Grim
Augen nicht.
Kapitel 51
Schwer atmend landete Grim auf einem Häuserdach und schaute zur Burg hinüber. Flammenwinde umtosten ihre Mauern, geisterhaft zogen sie über den Platz, und dort, im tiefsten Inneren des gewaltigen Drachen, loderte schwarzgrüne Glut, die mit lautem Donnern ihr Feuer entfachte und es in die Burg schickte. Steine splitterten unter der glühenden Hitze und die Flammen verschlangen die Mauern und Türme und bildeten sie in tödlichem Feuer nach. Fauchend schlug es höher wie die Brandung eines sturmgepeitschten Meeres, und als die Burg vollständig in Flammen stand, konnte Grim sich nicht gegen die wilde Faszination wehren, die ihn angesichts dieses Schauspiels ergriff. Niemals zuvor hatte er Fluchfeuer in solcher Schönheit gesehen.
Da durchzog ein Tosen die Flammen, und ehe Grim verstanden hatte, was vor sich ging, brach ein gewaltiger Schwarm Hornissen aus dem Feuer. Kurz verdeckten sie den Mond mit ihren flammenden Leibern. Dann teilte sich der Strom der Hornissen in mehrere Schwärme auf und stürzte auf die Ghrogonier nieder.
Grim erhob sich in die Luft. Seine Fäuste standen in schwarzen Flammen, der Wind jaulte unter seinen Schwingen, und als er sich mitten hineinstürzte in einen der Schwärme, verbrannten die Hornissen in seinem Feuer zu Asche. Unzählige von ihnen fielen um ihn herum nieder, doch das Schwirren ließ nicht nach, und er hörte ein Lachen aus dem Surren ihrer verkohlten Leiber. Außer sich stob er aus dem Schwarm hinaus, die Kühle der Luft ließ ihn zu Atem kommen. Er sah, wie sich die Aschereste erneut entflammten und zu ihrem Schwarm zurückkehrten, und kaum, dass er seinen Blick auf ihn richtete, formte dieser sich zu einer goldenen Gestalt. Verus war es, der kaum merklich lächelte, und als er den Mund öffnete, hörte Grim seine Stimme aus tausend surrenden Mäulern. Ich warte auf dich, Kind des Feuers , raunte der Dämon, ehe der Schwarm zerbrach und in glühenden Funken auf das Schlachtfeld stürzte.
Die Ghrogonier rissen Schutzschilde in die Höhe, aber die Glut grub sich tief in ihre Zauber, und die Schwärme fielen mit solcher Gewalt über sie her, dass sie sich kaum wehren konnten. So schnell er konnte, raste Grim auf die Burg zu und hielt dicht vor dem zuckenden Feuer inne. Dumpf hörte er das Brüllen in seinem Inneren, seine Brust brannte, als würde jeder Ton die Glut anfachen, und für einen Moment fühlte er wieder das Entsetzen, als die Flamme in den Schatten Braskatons von ihm Besitz ergriffen hatte. Regungslos schaute er in das Fluchfeuer, die Funken trafen sein Gesicht wie Gischt, und er meinte, Seraphins Stimme durch das Rauschen eines dunklen Ozeans zu hören, leise wie ein Flüstern in seinem Kopf.
Was liegt auf deinem Grund?
Grim lauschte auf den Klang der Wellen, und als er seinen Bruder lächeln sah, zögerte er nicht länger. In eisigen Strömen ergoss sich die Kraft der Flamme in seine Glieder, aber er spürte die Lichter des Weißen Diamanten auf seiner Haut, und er grub seine Klauen tief in die Flammen der Mauer. Sie boten ihm Widerstand, als würden sie aus Stein bestehen, und er stürzte sich in ihre Glut und raste durch die Gassen der Burg, das Feuer des Dämons auf seiner Haut. Das Herz des Feuers war es, das Grim fixierte, der Kern der Burg, in den Verus eingefahren war, und er hielt darauf zu, ohne auf die Stimmen der Flammen zu achten oder auf die lockenden Hände auf seiner Haut. Strahlend flutete der Schein aus den Fenstern des Veitsdoms, Grim sah den gewaltigen Drachen über sich aufragen, und landete vor dem Portal, dass Funken unter seinen Klauen aufwirbelten. Dann stieß er das Tor auf.
Eine seltsame Dämmerung lag im Inneren des Doms, die Flammenwände und das Glimmen des Bodens wirkten fast steinern, doch Grim achtete nicht darauf. Sein Blick hing an Verus. Der Dämon stand mit dem Rücken zu ihm am Altar. Als er sich langsam umwandte, erkannte Grim, dass er das Herzstück der Burg in seinen Händen hielt – eine glänzende Kugel wie aus glühendem Glas. Ihr Schein war mit seinem Körper verbunden, er durchflammte ihn wie ein schon halb verkohltes Holzstück, und als Verus lächelte, drang die Kugel vollends in ihn ein. Schimmernd und mit leichtem Flackern sank sie in sein Innerstes. Grim ballte die Klauen. Mochte Verus sich das verfluchte Herz angeeignet haben – er würde es aus ihm herausreißen, so viel stand fest.
Er ließ die Flammen in seinen Fäusten auflodern und rannte auf Verus zu, doch ehe er ihn
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