Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
Vom Netzwerk:
und er sah den Triumph, der über Verus’ Züge flammte. Mit der Flamme des Prometheus könnte ich ein Gott sein. Ich könnte über die Welt herrschen, ich könnte Leben und Tod bezwingen und die Liebe meines Lebens unsterblich machen. Und vor allem anderen würde ich erlangen, wonach dein Volk sich seit jeher sehnt: Arrmonghur. Ja, mit der Flamme wäre ich frei – so scheint es dir. Denn du hast eines vergessen, eine Kleinigkeit nur. Langsam erhob er sich und kam Verus so nah, dass sich dessen goldenes Haar in seinem Atemzug bewegte. Es würde mir nichts mehr bedeuten , flüsterte Grim und lächelte, als er das Erstaunen in Verus’ Augen glitzern sah. Ich mag ein Kind des Feuers sein, doch ich entscheide, welchen Weg ich gehe. Und ich werde niemals in deine Kälte stürzen – eine Kälte, die kein Feuer der Welt jemals erwärmen kann. Denn in ihr, goldener Schatten, ist man tot!
    Er bemerkte noch den Schrecken auf den Zügen des Dämons, doch ehe dieser etwas hätte tun können, riss Grim die Klaue in die Luft und zog sie ihm quer über die Brust. Die Wunde war tief, halb zerrissen taumelte Verus, und Grim stürzte sich in seine Finsternis, in die Kälte und Leere, die er barg, und noch während der Dämon ihm nachjagte, schickte Grim die Kraft seines eigenen Feuers in seine Venen.
    Umgehend durchdrang ein Schrei die Dunkelheit, so gellend und markerschütternd, dass Grim der Atem stockte. Doch er floh vor der Welle des Schmerzes, jagte durch die Kühle voran, die immer mehr zunahm, und er beschwor den Schimmer in Verus’ Blick herauf, diesen Glanz, der seine Züge so sanft machte und der Grim fühlen ließ, dass mehr in diesem Leib steckte als unersättliche Kälte und Grausamkeit. Erinnerst du dich an das erste Mal, da du das Licht der Sonne ohne Furcht auf deiner Haut gefühlt hast ? Verus Stimme war wie ein Ruf aus den Schatten, und dann, mit einem Schlag, umfloss ihn goldenes Licht und jedes Geräusch verklang.
    Er befand sich in einem Raum aus lang vergangener Zeit. Ägyptische Malereien zierten die Wände, und noch ehe er die Möbel sah, die im Zimmer herumstanden, wusste er, dass er sich am Hof von Sethos II . befand – dort, wo Verus einst als Achai gelebt hatte, als ruhender Dämon, der eine Symbiose mit den Menschen eingegangen war. Ein Bett stand schräg gegenüber des Eingangs, und ein Junge lag darin, ein Kind, das gestorben war. Sonnenstrahlen fielen durch die Fenster und legten sich golden auf seine Haut.
    Langsam trat Grim näher und er erkannte, dass der Junge wie ein jüngeres Abbild von Verus aussah. Er betrachtete das schmale Gesicht und die feingliedrigen, beinahe zarten Hände, und Samhurs Worte gingen ihm durch den Kopf, als dieser von Verus’ Vergangenheit erzählt hatte. Den größten Herrschern verhalf er zu Macht und Reichtum, ohne je eine Gegenleistung dafür zu verlangen, doch eines Tages brach sich sein wahres Wesen Bahn. Er tötete einen Sohn des Pharaos und setzte den halben Hof dabei in Brand. Dann verließ er die Wüste und kehrte niemals an diesen Ort zurück.
    Grim streckte die Klaue nach dem Jungen aus, ohne ihn zu berühren. Er war noch nicht lange tot, Grim konnte die Krankheit noch immer fühlen, die seinen Körper mit kalter Gewalt zerfressen hatte, und er hob den Blick, als Verus den Raum betrat. Grim hatte ihm die Brust zerfetzt, mehrere Wunden klafften in seinem Körper, als wäre gleißendes Licht aus seinem Inneren gebrochen. Er schwankte leicht, und doch schien er keinen Schmerz zu spüren. Er schaute auf den Jungen, als würde er einem inneren Schrecken ins Angesicht sehen und gleichzeitig dem größten Sehnsuchtsbild, das er kannte.
    Du hast ihn von seinen Qualen erlöst , sagte Grim ruhig.
    Verus stand regungslos. Nicht einmal ich wäre zu der Grausamkeit fähig gewesen, mit der diese Krankheit ihn verwüstete , erwiderte er. Er bat mich, ihn zu befreien, und ich tat, was mir möglich war. Es ist zu wenig gewesen.
    Ich hätte nicht erwartet, ein solches Bild in deinem Inneren zu finden , stellte Grim fest. Er wusste, dass er nur die Klaue auszustrecken brauchte, um Verus zu vernichten – ein Fingerzeig bloß, um das goldene Licht in Fetzen zu reißen. Doch der Schimmer in den Augen des Dämons hielt ihn zurück.
    Was hast du dann erwartet, Grim? , fragte Verus mit leichtem Spott. Eine neunköpfige Schlange mit den Geißeln der Welt im Gefolge?
    Er näherte sich dem Kind, doch kaum, dass das goldene Licht seine Hand streifte, verbrannte er sich und fuhr

Weitere Kostenlose Bücher