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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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Liedes mit, das sie einst gemeinsam gesungen hatten, in einem früheren Leben vielleicht – dieses Kinderlied, das immer so viel mehr gewesen war als nur ein Spiel von Wort und Ton. Jenseits der Nacht und des Tages, fern der Wege, die jedermann kennt, gleite ich durch die Schatten. Niemand findet meine Spur, wenn ich es nicht erlaube, niemand kennt meinen Namen, wenn ich ihn nicht verrate, niemand hört meine Stimme, wenn ich sie nicht erhebe. Ich bin ein Wanderer ohne Ziel, ein Jäger und Gejagter, doch ich weiß, was Zwielicht heißt – ich, ein Kind der Dämmerung.
    Kühl strömte die Nachtluft in Grims Lunge, als er die Klaue hob und Seraphins Gruß erwiderte. Er achtete kaum auf die Lichtsäule des Fahrstuhls hinter sich, doch sein Bruder neigte leicht den Kopf, und im nächsten Moment war er verschwunden. Grim nickte kaum merklich. Seraphin ging durch die Schatten wie er selbst. Er musste seinen Weg finden – doch er lag in dieser Welt.
    Er nahm Mias Duft wahr, kaum dass sie auf den Turm heraustrat, und wandte sich zu ihr um. Ein Lächeln glomm auf ihren Lippen, und als der Wind ihr Haar ergriff und es flattern ließ, durchströmte Grim ein Gefühl wie warmer Regen. Sollte einmal der Tag kommen, da sie aufhören würde, ihn so anzusehen – er würde sie an diesen Augenblick erinnern.
    »Wir sind fast so weit«, sagte sie, als er sie an sich zog. »Mourier hat uns einen Haufen merkwürdiger Schachteln mit Kostümen schicken lassen, Remis probt noch immer seinen Samurai-Ninja-Kobold-Kampf und Bocus hat einen der Teppiche in Brand gesetzt. Aber die Torte ist relativ gelungen, und der kleine bunte Drache hält sich wacker ganz oben auf der Spitze. Bisher scheinen Klara und Fibi Carven erfolgreich abzulenken. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob er nicht trotzdem etwas ahnt, aber ich glaube, dass er sich freuen wird. Meinst du nicht?«
    Grim kannte Carven gut genug um zu wissen, dass er garantiert von der Überraschungsparty wusste, die sie zur Feier seiner Genesung gaben, und er ging jede Wette ein, dass es Klara und Fibi nicht gerade leicht fiel, die Ahnungslosen zu spielen. Sie hatten ihn aus der Kirche gelockt und ihn im Turm in ein Kartenspiel mit einem für den Jungen unwiderstehlich hohen Einsatz verwickelt – einem Skateboard, das fliegen konnte.
    »Ganz besonders wird er sich freuen, wenn ich seinen Gewinn vor aller Augen ausprobiere und auf der Nase lande«, erwiderte Grim und seufzte.
    Mia grinste. »Gut möglich, dass Edwin dir da Konkurrenz macht. Er turnt jedenfalls mit Carvens Einrad herum, als gäbe es kein Morgen.«
    »Dem einen oder anderen könnten die letzten Nächte vor dem Beginn ihrer Ausbildung bei Theryon tatsächlich so vorkommen«, sagte er und dachte an die kreisrunden Augen der Hartide, als sie dem Feenkrieger zum ersten Mal begegnet waren.
    »Sie werden es schaffen, oder nicht?«, fragte Mia. »Radvina ist es nicht leicht gefallen, Prag für eine Weile zu verlassen, von Edwin ganz zu schweigen. Sie haben Freunde dort, Familie, und … « Sie hielt inne, doch Grim fing ihren Blick auf und lächelte.
    »Ja«, erwiderte er ruhig. »Das werden sie.«
    Es würde kein leichter Weg für sie werden, doch ohne Zweifel gab es niemanden, der sie dabei besser begleiten konnte als Theryon, und Grim zweifelte nicht daran, dass selbst Jaro bei ihm in den besten Händen war. Er schüttelte den Kopf, als er sich an Jaros Miene bei seinem ersten Besuch in Ghrogonia erinnerte und daran, wie er staunend an Jakobs Lippen gehangen hatte, als dieser ihm von den Drachen erzählt hatte, die diese Stadt einst errichteten. Nach seinem Ausflug in die Hauptstadt der Anderwelt hatte der Junge unentwegt davon gesprochen, sich voller Inbrunst in die Ausbildung stürzen zu wollen, und Grim sah ihn vor sich, wie er mit Jakob über die Suche nach weiteren Hartiden gesprochen hatte, ruhig und gelassen, als wäre er mehr als ein unbedarftes Menschenkind. Er holte tief Atem. Wer konnte schon von sich behaupten, mehr zu sein als das? Mias Blick umfing ihn mit grünem Sturm, und fast vergaß er, wie fern sie sich gefühlt hatten, wie sie gefallen waren, ohne einander erreichen zu können, und wie kalt es gewesen war, als sie ihn angeschaut hatte durch tausend unsichtbare Mauern. Sanft strich er Mia das Haar aus der Stirn, und er erinnerte sich daran, wie sie sich vor den Toren der Prager Burg wiedergesehen hatten.
    »Weißt du, was das heißt«, fragte er leise. »Für immer?«
    Mia schwieg für einen Augenblick, dann

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