Grimes, Martha - Mordserfolg
gesehen.«
Arthur zog sich einen Hocker unter der Theke hervor. »Ich bin jetzt in Vegas.«
»Ah, jetzt erzähl kein’ Scheiß«, sagte Candy.
»Wieso? Magst du Vegas nicht?«
»Gibt’s da denn genug Action?«
»Na, das kann man sagen. Kennt ihr doch.«
»Früher, ja«, sagte Karl. »Hatte früher mal jede Menge Saft, Vegas. Dann kamen Leute mit zu viel Geld und ohne Sinn und Verstand, solche Finanzfritzen, und fingen an, diese ›Themen‹-Hotels zu bauen, und ab da ging’s den Bach runter. Und jetzt wimmelt es von Familien. Mann, heute kannst du nicht mehr ordentlich schießen, ohne dass dabei sechs Minderjährige hopsgehen.« Karl bedankte sich bei Arthur für den Nachschub und hob sein Glas, um mit den anderen beiden anzustoßen.
»So schlimm ist es nicht, und man gewöhnt sich dran, dauernd über Kleinkinder zu stolpern. Aber was führt euch beide denn hierher?«
»Arbeit«, meinte Candy einsilbig und zuckte die Achseln.
»Und, hat’s geklappt?«, erkundigte sich Arthur.
»Aber klar, bloß dass das hier ein bescheuertes Scheißkaff ist.« Candy wollte Arthur gerade eine Zusammenfassung der nachmittäglichen Ereignisse zum Besten geben, als Clive an die Bar trat.
Er wurde Arthur Mordred vorgestellt. Clive nickte knapp und fragte die drei: »Können Sie mir vielleicht sagen, was da um alles in der Welt heute Nachmittag passiert ist?« Er deutete mit dem Kopf in die ungefähre Richtung. »Ich meine, da draußen?«
Candy presste die Hand gegen die Brust, und seine Augenbrauen schossen bis zum Haaransatz hoch. »Das fragen Sie uns ? Uns ? Und was ist mit Ihnen ? Hat mir ganz danach ausgesehen, wie wenn Sie die Kanone auf mich gerichtet hätten.«
Karl sagte: »Er hätte es gar nicht sein können, C. Der Schuss kam nicht aus seiner Richtung.«
»Welcher Schuss?«
Candy beugte sich zu Clive und tippte mit dem Finger auf das Heftpflaster. » Der Schuss.«
»Das ist doch ein Kratzer.«
»Okay, dann hat mich eben eine Kugel gekratzt. Was haben Sie denn mit einem Schießeisen angestellt, Clive-O?«
»Ich trage schon immer eine Waffe. Schließlich lebe ich in New York, da ist man praktisch dazu gezwungen.« Clive krallte sich das Schälchen mit den Nüssen und suchte die Cashews heraus, die er sich nacheinander in den Mund schob.
»In einem Buch? Schießen Sie das Buch auch immer mit kaputt?«
Clive fand noch zwei Cashewnüsse und behielt sie in der Hand. Er dachte nach. Dann sagte er: »Ich hab’s bloß gemacht wie Robert De Niro. In dem Film mit Eddie Murphy, wo De Niro einen Bullen spielt. In der einen Szene besorgt er sich in einem Imbissladen einen Riesenpappbecher mit Soda und geht damit in die Wohnung von dem Rauschgiftdealer. Bloß dass er in Wirklichkeit eine Knarre durch den Becherboden geschoben hat. Er trinkt durch den Strohhalm; der Strohhalm dient wahrscheinlich dazu, dass das Ganze echter aussieht.«
»Was reden Sie bloß für ’n Scheiß, Clive«, sagte Candy.
Arthur schnappte sich eine Erdnuss aus dem Schälchen. »Ihr scheint ja alle ein sehr interessantes Leben zu führen.« Er verzehrte die Erdnuss und fragte Clive: »In welchem Bereich sind Sie denn tätig?«
»Ich bin Lektor. Leitender Verlagslektor bei Mackenzie-Haack. Falls Sie gerade ein Buch schreiben, behalten Sie es bitte für sich.«
Arthurs Lachen klang nach einem herzhaften Triller. »In der Hinsicht machen Sie sich mal keine Sorgen.«
Clive sah ihn erstaunt an. »Wieso nicht? Schreiben tut doch jeder.«
»Muss faszinierend sein, so mit allen möglichen Autoren zu arbeiten.«
»Allen möglichen, kann man sagen. Allen möglichen und unmöglichen . Hier kommt einer von den unmöglichen, haben wir ein Glück!«
Dwight Staines entbot ihnen ein herzhaftes Hallo und drängelte sich zwischen Clive und Karl. »Die Signierstunde war super«, sagte er, »wie üblich, hä?« Dabei knuffte er Clive an der Schulter. »Eine Schlange bis auf die Straße raus.«
Clive knuffte ihn zurück, so heftig er konnte, und Dwight fiel fast um.
In der Hotelhalle sah Ned kurz zu der attraktiven Blondine mit der dicken schwarzen Plastikbrille à la Buddy Holly hinüber und überlegte, wieso sie ihm bekannt vorkam. Ach, genau: Er hatte sie heute früh im Schenley Park gesehen. Oder war sie heute Nachmittag auf der Straße dabei gewesen, als Teil jener merkwürdigen Szene, die sich gerade in dem Moment aufgelöst hatte, als Ned sich umgedreht hatte nach etwas, was sich nach einer Art Schießerei anhörte oder was er zunächst für
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