Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes

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mich nicht verantwortlich machen. Himmel noch mal, jeder zweite New Yorker wird auf der Straße ausgeraubt.«
    »Wirklich? Dann hoffen Sie, dass er bloß den anderen fünfzig Prozent begegnet.«
    Candy meinte: »Und Paul Giverney, was ist mit dem?«
    »Ah, richtig. Paul Giverney, der Autor, den Sie unter Vertrag nehmen wollen. Wir wollen bloß wissen, ob man uns auf seine Anregung hin engagiert hat? War das mit dem Mord seine Idee?«
    Keiner sagte etwas. Der Begriff »Mord« baumelte langsam wie an einer Schlinge in der Luft.
    »Ja«, sagte Bobby. Sein Blick wanderte durch den Raum, bis er an Clive hängen blieb. »Ja, es war Giverneys Idee. Und Clives.«
    »Waa-?«
    »Schließlich hat Giverney mit Ihnen geredet, nicht mit mir.« Bobby richtete die Bemerkung an Clive hinter ihm, ohne den auch nur eines Blicks zu würdigen.
    »Es war also Clives Idee?«
    »Ja.«
    »Also, nein«, entschied Candy.
    In einer Anwandlung von Verwegenheit stand Bobby auf, wurde von zwei Schusswaffen jedoch schnell auf seinen Stuhl zurückgewunken.
    Karl sagte: »Wir kennen doch unseren alten Clive. In unserer Branche, da lernt man Menschenkenntnis. Clive hätte sich so was nie ausdenken können.«
    »Sie aber schon, Sie kleiner Dreckskerl«, versetzte Candy.
    »Hat Giverney also einen Vertrag unterschrieben?«
    »Nein.«
    »Ja«, sagten Bobby und Clive gleichzeitig.
    »Was?« Bobby starrte Clive fassungslos an. »Aber wann denn um alles in der Welt? Und da sagen Sie mir nichts?«
    »Darum bin ich ja gekommen, um es Ihnen zu sagen. Wir wurden aber – abgelenkt.«
    »Dann können Sie ja jetzt in Frieden sterben«, sagte Candy. »Bloß so eine Redewendung, Bobby.« Er kicherte.
    »Nur eins noch«, sagte Karl. Er zog einen weiteren Umschlag aus der Tasche und schmiss ihn auf den Schreibtisch.
    »Was ist das?«, fragte Bobby.
    »Ein Ticket.«
    »Verdammt noch mal, wovon reden Sie überhaupt?«
    »Nach Australien. Wollten Sie nicht schon immer mal Australien sehen? Melbourne? Das Outback? Das Opernhaus in Sydney? Kängurus? Wir schicken Sie hin.«
    »Ich kann doch nicht –«
    »Ach, Bobby, das sagen Sie andauernd. Klar können Sie. Bloß eine Weile, ein halbes Jahr vielleicht. Sie kommen rechtzeitig zurück, um das Marketing für Neds Buch zu übernehmen. Um alle Ihre Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass weder Kosten noch Mühen gescheut werden. Inzwischen kann ja der alte Clive hier den Laden schmeißen.«
    Bobby warf Clive einen vernichtenden Blick zu.
    »Wissen Sie was?«, meinte Candy, »es hätte noch viel schlimmer kommen können.«
    Bobby verlagerte seinen vernichtenden Blick von Clive auf Karl. »Wie?«
    »Wir hätten ein Buch schreiben können.«
    Schallendes Gelächter von Candy und Karl.

42

    Sally saß an ihrem Schreibtisch und las in dem Buch über Pittsburgh, das sie sich von dort mitgebracht hatte. Der Zweck war, redete sie sich ein, mit Ned ein Gespräch über die Stadt führen zu können. Das vor ihr liegende Buch war reich illustriert und mit alten Zeitungsfotos versehen.
    Aber interessierte er sich überhaupt für die Geschichte der Stadt? Oder interessierte er sich nur für ihre symbolische Geschichte? Er wusste nichts von all den Siegen und Niederlagen der Pirates oder wie der Mannschaftstrainer hieß oder wie viele Zuschauer Forbes Field bevölkert hatten. Er machte sich lieber Gedanken über das Hochgefühl, das die Zuschauer verspürt haben mussten, als Roberto Clemente den Ball aus dem Feld geschossen hatte, oder darüber, wie die Wolken sich zu einer grauen Masse zusammengezogen hatten…
    Vielleicht ist das nicht die Geschichte, die mich anzieht. Das hatte er doch einmal vor langer Zeit gesagt, bei einem Streitgespräch mit Jamie. Vielleicht ist das nicht die echte Geschichte.
    Tom Kidd stand plötzlich in der Tür zu seinem Büro. Er hatte sich vierundzwanzig Stunden lang hinter seinen Bücherstapeln verbarrikadiert oder eingeschlossen. Bestimmt war er gar nicht nach Hause gegangen und hatte vermutlich nichts gegessen seit dem Streuselkuchen, den Amy mitgebracht hatte. Von Bobby gestiftet. Einen ganzen Tag und eine Nacht und noch einen Teil des darauf folgenden Tages hatte Tom sich Sauls Manuskript durchgelesen. Er hatte schon einen richtig stieren Blick.
    »Tom?«
    Er wandte ihr seine leeren Augen zu, als wollte er sagen: Kennen wir uns?
    Und ging wieder in sein Zimmer.
    Als sie in das geschäftige Großraumbüro hinaussah – es war nicht so schlimm wie in einer Zeitungsredaktion, aber kaum besser –, sah