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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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wartete, an die Oberfläche zu kommen. Unwillig stieß Grim ein Knurren aus. Das wurde ja immer besser. War es nicht genug, dass er sich mitten in der Nacht in eisigem Wind auf einem der höchsten Türme von Paris die Beine in den Bauch stehen musste, angegafft von lächerlichen Wäschejuroren mit Taubendreck auf den Köpfen? Er schnaubte verächtlich und stellte fest, dass das in der Tat mehr als genug war. Da brauchte er nicht auch noch pseudopsychologische Spinnereien, an denen jeder tarotkartenlegende Kobold seine helle Freude gehabt hätte.
    Remis war von seiner Schulter geflogen und lief nun mit hörbarem Zähneknirschen auf der Brüstung auf und ab. »Ich weiß wirklich nicht, warum ausgerechnet ich mit solchen Aufgaben betraut werde«, murmelte er gerade zum hundertsten Mal und starrte in den Abgrund zu seinen Füßen wie in eine lockende Ferne, in der das Versprechen von Weintrauben, Popcorn und Briefen aus dem Schwarzwald lag.
    »Weil deine Fähigkeiten die eines gewöhnlichen Kobolds weit übersteigen«, erwiderte Grim betont einfühlsam. »Du bist nicht umsonst der Leiter der Spürnasen geworden, vergiss das nicht. Und außerdem bist du … nun ja. Grün zum Beispiel. Grün wie die Hoffnung.«
    Wütend stemmte Remis die Fäuste in die Hüfte und funkelte Grim aus seinen schwarzen Knopfaugen an. »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für Scherze!«, zischte er. »Nur deinetwegen muss ich mich in diese Welt begeben, diesen Kosmos aus Träumen und … Wahnsinn! Ich bin kein Zwischenweltler wie du, ich bin nicht dafür geschaffen, zwischen den Welten hin und her zu springen wie beim Gummitwist! Wer weiß, was dort auf mich wartet, bösartige Riesenschlangen vielleicht oder Zyklopen, die mich mit einem einzigen Blick verbrennen, oder … «
    »… Kobolde, die einfach nicht mehr aufhören wollen zu reden«, murmelte Grim, doch Remis achtete nicht auf ihn.
    »Ich bin ein Suchkobold«, murmelte er vor sich hin. »Das ist meine Aufgabe. Aber es ist keine Kleinigkeit, in der Welt der Träume eine Spur aufzunehmen, nein, das ist es ganz und gar nicht.«
    Grim seufzte. »Das hat auch nie jemand behauptet. Aber das Schwarze Petroleum wird dir den Weg weisen. Du weißt genauso gut wie ich, dass es ein ausgezeichnetes Mittel ist, um … «
    Remis verdrehte die Augen. »Wenn du jetzt auch noch anfängst, mir etwas über olfaktorische Wahrnehmung zu erzählen, rufe ich Hubertus und seine Freunde und lade sie zum nächsten Pokerabend ein!« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Schwarzes Petroleum«, raunte er und spuckte einen winzigen Tropfen Koboldspucke in die Tiefe. Grim musste ein Grinsen unterdrücken, denn er wusste, dass Remis diese Geste vor dem Spiegel geübt hatte, nachdem er sie gemeinsam mit Rosalie in einem Western der Menschen gesehen hatte und darin ein Zeichen von Tapferkeit erkannt zu haben glaubte.
    »Wenn man es genau nimmt, ist es nichts weiter als ein Albtraum«, stellte Grim fest.
    »Als wenn das nichts wäre«, erwiderte Remis düster. »Ich habe genug über dieses Gift gelesen, um zu wissen, dass es saugefährlich ist. Gleichzeitig ist es aber auch nicht unpraktisch in unserer momentanen Lage. Denn boshaft wie es ist, weigert es sich, den realen Stoff, den es einmal durchtränkt hat, wieder zu verlassen, und hält ihn auch im Reich der Träume umklammert, denn es will sein Opfer selbst fressen und wird es daher gegen die Kräfte jeder anderen Welt verteidigen.«
    »Wie aus dem Lehrbuch«, stellte Grim fest und nickte angemessen beeindruckt. »So haben wir eine vollendete Verbindung von Realität und Traum, ohne dass eines der Prinzipien ausgelöscht wird.«
    »Prinzipien, Prinzipien!«, schnaufte Remis. »Was interessieren die mich! Ich weiß nur, dass ich wieder einmal der Einzige bin, der die richtige Nase für diese Angelegenheit hat, und das, obwohl ich weit und breit der Kleinste bin! Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt, ich … «
    Grim hatte gerade den Mund geöffnet, um den Schwall menschlicher Redewendungen, der sich auf Remis’ Zunge ansammelte, zu unterbinden, als sein Pieper schrillte. Remis fuhr so heftig zusammen, dass er auf der Brüstung in die Höhe hüpfte, und griff sich vorwurfsvoll ans Herz, während Grim das Gerät aus seiner Tasche zog. Ein flackerndes Hologramm erschien darüber und zeigte einen Jungen mit dunklen Haaren und wachen, blauen Augen, der auf einem moosbewachsenen Stein hockte. Um ihn herum erkannte Grim uralte Bäume, und in einiger Entfernung

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