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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Sie duckte sich reflexartig weg, und Clive sah, wie ihre Arme hochflogen und sie blitzschnell die Hände ausstreckte wie ein Actionheld in einem John-Woo-Film, und einen aufregenden Augenblick lang (fast so aufregend wie sein verhinderter ehrlicher Kommentar vorhin) glaubte er, Blaze Pascal würde Dwight Staines auf die Straße zurückschleudern. Was sie natürlich nicht tat. Zweifellos reagierte sie automatisch immer so, wenn Gefahr drohte. Und jetzt redete Dwight dort drüben auf sie ein, bestimmt entschuldigte er sich und sagte, er sei einer der bekanntesten Schriftsteller weltweit und sie solle doch zu seiner Signierstunde kommen. Es durfte nicht wahr sein!
    Er sauste davon.
    Ein Bus fuhr vorbei und hielt ein paar Straßenecken weiter an. Er sah Candy und Karl einsteigen. Clive winkte ein Taxi herbei. Der Fahrer sah aus, als würde er an der nächsten Kreuzung gleich einschlafen und schien nicht sehr erpicht auf eine Verfolgungsfahrt, fuhr aber los und folgte dem Bus.
    Ned stand im Schenley Park und sah einem Grüppchen von Jungen beim Kickball zu. Heute hieß es ja Fußball, aber damals hatte man Kickball gesagt. Er hatte es sicher auch gespielt. Wieder musste er an den strengen Winter von damals denken, an den schiefergrauen Himmel, undurchsichtig und undurchdringlich, an die Wasserpfützen mit der dünnen Eisschicht, an die mit Frost überzogenen Scheiben, den Raureif auf den Fensterbrettern… welcher Winter war es? War es überhaupt hier gewesen?
    Sie saßen auf einer Bank unter einer riesigen Eiche.
    Candy beschwerte sich. »Mann, dass einer so viel rumstehen und glotzen kann!«
    »Meine Rede, C. Was gibt’s da überhaupt zu sehen?« Karls Blick suchte den Park ab, verweilte kurz bei dem Fußball spielenden Grüppchen von Jungen und einem kleinen Mädchen, das ganz allein am Fuß eines Baumes hockte, mit einem Stöckchen in der Erde grub und die aufgehäufte Erde dann in einen blassgelben Eimer schüttete. »Das sollte sie aber nicht dürfen.«
    »Was?« Als Karl hindeutete, meinte Candy: »Ach, die Kleine?« Er zuckte gleichgültig die Achseln. »Die gehört wahrscheinlich zu den anderen Kindern.«
    »Ach, ja? Und wer von denen passt auf sie auf?«
    »Sei doch nicht so verdammt paranoid.«
    »Paranoid? Wir sind die Typen, vor denen sie geschützt werden muss.«
    »Hey! Jetzt hör aber auf, Mann«, erwiderte Candy. »Mit so was haben wir doch nichts am Hut.«
    »Weißt du noch, wie uns dieser Dreckskerl Robanoff angeheuert hat?«
    »Ach, der Kinderschänder? Na, hör mal, das Gör haben wir aber nicht abgemurkst! Können wir was dafür, wenn immer mehr degenerierte Typen rumlaufen? Wir gucken ganz genau drauf, wen wir abmurksen und wen nicht. Wären wir sonst etwa hier? Wir sind doch da verdammt pingelig, Mann. Ich kenne keinen in der Branche, der es genauer nimmt als wir. Sogar seine Anzahlung haben wir ihm zurückgegeben, stimmt’s? Kurz bevor wir ihn kaltgemacht haben, das Arschloch.«
    »Ja, du hast Recht.« Karl seufzte sehnsuchtsvoll bei der Erinnerung und holte eine Zigarre hervor.
    Candy steckte sich zwei Kaugmmis in den Mund. Eine Weile saßen sie schweigend da und sahen den Jungen beim Kickball zu.
    Karl sagte: »Hast du als Kind eigentlich Kickball gespielt?«
    »Ich? Klar. Heute sagen sie Fußball dazu.«
    »Er wahrscheinlich auch.« Karl nickte zu Ned hinüber.
    Sie rauchten und kauten vor sich hin.
    Wieso war er bloß so halsstarrig?, fragte sich Sally und versuchte sich vermutlich einzureden, sie würde ihn kennen. Nachdem sie ihn den ganzen Nachmittag beobachtet hatte, beschlich sie das Gefühl, dass sie ihn vielleicht doch nicht kannte.
    Es überraschte sie nicht, dass Clive ebenfalls hier war. Was aber nicht ausschloss, dass es sie beunruhigte. Bestimmt spionierte er Ned hinterher, aber weshalb? Um zu verhindern, dass der sich auf einem Frachter nach Europa absetzte? Sicher beobachtete er ihn im Auftrag von Bobby Mackenzie, als Teil eines Plans, den sie in Gang gesetzt hatten und bei dem es um mehr ging als nur um die Auflösung von Neds Vertrag mit Mackenzie-Haack.
    Die Frau mit den roten Haaren: Dort stand sie an einen Baum gelehnt und rauchte. War sie etwa auch von Bobby geschickt worden? Gehörte sie zu dem Überwachungsteam? Sally wäre gern zu ihr hinüber gegangen und hätte sie gefragt, was sie da eigentlich tat. Stattdessen holte sie ein Sandwich aus ihrer Handtasche, das sie an einem Imbissstand in der Nähe des Stadions gekauft hatte. Es war mit Käse belegt und ziemlich

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