Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
Vom Netzwerk:
ein Rauschen, als würden unzählige kleine Feuer entfacht, und ihr Blick glitt durch ihn hindurch. Grim sah noch, wie ihr Licht im Nebel versank. Dann wandte er sich um – und hielt den Atem an.
    Schwarzflackernde Ströme aus Flammen flossen aus dem Inneren des Gare du Nord in die Nacht. Wie ein gewaltiger Insektenschwarm teilten sie sich, drangen in die Häuser ein und durchzogen den Nebel der umliegenden Straßen, ehe sie sich mit leichtem Flackern auf der Stirn eines Menschen niederließen. Umgehend entspannten sich deren Gesichter, sie sanken in tiefen Schlaf zurück. Das Feuer verbrannte sie nicht, doch ihre Körper wurden grau und farblos, als würden sie von dem Nebel in ihrem Inneren verschlungen.
    Grim fühlte die Hitze der Flammen auf seiner Haut, als er auf den Gare du Nord zuging. Sie strömten ihm entgegen, als wollten sie ihn daran hindern, den Bahnhof zu betreten, doch er umgab sich mit einem Schutzschild, und sie glitten von ihm ab wie Regentropfen. Es war, als würde er durch einen Tunnel aus Feuer und Finsternis gehen, und er meinte, die knisternden Funken lachen zu hören, hell und klar wie aus weiter Ferne. Dann trat er aus den Flammen.
    ErbefandsichinderHaupthalledesBahnhofs,hinterderenhohenFensternsichdieNachttürmteunddurchdieerunzähligeMaledieMenschenbeobachtethatte.ErhattedenDuftderBahnhöfeimmergeliebt,dasStimmengewirr,dasDröhnenderan-undabfahrendenZüge,undermusstedieKlauenballen,umdieseGedankenzurückzudrängen.AuchhierherrschtedieStille.DieMenschenlagenaufdenBahnsteigen,aufdenTreppen,vordenBistrosundamFahrkartenschalter.SchwarzeFlammenfegteninStrömendahin,dieLaternenflackertenheftig,unddieNebelschwadenstrichenwielauerndeHundeumdiewehrlosenMenschenherum.DochGrimbemerkteeskaum.Alles,waserwahrnahm,wareinegroße,pechschwarzeGestaltaufeinemderZüge – eineGestaltausFeuer.
    Hochaufgerichtet stand sie da, die Füße halb im verbogenen Metall des Daches versunken, die Fäuste erhoben, und schickte die Flammen ihres Leibes in die Nacht. Der muskulöse Oberkörper war der eines Mannes, doch auf seinem Hals saß der mächtige Kopf eines Stieres. Geschwungene Hörner ragten aus seiner Stirn, Rauch drang aus den Nüstern, und seine Augen waren schwarz wie sein gesamter verfluchter Leib. Mit tief geneigtem Kopf starrte er zu Grim herüber.
    Dieser hielt sich nicht damit auf, sich vorzustellen. Mit ausgebreiteten Schwingen raste er auf den Minotaurus zu und riss ihn mit einem Donnerhieb von den Füßen. Krachend schlug der Fremde im hinteren Zugteil ein, das Knirschen von sich verbiegendem Metall erfüllte die Luft. Der Strom der Flammen war versiegt, doch noch ehe Grim ihn erreicht hatte, kam der Minotaurus auf die Beine. Offensichtlich hatte er nicht mit einer Störung gerechnet, und er entlud seinen Zorn in einem Brüllen, das Grim wie ein Fausthieb im Gesicht traf. Im letzten Moment konnte er das Gleichgewicht halten, doch da streckte der Fremde die Fäuste vor. Ein Feuerwirbel fegte über den Zug, sprengte das Pflaster des Bahnsteigs und erfasste die Steine, die lautstark durcheinanderrasten. Grim verstärkte seinen Schutz, doch schon traf ihn der Zauber und erschütterte ihn bis ins Mark. Mit einem Schrei brachte er die Flammen des Wirbels zum Erlöschen, zerrieb die Steine in einer mächtigen Hitzewelle zu Staub und erhob sich in die Luft.
    Der Minotaurus stand regungslos auf dem Bahnsteig und schaute zu ihm herauf. Was bildete der Kerl sich ein, glaubte er etwa, es mit einem lächerlichen Rekruten zu tun zu haben, den er mit ein bisschen Hokuspokus außer Gefecht setzen konnte? Grim setzte seine Fäuste in weißes Feuer, sodass das Glas der Laternen funkensprühend zerbrach, und die höhere Magie schoss wie Glut durch seine Adern. Donnernd schlug er mit einer Flammenpeitsche nach dem Fremden, der verteufelt schnell zur Seite sprang, doch Grim hatte mit dieser Reaktion gerechnet. Sofort warf er ihm einen Sturmzauber vor die Füße und trieb ihn zurück. Gleich darauf wickelte sich seine Peitsche um die Brust des Minotaurus. Mit einem Schrei riss er ihn in die Luft, schickte dreifache Bannzauber in dessen Leib und schleuderte ihn gegen Wände und Säulen des Bahnhofs, dass die Fenster unter der Wucht des Aufpralls erzitterten. Er würde sich nicht zum Narren halten lassen von einem dahergelaufenen Minotaurus, einer Kreatur der Dämmerung, die nicht mal so viel Anstand besaß, ihren Einstand in der Stadt des Lichts anders zu begehen als mit der Misshandlung schwacher Menschen! Er würde ihm

Weitere Kostenlose Bücher