Grim
die Augen. Sie sah den wehenden Mantel, von Ascheflocken umtost, das Schwert mit den flammenden Zeichen darauf und wusste augenblicklich, dass es Samhur war, der zwischen ihr und dem Dämon stand – Samhur, der Jäger, hatte ihr das Leben gerettet.
Der Zyklop starrte den Vampir an, etwas flackerte durch seinen Blick, das sein Gesicht in glühendem Hass verfärbte. Dann ließ er die Gelenke seiner Fäuste knacken, sein Auge verwandelte sich in gleißendes Feuer, und er stürzte sich vor. Samhur wich ihm aus, so schnell, dass Mia seinen Bewegungen kaum folgen konnte. Sie sah die diamantene Peitsche, die immer wieder auf den Dämon niedersauste, hörte das Singen des Schwertes und fühlte die Tausend Flüche der Hekabe auf ihrer Haut, die sich in wildem Tanz in die Luft erhoben und die Kämpfenden als flammende Zeichen umtosten. Doch auch der Dämon wich den Hieben aus, so dass dem Jäger nur einzelne Treffer gelangen, und plötzlich riss er den Kopf herum und traf den Vampir mit der Glut seines Auges vor die Brust. Samhur landete auf dem Rücken. Vergebens versuchte Mia, auf die Beine zu kommen und den Dämon abzulenken, der sich mit voller Wucht auf den Jäger fallen ließ und dessen Körper in rauschendes Feuer hüllte.
Samhur hob die Hände, langsam und zitternd, ohne den Blick von seinem Gegner abzuwenden. Eisern schlossen sie sich um dessen Kehle, ein mächtiger Strom aus Licht ergoss sich über der schwarzen Haut des Dämons und drang in ihn ein, doch er lachte nur, laut und so dröhnend, dass es Mia wie ein Schlag traf. Hilflos musste sie mitansehen, wie das Feuer Samhur ins Fleisch schnitt. Mit aller Kraft riss sie ihre betäubte Hand nach vorn und schickte einen Eiszauber in ihre Faust. Gerade hatte sie die Finger ausgestreckt, als sie das Flackern in Samhurs Augen sah, diesen dunklen Glanz, der sie immer geängstigt hatte, von ihrer ersten Begegnung an – und der niemals etwas anderes gewesen war als ein Lächeln aus den Schatten, wie sie nun begriff.
Sie ließ die Hand sinken. Sie sah die Zeichen, die unter der Haut des Dämons sichtbar wurden – den Zauber, den Samhur in seiner Magie verborgen und ihn so in den Leib seines Gegners geschickt hatte. Es war, als würde sich schwarzes Öl zu verborgenen Formeln zusammenziehen, zu jenen Fluchzeichen, die bisher in wildem Chaos um sie herumgewirbelt waren und die in diesem Moment innehielten. Mia bemerkte das Entsetzen im Auge des Dämons, als sein Feuer erlosch und die flammenden Zeichen ihre Glut in sein Innerstes schickten. Brüllend kam er auf die Beine, die Zeichen verkohlten seine Haut, während Samhur sich leicht schwankend erhob und vor ihm zurückwich. Der Dämon riss sich ein glühendes Zeichen aus dem Leib, er schlug nach Samhur, doch ehe er noch einen Schritt auf den Jäger zugehen konnte, rasten brennende Ketten mit metallischem Klirren durch die Luft. Sie trafen den Dämon, gruben sich mit Widerhaken in sein Fleisch und entfachten die Zeichen unter seiner Haut zu rotem Feuer. Mit wahnsinnigem Brüllen riss er die Arme in die Luft, er verbrannte, dass die Flammen nach allen Seiten ausschlugen, und ehe er zusammenbrach, rissen die Ketten ihn auseinander.
In lodernden Fetzen landeten seine Überreste am Boden, doch Mia nahm es kaum war. Sie schaute hinauf zu den Dächern, von denen die Ketten ausgeschickt worden waren, die nun in roter Glut zerstoben – und sie sah sie sofort, diese drei Gestalten. Sie waren die einzigen unbewegten Punkte inmitten der Schlacht, so unbewegt, dass sie fast unwirklich erschienen. Ihre langen Mäntel wehten im Wind, und sie trugen flammende Zeichen auf den Wangen, dieselben, mit denen auch Samhur in die Schlacht gezogen war, und als er ihr auf die Beine half, hörte sie seine Stimme in ihren Gedanken. Feysthar mit dem schlohweißen Haar, der abseits einer Schlacht niemals ein Wort über die Lippen brachte, weil seine Stimme zu schrecklich war, Ingynon mit der Narbe quer über der Wange vom Kampf gegen den Grauen Dschinn, Andraka, deren Blick Stein und Fleisch durchbohren konnte. Sie waren gekommen – die Ersten Jäger dieser Welt.
Samhur schickte einen Heilungszauber in Mias Körper, die Funken des brechenden Walls fielen um sie herum nieder. Gerade wollte Mia in die Jubelschreie einfallen, die über das Schlachtfeld klangen, als ein heftiges Grollen den Boden erschütterte. Instinktiv ging sie in die Knie. Samhur zog sie an sich, als eine Feuersbrunst über sie hinwegflog. Sie fuhr herum – und traute ihren
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