhur stieß die Tür auf, und sie fanden sich im Vorraum des Vladislav-Saals wieder, der in früheren Zeiten vornehmlich für Festlichkeiten und offizielle Anlässe gebraucht wurde und der riesig genug war, um die Pferde mitsamt ihrer Ritter über die alten Dielen galoppieren zu lassen. Ein aufwändiges gotisches Rippengewölbe stützte die Decke, die Türen und Fenster waren mit kunstvollen Renaissanceelementen verziert. Grim kannte die staubige, ein wenig düstere Atmosphäre dieses Saals aus vergangenen Zeiten, und wie damals nahm er auch jetzt den Duft von Rauch wahr – dicht gefolgt von einem schweren, metallischen Geruch. Der Dämon flog vor der Tür zum Saal hin und her, zuckte mit den winzigen Armen und murmelte etwas. Samhur schaute in die Runde, sein Gesicht schien noch bleicher zu werden, als es ohnehin schon war. Auch er roch diesen Duft, das wusste Grim, ebenso wie die Schattenflügler und Remis, der leise keuchend auf seiner Schulter hockte.
    Der Sucher kann Verus’ Duft nicht mehr wahrnehmen , raunte Samhur und öffnete die Tür. Magie schwebt im Raum, die seinen Geruch überdeckt, Magie von uralter Macht, die …
    Ein heiseres Quieken unterbrach ihn. Der Dämon war durch den Türspalt geflogen, und als er nun in den Saal sah, wurden seine Augen groß wie Tennisbälle. Grim folgte ihm mit den anderen – und erstarrte.
    Blut war es, das ihm in die Nase gestiegen war, so viel war ihm jetzt klar. In verschlungenen Ritualkreisen zog es sich über die Dielen, und immer wieder schoben sich entstellte Klauen und Gliedmaßen aus den Linien, als wären sie Risse in der Wirklichkeit, in die etwas durch jede noch so kleine Öffnung hereinbrechen wollte. Grim konnte die Stimmen hören, die die Luft mit düsteren Beschwörungen schwängerten, und er schauderte, als er den Blick auf die Gestalten richtete, die in geisterhafter Symmetrie inmitten des Rituals hockten. Sie wirkten annähernd menschlich, doch jemand hatte ihnen die Haut abgezogen, blutige Nervenstränge zogen sich über ihre viel zu dürren Leiber, und während ihre Augenlider mit schwarzen Dornen verschlossen waren, öffneten sich ihre zahnlosen Mäuler immer wieder ruckartig mit schmatzendem Geräusch, woraufhin dunkles Blut über ihre rissigen Lippen lief. Zischend verdampfte es auf ihrer Haut und hinterließ Narben in dem rohen Fleisch. Sie hatten ihre entstellten Gesichter der Mitte des Rituals zugewandt und wiegten sich in unregelmäßigem Rhythmus. Drei miteinander verschlungene Linien bildeten dort einen inneren Kreis, und darin schwebte ein rotglimmender, dornenbesetzter Stab in der Luft, der sich mit jedem Laut und jedem Blutstropfen der Kreaturen dunkler verfärbte und eisblaue Nebel verströmte.
    Der Kugeldämon stieß ein heiseres Geräusch aus, dann machte er eine Reihe schneller Handbewegungen zum Zeichen, dass er sich trotz des Gestanks erneut auf die Suche nach Verus’ Fährte machen würde, und begann, den Raum zu durchstreifen. Grim beachtete ihn kaum. Mit den anderen trat er näher an das Ritual heran, und während Remis auf seiner Schulter die Luft anhielt, konnte er sich selbst nicht gegen das Entsetzen wehren, das ihn beim Anblick der entstellten Wesen ergriff. Ihre Hände hatten sich zu langen Klauen geformt, spitz stachen die Wirbel ihres Rückens durch ihr Fleisch, und als er dicht bei ihnen stehen blieb und sich vorbeugte, da sah er, dass sie mit den blutigen Ritualkreisen verbunden waren, als wären die Linien ihre eigenen Adern, von perverser Zauberkraft aus ihren Leibern gerissen und in diesen Ritus gebannt, dessen Macht Grim über die Haut strich wie giftige Klingen. Noch war der Zauber nicht vollendet, doch das Licht des Stabes glomm unheilvoll zu ihm herüber. Was, zur Hölle noch eins, ging hier vor?
    Vorsichtig trat Samhur über die Kreise, deutlich darauf bedacht, sie nicht zu berühren. Immer wieder bückte er sich, bewegte die Finger über den schwellenden Adern und schüttelte langsam den Kopf. Seine Miene hatte sich verfinstert, als er vor einem der seltsamen Wesen in die Knie ging. Er hob die rechte Hand wenige Fingerbreit hinter den Schädel der Kreatur, die gleich darauf anfing, lauter vor sich hin zu murmeln. Doch es waren keine Worte, die über

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