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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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erleuchteten Wohnungen und hörte die Stimmen der Menschen zu sich heraufklingen, als wäre es niemals anders gewesen.
    Die Nachwirkungen der vergangenen Wochen jedoch hielten die Anderwelt noch immer in Atem. Samhur hatte sich mit seinen Jägern auf die Suche nach flüchtigen Dämonen gemacht, und Mourier war gemeinsam mit Lyskian vor wenigen Tagen zurück nach Prag gereist, um sich höchstpersönlich davon zu überzeugen, dass die OGP beim Wiederaufbau der Stadt ganze Arbeit leistete. Der Prinz der Vampire bemühte sich redlich darum, die Geschehnisse vor den Menschen zu verschleiern. Sein Volk hatte eine ganze Welle von fingierten Medienberichten über die Welt gebracht, überall las man von plötzlichen Wirbelstürmen und Hagelschauern, die die Schäden in zahlreichen Städten und ganz besonders in Prag erklärten, und von Grippewellen, die in heftigen Schüben über die Welt hinweggefegt waren und die Menschen reihenweise in tiefsten Schlaf oder halluzinogene Zustände versetzt und einige Todesopfer gefordert hatten. Ja, die Anderwelt arbeitete mit Hochdruck daran, den Zauber zu verklären, der noch immer in der Luft lag, und noch vor Kurzem wäre Grim jede Wette eingegangen, dass die Menschen jedes dieser Märchen ohne größere Schwierigkeiten geglaubt hätten. Doch nun …
    Er lauschte auf das Wispern in den Blättern der Bäume. Die Welt hatte sich gewandelt. Er fühlte es deutlich, dieses Atemholen kurz vor dem Sturm, dieses zaghafte Flüstern hinter vorgehaltener Hand, wenn die Blicke der Menschen zu den Gargoyles hinaufglitten, die wie seit ewiger Zeit auf den Kirchen und Monumenten der Stadt thronten, und das Innehalten der Kinder, wenn ein Anderwesen ihre Wege kreuzte. Niemals zuvor waren so viele Menschen gleichzeitig der Anderwelt so nah gekommen wie in den vergangenen Wochen – niemals seit der Zeit vor dem Zauber des Vergessens, und er fühlte den Traum, den Mia ihnen geschenkt hatte, wie den sanften Schimmer des Mondes auf ihren Gesichtern. Vielleicht würden sie ihn wieder zurückdrängen in die Dunkelheit ihrer Gedanken, aber dort würde er weiter schwelen, und er würde sich nicht ersticken lassen, selbst wenn sie es mit aller Macht versuchten. Denn kein Zauber in dieser Welt oder einer anderen ist mächtiger als ein Traum. Vielleicht würde der Tag kommen, da dieses Wissen kein Geheimnis mehr war. Grim lächelte kaum merklich. Menschen!
    Er sog die Luft ein, und spürte wieder das Brennen in seiner Brust, dumpf und wie betäubt, ebenso wie die Leere, die die Flamme des Prometheus in ihm hinterlassen hatte. Paris wandelte sich vor seinem Blick, und er fand sich in der Stadt in der Wüste wieder, erinnerte sich an Rhu, den Fuchs, und an sein Schweigen, als er ihm die Flamme vor die Füße gelegt hatte. Still hatte er zu Grim aufgesehen, und ehe dieser den Ausdruck in seinen Augen hätte deuten können, war ein Keckern aus Rhus Kehle gedrungen und hatte sich als Schmetterling in den Himmel geschwungen. Ein goldener Himmel war es gewesen – Grims Himmel. Er sah die Gestalten auf der Mauer der Stadt, die ihm schweigend nachgeschaut hatten, als er ihre Welt wieder verließ. Jeder Blick, jedes Schweigen war ein Versprechen und eine Frage gewesen. Doch Grim hatte nicht geantwortet. Kurz sah er Verus vor sich, sah das sanfte Lächeln auf seinen Lippen und hörte seine Worte. Du weißt so wenig, einsamer Hybrid. Ich wünsche dir, dass das so bleibt. Grims Miene verfinsterte sich, als das Gesicht des Dämons in den Mauern der Wüstenstadt aufging. Eines Tages, das spürte er, würde die Zeit kommen. Dann würde er in diese Welt zurückkehren, und er würde mehr Fragen haben als diese eine. Er holte tief Atem. Doch noch war es nicht so weit.
    DasBildderGötterweltsankzurückindieSchattenvonParis,undGrimwolltegeradedenBlickwenden,alsereineGestaltbemerkte,wenigeStraßenzügeentfernt.RegungslosstandsieaufeinemHäuserdachundschautezuihmherüber.GrimsHerzmachteeinenSatz.
    Seraphin.
    Vergebens hatte er seinen Bruder in der Welt der Träume gesucht, er erinnerte sich an die Verzweiflung, mit der er die Ruine seines Schlosses durchforstet hatte und den Schrecken, der durch seinen Körper gerast war, als das Gebäude zu blauem Staub zerfallen war. Er fuhr sich über die Augen, doch Seraphin war noch immer da, sein Mantel wehte im Wind, und Grim meinte, das Lächeln sehen zu können, das nun in seiner Stimme widerklang.
    Ich bin da , sagte Seraphin in seinen Gedanken, und als er fortfuhr, sprach Grim die Worte des

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