Grim
dieser Kirche zu bilden mit jedem Stein und jedem Atemzug. Und dann sah er die Glut aus den Steinen brechen, hörte das mächtige Dröhnen tief aus dem Inneren der Erde, als sie sich entfachte, und er breitete die Schwingen aus und erhob sich in den Flammen, die ihn mit brausenden Stimmen umgaben, ein Engel der Nacht in den goldenen Feuern der Verdorbenheit. Langsam breitete er die Arme aus, er hörte jedes Raunen, fühlte jede Lockung auf seinem Gesicht, und neigte kaum merklich den Kopf. Und dann, mit einem Lächeln auf seinen Lippen, ballte er die Klauen, als würden sie sich um die Kehle eines Sterblichen schließen, und erstickte das Feuer mit seinem Willen.
Im nächsten Moment fand er sich am Boden des Doms wieder. Er stand auf verkohltem Grund, die Luft war kühl und schneidend auf seiner Haut. Hell fiel der Schein des Mondes durch das halb zerrissene Dach, der Schädel des Drachen zeichnete sich scharf vor dem Himmel ab, und vor ihm, kaum mehr als wenige Schritte von ihm entfernt, kniete Verus auf den schwarzen Steinen. Mit einer Hand stützte er sich am Boden ab, Grim sah die Wunden in seinem falschen Körper und wie der dunkle Glanz in Verus’ Augen in Flammen aufging. Der Weiße Diamant hatte ihm schwer zugesetzt, doch als der Dämon langsam den Kopf hob, lächelte er.
Grim erwiderte seinen Blick regungslos, und sie wussten es beide: Der Kampf hatte gerade erst begonnen.
Kapitel 52
Ascheschwaden flogen Mia entgegen, als sie den Burghof erreichte. Samhur und die anderen Jäger hatten ihr eine Breschein die Reihen der Dämonen geschlagen, die Schlacht tobte hinter ihr, doch die Gassen der Burg lagen verlassen. Die Gebäude waren rußgeschwärzt. Nur vereinzelt loderten noch schwache Flämmchen im kalten Wind, aber Mia spürte noch immer die Hitze in den Steinen. Dumpf klang das Grollen in ihr wider, das gerade noch die Flammen durchdrungen hatte, und sie beschleunigte ihren Lauf. Grim hatte das Feuer gelöscht, er hatte Verus zum Kampf gefordert. Jetzt war sie an der Reihe.
Sie sprang über ein zerbrochenes Mauerstück, duckte sich, als ein mächtiger Donnerschlag weit hinter ihr die Häuser zum Beben brachte, und spürte ihren Herzschlag im ganzen Körper, als der Alte Königspalast vor ihr auftauchte. Für einen Moment hielt sie inne und schaute zum Himmel hinauf. Schemenhaft glitten Dämonen über die Dächer, Flammen und Eiszauber loderten in ihren Fäusten, und ihre Stimmen zerschnitten die Luft. Doch gleichzeitig nahm Mia die Glut des Schutzzaubers wahr, den Samhur ihr gegeben hatte und der nun in ihrer Tasche nach Entfesselung schrie. Sie musste nur den Palast erreichen und die Magie des Jägers freisetzen, dann wäre sie vor den Dämonen in Sicherheit – zumindest vorerst. Sie presste die Hand gegen die Hauswand, noch einmal spürte sie die Wärme der Steine. Dann stieß sie sich ab und rannte los.
Ihre Füße flogen über den Platz, ihr Schatten war nicht mehr als ein Spiel flackernder Schemen, und der Wind schlug ihr ins Gesicht. Beinahe hatte sie den Eingang erreicht, doch da lösten sich drei Schatten vom Dach des Hauses und landeten vor ihr auf dem Platz. Dämonen waren es, die ihre menschlichen Wirte in teuflischer Manier verzerrt hatten, ihre Gesichter waren nicht mehr als Fratzen, und aus den Schädeln wuchsen Hörner, während ledrige Schwingen hinter ihnen aufragten. Sie grinsten, als einer von ihnen vortrat, und Mia konnte seinen fauligen Atem riechen. Seine Hände hatten sich zu Klauen geformt, er ließ seine Gelenke knacken. Sein Blick war kalt, und in seiner Grausamkeit und Gier so menschlich, dass Mia schauderte. Blitzschnell überdachte sie ihre Möglichkeiten. Die drei Dämonen hatten noch nicht gekämpft, und Mia spürte ihre Macht wie glühendes Pech auf ihrer Haut. Sie zwang sich, ruhiger zu atmen. Sie brauchte ihre Kraft für das Ritual und durfte keinen Kampf riskieren.
Im letzten Moment wich sie der Flammenpeitsche aus, die der Dämon auf sie schleuderte. Er zog die Waffe über das Pflaster, die Steine schmolzen wie Butter in ihrer Glut, doch Mia rannte bereits auf den Eingang zu. Sofort ließen sich die anderen beiden Dämonen auf alle Viere fallen und preschten ihr entgegen. Blitzschnell griff sie nach dem Dolch in ihrem Stiefel, fuhr um die eigene Achse und erwischte einen der Angreifer an der Brust. Blut schoss aus der Wunde, als er bewusstlos zusammenbrach. Aber der andere Dämon traf sie mit einem Hieb, und ehe sie ausweichen konnte, schlug er ihr die Faust ins
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