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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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    »Um zu entscheiden, ob ich mich ein halbes oder ein ganzes Jahr auf so etwas einlassen will. Das habe ich doch schon gesagt: Ich will eine Auszeit nehmen, um zu schreiben.«
    Sie gab ihre Schlaffe-Hand-Pose auf und verschränkte die Arme unter dem Busen. Im weißen Kaschmir sah sie heute Abend besonders schön aus. Mit diesem roten Haar.
    Der Anblick ihrer Schönheit versetzte ihm einen Stich, als hätte er sie dadurch betrogen, dass er etwas tun wollte, was ihr missfiel. Er ging durch den scheinbar endlosen Raum auf sie zu, schlang die Arme um sie, streichelte ihr Haar, küsste sie auf die Wange. »Lily, du warst doch mal –«
    Mein Mädchen . Doch sie riss sich los, bevor er es sagen konnte, denn sie wollte gar nicht hören, was sie einmal gewesen war. »Du überfällst mich hier mit allen möglichen Sachen und wunderst dich, dass ich überrascht reagiere?«
    »Schon, aber du bist ja nicht nur überrascht, du bist voller Ablehnung –« So kamen sie nicht weiter. »Entschuldige, aber mein Entschluss steht fest.«
    Sie wirbelte herum und stampfte aus der Küche.
    (Hassen kann ich dich nicht, denn damals liebt ich dich.
    Der Wald war golden damals. Eine Landstraße…)
    Jimmy seufzte und ging in das Zimmer hinüber, das er sein Büro nannte.
     

 
25
     
    Die Chelsea Piers. Wieder die Stimmung mit Filmnebel, Filmnebelhorn. Gleich würde Danny Zito – Autor, Künstler, Bonvivant – wie ein Filmgangster lässig daraus hervortreten.
    Das alles stellte Clive sich vor, während er in der nassen, durchdringenden Kälte wartete: der Pate, Don-wie-hieß-er-gleich – Corleone? – ein Name wie eine Pastasorte. John Gotti, der mächtige New Yorker Mafiaboss, war echt. Aber war es denn wirklich so? Er fragte sich, was einer eigentlich genau zu tun hatte, um Mafiosostatus zu erlangen. Gab es für verschiedene Dinge Punkte? So und so viele für eine in den Kofferraum gestopfte Leiche? Für eine in der Wüste außerhalb von Vegas verscharrte? Eine Schießerei in einem Spaghettirestaurant? (Extrapunkte für das Four Seasons oder Le Cirque?) Für den Schutz Unschuldiger? Für den unvermeidbaren Tod Unschuldiger? Schüsse aus dem vorbeifahrenden Wagen rangierten vermutlich ganz weit unten – hatten nichts mit Schneid, mit Stil zu tun. Oder hatte die Mitgliedschaft bei der Mafia mehr mit Langlebigkeit zu tun? War Loyalität ein wichtiger Aspekt? Würde er die Antworten auf all diese Fragen erfahren, wenn Danny ihm die nächsten hundert Seiten von Opus Nummer zwei überreichte? Wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich war es eher eine Abhandlung über ephemere Kunst.
    Clive blickte hinaus über den Hudson, sah den Dunst, der wie ein Flussgespenst auf der Oberfläche lag, geisterhaft übers Wasser huschte. Als er jung war, hätte er auf einem Frachtschiff anheuern sollen. Konnte er doch immer noch… Ach, was soll die Träumerei! Nichts macht einen schneller fertig, als wenn man ins Schwärmen gerät. Das Problem bei diesen schwärmerischen Vorstellungen ist, dass man im Kopf immer gleich beim Wunschziel ist – beim schwarzen Sand und beim türkisblauen Wasser, an dessen Saum man entlangläuft, beim Exotischen und Schönen. Im Geist überspringt man einfach den alltäglichen Kleinkram, den es braucht, um zum angenehmen Teil zu gelangen. Man kauft sich das Schloss in Schottland, und schon sieht man sich im Geist durch die prunkvollen Gemächer wandeln, die prächtigen Tapisserien und Sofas befühlen, spart das mühsame Aufstellen der Sofas und Aufhängen der Gardinen dabei aber geflissentlich aus, die scheußliche Kälte des mickrigen Kaminfeuers, die scheppernden Rohre und entsetzlich alten Bäder, den hakennasigen Gärtner und die zahlreich benötigten Bediensteten. Mit anderen Worten, an der alltäglichen Plackerei ändert sich nichts, hinzu kommt bloß die quälende Erkenntnis, dass man nun auch noch friert wie einst Captain Scott in der Antarktis.
    Und ihr, die ihr euch aufmacht in die entlegenen Waldhütten von Minnesota und Saskatchewan, um jene fein geschliffenen Memoiren zu verfassen – werdet ihr denn die endlos aufeinander folgenden Tage und Wochen aufschreiben, bis ihr vor lauter Langeweile darüber zusammenbrecht?
    »He, Mister Lektor!«
    Clive fuhr zusammen.
    »Mann, Sie schweben ja in höheren Sphären. Was für ein Teufelszeug rauchen Sie da?«
    »Hallo, Danny. Marlboro Lights. Ich hab wieder angefangen.« Clive ließ die Zigarette fallen und trat sie mit dem Absatz aus,

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