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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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sie Clive mit leerer Tasse wie einen Penner zwischen den Kabüffchen hin und her streifen. Er wirkte leicht weggetreten. Ein paar Leute riefen ihm hinterher, erhoben sich und schauten über ihre Trennwände, riefen ihm Glückwünsche zu oder wollten ihn vielleicht auch veräppeln.
    Sally hoffte, er würde an ihr vorübergehen (doch da kam er schon), denn sie hatte so viel um die Ohren, dass sie sich nicht auch noch mit Clive abgeben wollte.
    Er ging aber natürlich nicht vorbei, sondern blieb neben ihrem Schreibtisch stehen, steckte sich eine Zigarre an (Bobbys kubanische) und ließ sich auf den Stuhl fallen. »Sally!«
    »Was ist? Haben Sie Paul Giverney endlich unter Vertrag genommen?«
    Darauf warteten doch schließlich alle.
    »Ja, hab ich.«
    »Das ist ja toll, Clive! Ich freu mich wirklich für Sie.« Sie staunte selbst. Doch er sah so glücklich aus, dass es ihr schwer fiel, ihre gewohnte Abneigung gegen ihn zu verspüren. Und dann dachte sie, er hatte sich in den paar Wochen ganz schön verändert. Seit Pittsburgh hatte er sich wirklich verändert. War das ein seltsames Intermezzo gewesen!
    Mit hohlen Wangen sog er an seiner Zigarre, drehte sie im Mund, stieß den Rauch aus und sagte: »Das is aber noch nich alles, Sal –«
    Is nich? Sal ?
    »– Bobby nimmt Urlaub. Ein halbes Jahr, vielleicht noch länger. Ich springe für ihn ein.«
    Was ging hier vor sich? »Clive –?«
    »Na, dann mal los!« Tom hatte wohl gemerkt, dass hier etwas Besonderes vorging, denn er stand plötzlich wieder in der Tür. Doch er sagte es in kumpelhaftem, scherzendem Ton.
    Wieder wunderte sich Sally über ihre Reaktion auf Clives Eröffnung. Als hätte ein schweres Gewicht auf ihr gelastet, das nun weggenommen war. Wenn Bobby tatsächlich verreiste, wenn der Vertrag unterzeichnet wurde, dann hätte er keinen Grund mehr, Ned den Laufpass zu geben.
    Clive ging, und Tom zog sich in sein Büro zurück, überließ Sally ihren Gedanken über Paul Giverney. Was war das eigentlich für einer? Wie war er wirklich? Nach allem, was sie so gehört hatte, war er herrisch, arrogant und selbstgerecht, ein Autor, der für ein Buch mehrere Millionen verlangte. Als er an ihrem Schreibtisch vorbeigekommen war, war er aber eigentlich ganz freundlich gewesen.
    Während Sallys Gedanken träumerisch bei Giverney verharrten, kam Tom zum dritten Mal an die Tür, diesmal mit Sauls Manuskript in der Hand. »Ich bin total im siebten Himmel! Machen Sie davon eine Kopie, weichen Sie aber nicht vom Kopierer, bis es fertig ist. Und verraten Sie keinem, was es ist. Aber zuerst verbinden Sie mich mit Jimmy McKinney.«
    Natürlich hatte sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. Das Getöse um Sauls Buch wurde nur von dem Aufruhr über Paul Giverney übertroffen. Nur einen von diesen Autoren gelandet zu haben, war schon ein Meisterstreich, und beide zu bekommen geradezu ein Wunder. Die Parade über die Fifth Avenue konnte sich in Bewegung setzen, mit Luftschlangen und Konfetti und allem Drum und Dran. Sämtliche anderen Verlage konnten ihre Bücher getrost einstecken: Der Krieg war vorbei.
    Obwohl Mackenzie-Haack Saul ja eigentlich noch gar nicht unter Vertrag genommen hatte, würde man es demnächst tun. Er hatte keinen Verlag, nicht einmal einen Agenten – was vielleicht der Grund für den Anruf bei Jimmy McKinney gewesen war, den Tom vermutlich empfehlen wollte.
    Dass sie sowohl Ned als auch Saul unter einem Dach vereint hatten und Tom Kidd als deren Lektor, machte Sally so glücklich, wie sie im ganzen letzten Jahr nicht gewesen war. Sie wandte sich wieder dem Buch über Pittsburgh zu und musste bei jeder Zeile grinsen. In dieser Stimmung glitt ihr Blick flüchtig über den Text hinweg.
    Und so hätte sie es fast übersehen, wäre dort nicht eine Isaly’s-Eisdiele abgebildet gewesen, eine Aufnahme aus den vierziger Jahren. Mehrere Angestellte standen davor, blinzelten lächelnd in die Sonne und hielten den allseits so beliebten Eiskremformer in die Höhe – Ned hatte so einen im Regal stehen, neben einer Aufnahme von sich selbst und drei anderen Mitarbeitern.
    Nicht die Bildunterschrift, sondern etwas an dem Foto ließ sie plötzlich den Atem anhalten.
    Oh nein , dachte sie. Oje, oje.
    Die Unterschrift lautete: » Vor einer von Pittsburghs berühmten Eisdielen .«
    Einer der Abgebildeten, ein breit lächelnder Teenager, hielt ein kleines Schild in der Hand, auf dem der Name Isaly gedruckt stand – und nicht nur der Name.
    »Isaly« war überhaupt kein

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