Grim
Befriedigung fest, dass unverhohlene Missachtung in seiner Stimme mitschwang. »Es hat sich nichts geändert. Damals wie heute bin ich gekommen, um dir deinen goldenen Arsch zu versohlen.«
Verus’ Lächeln wurde breiter. Ohne sich von Grim abzuwenden, gab er Carven einen Stoß, dass der Junge zu Boden fiel, und entfachte einen Kreis aus schwarzem Fluchfeuer um ihn herum. Instinktiv war Grim einen Schritt vorgetreten, doch Verus’ Blick hielt ihn zurück. Ein Fingerzeig von ihm genügte, und die Flammen würden Carven binnen eines Wimpernschlages verbrennen wie eine Figur aus Papier. »Du irrst dich wie so oft«, entgegnete Verus beinahe sanft. »Alles hat sich geändert, mein Freund. Es erstaunt mich, dass du das nicht erkennst.«
»Mich erstaunt vielmehr, dass du auf armselige Tricks wie diese zurückgreifen musst«, sagte Grim dunkel. Er musste sich zwingen, Carven nicht anzuschauen, und er sah an Verus’ Grinsen, dass der Dämon das wusste.
»Ich wüsste eine Reihe von Dingen, die armseliger sind«, meinte dieser. »Ein Krieger der Schatten stürzt über das Herz eines Kindes, ist das die Möglichkeit?«
Überdeutlich erfüllten Carvens Atemzüge den Raum. Grim wusste, dass die Flammen des Fluchfeuers nach ihm griffen, er spürte die Hitze, als wäre es seine eigene Haut, nach der sie ausschlug, und er nahm Carvens Furcht wahr, die Todesangst, die die Luft zum Flirren brachte. »Du verstehst nichts davon, was es heißt, ein Krieger zu sein«, erwiderte er. »Und ich habe keine Lust, dir Nachhilfe zu geben. Draußen sterben deine Schergen, großer Anführer der Car’lay Ythem, kannst du ihre Schreie nicht hören? Also sag mir: Warum sind wir hier?«
Verus schwieg für einen Moment. Dann hob er die Arme, scheinbar beiläufig – und mit einem geflüsterten Wort entfachte er die Luft hinter sich zu grünem Feuer. In ohrenbetäubender Lautstärke ließen die Flammen Grim zurückweichen, doch er konnte sich nicht von dem Bild abwenden, das sich ihm bot: Wenige Schritte vor ihm lag die flammende Grenze Braskatons, die flatterte wie ein Tuch im Sturm. Von der anderen Seite drängten sich die Dämonen dagegen, die Mäuler zu stummen Schreien aufgerissen. Immer wieder hieben sie ihre Klauen gegen die Grenze ihrer Welt, ohne sie zerreißen zu können. Ihre Augen glühten in weißem Licht, und Grim erkannte den Schatten der Gier darin wie glühendes Pech. Zuerst meinte er, dass sie nach ihm ausschlugen, doch ihre Blicke gingen durch ihn hindurch. Rasch wandte er sich um – und fühlte, wie ihm das Blut aus dem Kopf wich. Vor ihm, bewegungslos und mit wachsbleichen Augen, standen die entführten Menschen der Welt wie ein Meer aus Leibern.
SchweratmendstarrtensieinsLeere,alswürdensienurvoneinemfremdenWillenaufdenBeinengehalten,undalsGrimvorihnenzurückwich,spürteerdieFlammenBraskatonsinseinemNacken.DiesenMenschengaltdieGier,ihnen,dienurdaraufzuwartenschienen, den gefallenen Kindern des Zorns als Körper zu dienen.
Atemlos schaute Grim zu Verus hinüber. »Nicht einmal du kannst die Grenze Braskatons niederreißen«, rief er gegen das Rauschen der Flammen an.
Er sah noch Verus’ Lächeln, das sich maskenhaft verstärkte, und hörte gleich darauf dessen Stimme an seinem Ohr: »Ich nicht«, sagte er dunkel. »Aber du.«
Im selben Moment legte sich etwas auf Grims Schulter, es fühlte sich an wie die flammende Klaue eines Dämons. Er fuhr zusammen, und jedes Trugbild zerriss. Verus stand schweigend kaum eine Armeslänge von ihm entfernt. Grim schüttelte den Kopf. »Das werde ich niemals für dich tun«, grollte er.
»Du wirst es nicht für mich tun«, erwiderte Verus lächelnd, »sondern für ihn.«
Er schaute zu Carven hinüber, und als Grim seinem Blick folgte, sah er die goldenen Nebel, die aus dem Feuerkreis stiegen und sich um den Körper des Jungen legten. Ein blutrotes Zeichen entflammte sich auf seiner Stirn, er schrie auf, so hell und klar, dass Grim instinktiv auf ihn zustürzte. Aschfarbene Hände stoben aus dem Nebel, sie packten Carven an den Armen, und als Grim die Feuer Braskatons durch die Flammen donnern hörte, wusste er, wohin sie ihn bringen wollten. Er griff nach dem Jungen, doch seine Klauen glitten durch seinen Leib wie durch Nebel. Starr vor Entsetzen sah er Carven in die Augen. Er hörte ihn lachen, hörte ihn weinen, spürte sein Haar an seiner Wange und den ruhigen Herzschlag des Jungen, der in seinen Armen eingeschlafen war, und etwas in Grims Brust krampfte sich zusammen. Carvens
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