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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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wollte als unbedingt nötig, war Gemma bestimmt schon wieder im Tynedale Lodge. Wo Benny sich aufhielt, konnte er nicht sicher sagen. Jury wusste, dass er sich einen Wagen mit Chauffeur kommen lassen konnte, doch er wollte nachdenken. Ein Auto war momentan aber nicht das geeignete Mittel zum Nachdenken. Also nahm er die U-Bahn bis Charing Cross. Die Leute im Zug sahen sogar noch abgewrackter aus als er selbst: ein unrasierter Mann, er konnte alt oder jung sein, so genau ließ es sich nicht sagen, der Selbstgespräche führte; eine Frau mit einem Hut, auf dessen Krempe ein Vogel hockte und auf und ab wippte; ein Teenager, der so tief in seinem Sitz hinuntergerutscht war, dass er mit der Wirbelsäule fast den Boden berührte.
    Jury musste an Erin Riordin denken. Da sie nicht die Tochter von Ralph Herrick war, wäre das Erscheinen von Simon Crofts Buch für sie (oder Kitty) eigentlich kein richtiger Schock. Für Maisie wiederum schon, denn sie wäre ja die Tochter eines Landesverräters. Ja, es war immer noch ein starkes Motiv für den Mord, da Erin die Absicht hatte, weiterhin als Maisie Tynedale aufzutreten.
    Er verließ die Bahnstation Charing Cross und ging über die Villiers Street bis zum Themseufer. Als er sich der Waterloo Bridge näherte, blieb er stehen und überlegte: Es war ganz schön arrogant von ihm, zu meinen, dieser Junge, der sich seit Jahren mit seinen Freunden unter der Brücke durchschlug, wäre darauf angewiesen, dass er, Jury, sich seiner annahm. Jury war vermutlich mehr um seiner selbst willen als wegen des Jungen hierher gekommen. Er überquerte die regennasse Straße, ging den Bürgersteig entlang und dann die paar Stufen hinunter bis zu der Stelle unter der Brücke, wo die Obdachlosen nächtigten. Momentan hielten sich dort nur zwei Leute auf, eine ältere Frau, die in eine Decke gehüllt war und einen Hut trug, der dem von vorhin in der U-Bahn nicht unähnlich war, sowie ein Mann im langen Mantel. Sie unterhielten sich, hörten aber damit auf, als er auf sie zutrat.
    »Ich suche einen jungen Burschen namens Benny Keegan. Kennen Sie den vielleicht?«
    »Und wer sind Sie?«
    Aus diesen beiden würde Jury bestimmt nichts herausbekommen. Die wussten, dass er ein Bulle war.
    »Bloß ein Freund.«
    Der Mann machte keinen Hehl daraus, dass er ihm das nicht abnahm und prustete los. »Ach, ja klar, und ich bin für den Scheiß-Booker-Preis nominiert.« Er zog ein schmales Buch aus der Tasche und schwenkte es vor Jury hin und her. »Wir kennen keinen Benny. Nie gehört. Stimmt's, Mags?«
    »Stimmt«, sagte Mags.
    »Stimmt«, sagte Jury und ging davon.
    Er hätte wissen sollen, dass Benny heute Nacht nicht hier sein würde; er hätte die Polizei schließlich nicht zu dem Schlafplatz unter der Brücke geführt. Vermutlich war er mit Gemma ins Lodge gegangen; und wenn nicht, gab es ja noch den Moonraker. Miss Penforwarden freute sich immer, wenn Benny sie besuchte.
    Er stieg die Stufen zur Waterloo Bridge wieder hinauf und gin g ein Stück weiter, dann blieb er stehen. Er blickte zur South Bank hinüber und musste wieder an die letzte Szene in dem Film denken, an Robert Taylor - Roy - und dessen verschlagenes leichtes Lächeln. Jury seufzte. Er dachte an Alexandra Tynedale und Erin Riordin, an Gemma Trimm, die wie Alexandra aussah: schwarzes Haar, herzförmiges Gesicht -
    Meine Güte, Mann, genau wie jede x-beliebige dunkelhaarige Frau, die an dir vorbeiläuft. Das ist ja direkt eine Manie. Hör verdammt noch mal auf damit, alles zu romantisieren.
    Weil es noch so früh gewesen war, als er diesen Weihnachtstag angefangen hatte, konnte er kaum glauben, dass es noch nicht einmal Mittag war. Die Sonne hing dumpf am Himmel und warf ein breites Band aus Licht und Dunst über die Parlamentsgebäude. London! London hatte zwar nicht das Flair von Paris oder die verzehrende Energie von New York, war aber trotzdem eine tolle Stadt, dieses London.
55
    »Wenn eine Tynedale die Geburt eines Kindes geheim zu halten wünscht -?« Wiggins' Schulterzucken war der stumme Kommentar zu dem sinnlos anmutenden Unterfangen, dem er und Jury sich hier widmeten. Und dabei musste er in einer Stunde nach Manchester zum Weihnachtsessen bei seiner Schwester und ihrer »Brut«, wie er es nannte.
    »Wir haben es auf ein paar Stunden eingegrenzt, Wiggins. So viele Babys können doch 1939 in der Guy-Fawkes-Nacht gar nicht geboren sein.«
    Jury hatte einen Jahrhundertkalender gefunden, der ihm verriet, um welche Uhrzeit es an jenem

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