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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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zu dem gleichnamigen Café, um sich die Amerikaner anzusehen, die den Weg in diese Straße gefunden hatten, von der sie in jenem alten Kriegslied gehört hatten – Mimi, Mimi auf der Rue de la Paix. Patric mochte die Amerikaner lieber als die anderen Ausländer, denn sie waren viel intelligenter, viel enthusiastischer und – in Patrics Worten –»so blauäugig und naiv«.
    Ned hörte zu, wie sich das Wasser stotternd, zischend und blubbernd einen Weg durch das System der Braun-Kaffeemaschine suchte. »Blauäugig und naiv.« War der Ausdruck zu abgedroschen, sogar für Patric? Nein, er passte zu ihm.
    Paris, vor sechzig Jahren.
    Da war es wieder, nach langer Abwesenheit zurückgekehrt, ein Sack voller Schatten, die Vergangenheit, die wie die Spitzen der Wolkenkratzer Manhattans hell aufleuchtete, Kaskaden aus Licht und Farben, trügerisch, marktschreierisch. Die Vergangenheit – es gab kaum etwas, was sie nicht war oder nicht sein konnte. Sie konnte pfeilgerade auf etwas zuschießen oder aber torkeln wie ein Trunkenbold, konnte tänzeln, sich verstellen, heucheln, verführen: alles, nur um Einlass zu gewinnen. Sie konnte ihn jederzeit finden, denn in seinem Bemühen, nicht an sie zu denken, tat er immer genau das.
    Der Mann auf der anderen Wegseite war verschwunden. Der Himmel glitt von der Dämmerung allmählich in die Dunkelheit hinüber. Die mächtige, bullige Gestalt der Vergangenheit stolperte weiter.
    Nathalie saß allein im Jardin des Plantes.
    Er ließ sie dort zurück und hatte das Gefühl, es geschah auf seine eigene Gefahr.
     

 
5
     
    »Das hat er sich ausbedungen«, sagte Clive. »Und Schluss.« Mehr als Bobby Mackenzie schien er sich selbst überzeugen zu wollen.
    Bobbys Büro spiegelte seine Persönlichkeit eigentlich nicht wider. Die fast urige Behaglichkeit wurde von dem großen, weichen Wandsofa hervorgerufen, den Polstersesseln, ein paar zart kolorierten Zeichnungen von auffliegenden Vögeln, einem sehr guten, sehr abgetretenen Karastan-Teppich und Unmengen von Büchern. Was Verleger in der Hackordnung jedoch von Cheflektoren unterschied, war die Aussicht auf den Central Park, den bloß besagte auffliegende Vögel noch besser sehen konnten.
    Bobby schnaubte verächtlich. »Das ist aber doch Wahnsinn.«
    Clive nickte. Das tat er meistens, wenn er mit Bobby redete. Alle anderen übrigens auch. »Hab ich auch gesagt.«
    Bobbys Augenbrauen hüpften hoch. »Sie haben zu Giverney gesagt, er sei wahnsinnig? Sehr günstig für Ihre weitere Karriere.« Bobby rollte seinen Drehstuhl zur Hausbar hinüber. Er griff nach dem Bourbon und zwei Gläsern und rollte wieder zurück.
    Diesmal schnaubte Clive. »Natürlich nicht in so ausführlichen Worten.« Gott, wenn Bobby doch bloß aufhören würde, alles, was Clive tat, damit in Verbindung zu bringen, ob es seiner »Karriere« zuträglich war oder nicht. Das war wie Erpressung. Aber wieso überraschte ihn das? »Ich habe ihn nur darauf hingewiesen, was passieren würde.«
    Bobby schraubte die Flasche mit der Finesse eines Trickspielers auf (der er in vieler Hinsicht auch war), hob eines der besagten Gläser fragend zu Clive, der nickte, und schenkte ein paar Fingerbreit Bourbon in jedes Glas. Er lehnte sich zurück, rollte das Glas zwischen beiden Händen vor der Brust hin und her, als wollte er ein frostkaltes Herz erwärmen, und sagte: » Natürlich würde Tom gehen. Natürlich würde Ned einen anderen Verlag finden. Folgendes würde passieren: Ned wird an die Luft gesetzt, Tom kündigt, Ned wartet, zu welchem Verlag Tom geht, und folgt ihm. Giverney gewinnt dadurch nichts – wenigstens so viel wir erkennen können. Giverney ist wohl nicht nur wahnsinnig, sondern auch egomanisch – und…« Bobby nahm einen Schluck und zuckte die Achseln. »Ich werd nicht schlau draus.«
    »Wenigstens bekämen wir dann Giverney.«
    »Das ist auch mein festes Ziel, glauben Sie mir. Aber Isaly und Kidd sind nicht das Einzige, was wir verlieren würden. Tom Kidd betreut die vier besten Autoren hier im Haus. Sie wissen, was passieren würde – die würden Tom alle folgen. Tom bekäme seine eigene Programmreihe, verdientermaßen übrigens, egal, wohin er geht, und in der hätte er dann vier von den vielleicht zehn, zwölf echt guten Autoren, die wir oder die sonst irgendjemand hat.«
    Clive seufzte. So weit hatte er noch gar nicht gedacht. Bobby hatte selbstverständlich Recht. Wie üblich. Clive nahm noch einen Schluck von dem samtweichen Bourbon. Ihm fiel ein, dass er zum

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